Donnerstag, 29. November 2018

Der Einzelgänger

























Regie: Michael Mann

Der fatale Kontrakt des Diebs...

In vielen Filmen von Michael Mann kann man den Einfluß des Film Noir und auch des französischen 60er Jahre Krimis ala Melville erkennen. Sein Erstling "Der Einzelgänger", einem Film über Liebe, Habgier, Verrat und Rache beweist dies eindrücklich. Es ist für mich noch vor "Collateral" und "Heat" Michael Manns bester Film überhaupt. Kameramann Donald Eugene Thorin steuerte die klasse unterkühlten Großstadtbilder dazu, auch der Soundtrack von Tangerine Dream passt perfekt und drückt der Atmosphäre der Geschichte auch ihren Stempel auf. Damals musste die deutsche Elektroband hinnehmen, dass dieser Soundtrack für die Goldene Himbeere nominiert wurde.
Bei der Vergabe der Academy Awards blieb "Thief" - so der Originaltitel - unberücksichtigt. Aus heutiger Sicht völlig unverständlich, denn Michael Manns Film ist ein Meisterwerk, dass erst in den letzten Jahren an Ansehen gewinnen konnte. Immerhin erkannte der berühmte Filmkritiker Roger Ebert bereits beim Kinostar die Klasse dieses düsteren Großstadtkrimis, der in allen Punkten völlig authentisch und extrem atmosphärisch wirkt.
Es ist die Geschichte von Frank (James Caan), der einige Jahre im Knast verbrachte. Inzwischen arbeitet er mit seinem besten Kumpel Barry (James Belushi) als Autoverkäufer. Doch er führt ein Doppelleben, jenseits der bürgerlichen Welt als Juwelendieb. Und in diesem Metier ist er ein echter Profi. Gelernt hat er alles von Okla (Willie Nelson), seinem väterlichen Freund, der immer noch eine Haft verbüßt. Frank ist ausserdem Geschäftsführer einer Bar, doch den luxuriösen Lebensstil finanziert er mit seinen Einbrüchen, die er minutiös plant. Mit von der Partie ist auch Freund Barry. Was fehlt ist die Frau an seiner Seite. Die hofft er mit der Kellnerin Jessie (Tuesday Weld) gefunden zu haben. Er besucht Okla im Knast und dieser rät ihm der Frau gleich von Anfang an die Wahrheit über sein Doppelleben zu sagen. Okla ist inzwischen schwer krank und hat nur noch wenige Monate zu leben. Er bittet seinen Freund darum ihn nicht im Gefängnis sterben zu lassen. Beim ersten Date schenkt er Jessie reinen Wein ein, die ist so gerührt, dass sie sich ein Leben mit dem ehrlichen Gangster vorstellen kann. Der plant nur noch einen großen Coup zu machen. Er soll im Auftrag des Gangsterbosses Leo (Robert Prosky) in ein Hochhaus einbrechen und dort einen Tresor knacken, den man eigentlich nicht knacken kann. Gemeinsam mit Barry beginnt er mit den Vorbereitungen. Felsenfest davon überzeugt, dass er sich danach zur Ruhe setzt. Mit dem versprochenen Anteil scheint dies auch möglich zu sein. Doch da Leo von der Polizei beschattet wird, machen die Frank das leben schwer. Sie sind sich sicher, dass der bald ein Ding drehen wird. Doch Frank spielt den Coolen und hält auch nach einer kleiner Folterung auf dem Revier dicht. Der Coup gelingt und alles könnte jetzt gut werden. Leider muss er feststellen, dass der alte Leo ein ganz mieser Sack ist, der ihm nur einen viel kleineren Anteil an der Beute gibt. Leo hat vor so einen Topprofi wie Frank nicht gehen zu lassen, er soll weiter für ihn tätig sein und hat den Rest des ausgemachten Anteils in lukrative Immobiliengeschäfte gesteckt. So bindet der Boss wie eine Familie seine Männer an ihn. Der Einzelgänger Frank sieht diesen Zwang als Sklaverei und bedroht Leo. Damit ist die Jagd auf ihn eröffnet...





Der Film begeistert nicht nur durch die klasse Darstellerleistungen. James Caan in einer seiner besten Rollen. Und Robert Prosky hätte auch eine Oscarnominierung als bester Nebendarsteller verdient. Ausserdem gibts eine ganze Reihe von großartigen Szenen. Vor allem das Gespräch des erstes Dates zwischen Frank und Jessie ist extrem eindringlich und intensiv. Genauso intensiv auch Franks konsequente, aber extrem brutale Haltung am Ende. Da er sich ausschließlich auf die Rache konzentriert und höchstwahrscheinlich das Leben verlieren wird, zieht er einen Schlußstrich unter die Beziehung mit Jessie, die bis zu diesem Zeitpunkt sein größtes Glück war. Hier beweist auch Tuesday Weld ihre Klasse. Es ist vor allem auch die Einbruchsszene, die sehr stark an den Einfluß von Jean Pierre Melville erinnert. Der hatte in vielen seiner Meisterwerke - Vier im roten Kreis, Der zweite Atem oder Der Chef - Wert darauf gelegt, die Tätigkeit des Gangsters minutiös einzufangen. "Thief" ist ein völlig unaufgeregter Film, der sich Zeit nimmt die Geschichte und die 'Figuren zu entwickeln.
James Caans Figur Frank steht in bester Tradition mit anderen Einzelgängern, die ihre Problem auf eigene Faust regeln und dabei auch den eigenen Tod billigend in Kauf nehmen. Daher steht Frank in enger Verwandtschaft mit Clint Eastwoods Dirty Harry, Charles Bronsons Paul Kersey, Steve McQueens "Bullit" oder Alain Delons Jeff Costello.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Sonntag, 18. November 2018

Der große Cloup - Charly Varrick















Regie: Don Siegel

Jäger und Gejagte in New Mexiko...

"Charly Varrick" wurde 1973 von Don Siegel gedreht und hat auffällig viele Ähnlichkeiten mit dem Coen Meisterwerk "No Country for old men" - in ähnlicher Umgebung treibt ein von der Mafia engagierter Auftragskiller sein Unwesen, er jagt dabei Gauner, die einen großen Coup landen wollen. In "No Country for old men" bekam Javier Bardem für seine Rolle als Killer mit dem Bolzenschußgerät und der schallgedämpften Selbstladeflinte den Oscar als bester Nebendarsteller. In "Charly Varrick" spielt Joe Don Baker diesen Verfolger.
Der Film entstand in einer sehr guten Schaffensphase des Filmemachers, der sich mit Genremeisterwerken wie "Terror in Block 11" oder "Die Dämonischen" bereits in den 50er Jahren einen Namen machen konnte und ab 1968 innert von 5 Jahren weitere Klassiker schuf. Der bekannteste ist sicherlich der unsterbliche "Dirty Harry" - aber auch "Nur 72 Stunden", ""Coogans großer Bluff", Betrogen" und vor allem dieser "Charly Varrick" müssen sich hinter seinen bekanntesten Filmen nicht verstecken.
Der Thriller über einen geglückten wie missglückten Banküberfall erinnert auch an "The Getaway" von Sam Peckinpah. Vom Stil her und auch von der Story - beides Filme über Bankräuber und deren Flucht.
Bereits das Intro lässt auf einen Topfilm schließen - dort hält der Cinematograph Michael Butler mit seiner Kamera schöne Morgenimpressionen fest. Er filmt das Erwachen einer Kleinstadt und der Zuschauer sieht einen Jungen, der vergeblich einen Stier satteln will - es ist Charles Matthau, der Sohn des genialen Hauptdarstellers Walter Matthaus. Das kleine Mädchen, dass von einem Rasensprenger nass gemacht wird ist Kit. Don Siegels adoptierte Tochter.
Die Geschichte nach dem Roman "The Looters" von John Reese beginnt mit dem Ablauf eines Bankraubs in der ländlichen Gemeinde Tres Cruces in New Mexiko. Drahtzieher der Aktion ist der gerissene als Schädlingsbekämpfer getarnte Erzgauner Charley Varrick (Walter Matthau), der mal Stuntpilot war. Seine Frau Nadine (Jacqueline Scott) wartet im Wagen, während in der Bank bereits Charleys zwei Komplizten Al Dutcher und der junge Harman Sullivan (Andrew Robinson) auf ihn warten. Dann muss alles schnell gehen. Denn der vorbeifahrende Polizeiwagen könnte wiederkommen. Nadine ist bereit zu schießen. Auch die Gangster im Bankraum sind zu allem entschlossen. Tatsächlich gehts nur mit Gewalt. Al Dutscher stirbt vor Ort, Nadine ist verletzt und kann in letzter Sekunde mit ihrem Mann und Harman entkommen. Doch sie ist schwer verletzt und stirbt kurze Zeit später auf der Flucht. Obwohl der Filialleiter Harold Young (Woodrof Parfey) erklärt, dass nur 20.000 Dollar gestohlen wurde, sind Varrick und sein junger Partner erstaunt, denn sie haben einen Geldbetrag von 765.118 Dollar erbeutet. Das kann nur Mafiageld sein. Nicht nur die Bankräuber geraten deshalb in die Schußlinie der Mafia, denen das Geld gehört. Auch der angesehene Geschäftsmann Maynard Boyle (John Vernon) wird vom Syndikat verdächtigt, dass er das Geld unterschlagen hat. Denn ausser ihm und dem Filialleiter wusste keiner etwas davon, dass in dieser kleinen Bankfiliale soviel Geld lagerte. Daher kommt der Killer Molly (Joe Don Baker) ins Spiel, der sehr schnell Ergebnisse liefern kann. Eine Fotografin (Sheree North) führt ihn zum Wohnwagen der Verfolgten. Doch Charly Varrick bereitet sich ebenfalls darauf vor, dass die Mafia oder deren Killer bald vor der Tür stehen. Er nimmt Kontakt zu Sybil Fort (Felicia Farr), der Sekretärin von Boyle auf...



Es ist tatsächlich eine Freunde der Geschichte aufmerksam zu folgen. Am Ende ist klasse Action angesagt, doch es sind vor allem die großartigen Darstellerleistungen die den Film zu einem kleinen Meisterwerk machen und ihn auch in die Nähe von Coen Filmen wie "Blood Simple" oder auch an Arbeiten von Tarantino und Peckinpah erinnern lässt. Nicht umsonst erhielt Walter Matthau im Jahr 1974 den BAFTA Award als bester Darsteller des Jahres und die Warnung von Boyle an den Bank-Filialleiter, er würde nackt ausgezogen und mit Drahtzange und Lötlampe bearbeitet, wird von Tarantino in "Pulp Fiction" leicht abgewandelt wieder benutzt. Leider gelang Don Siegel damals mit diesem Spitzenfilm kein Kassenerfolg. Trotz dieser Enttäuschung hat sich der Film natürlich als Klassiker seiner Sparte etabliert und kann als intelligentes Action-Melodram noch heute gut begeistern. Dabei gelingt es Siegel von Anfang an, dass der Zuschauer mit einem Gangster wie Varrick mitfiebert.  Siegels Stil ist zwar nüchtern, aber er skizziert seine Figuren sehr genau fast schon beiläufig eingebettet in dem spannenden Handlungsablauf. Und der Zuschauer ist gespannt wie diese Charaktere reagieren werden. Trockener und schwarzer Humor ist eine zusätzliche Würze in Siegels Film, der am Ende noch Varricks Flugkünste feiert


Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

Inherent Vice - Natürliche Mängel

























Regie: Paul Thomas Anderson

Wenn Philip Marlowe kifft...

"Natürliche Mängel" oder Paul Thomas Andersons "Inherent Vice" kommen dabei heraus, wenn man es wagt den klassischen Detektivstoff ala Phil Marlowe (Raymond Chandler) oder Sam Spade (Dashiell Hammett) mit Cheech und Chong oder "Fear and Lothing in Las Vegas" zu vermischen.
Andersons Verfilmung der Novelle von Thomas Pynchon ist ein extrem schräger Krimi mit starkem Hippie-Einschlag, der nicht jeden Zuschauer erreichen wird. Zu absurd sind die Handlungsabläufe in dieser Geschichte, die sehr stark an Robert Altmans "Der Tod kennt keine Wiederkehr" - ebenfalls eine Chandler Verfilmung - erinnert, aber um ein vielfaches verrückter ist.
Die Geschichte spielt in den frühen 70er Jahren in Südkalifornien, alles ist geprägt von der Hippiezeit, von den 68ern und die Verbrechen der Manson Familie steckt noch in den Köpfen der Menschen.
Dort in dem sonnigen Klima arbeitet der Kiffende Privatdetektiv Larry Sportello (Joaquin Phoenix), den alle Doc nennen immer mal wieder an kuriosen Fällen. Früher war er der Eintreiber für eine Inkassofirma und Doc hat auch eine Praxis. Er selbst lebt in Gordita Beach (fiktiv), sehr idyllisch am Strand von Los Angeles. Freundin Sortilege (Joanna Newsom) übernimmt in dem Film den Part der Off Stimme, ansonsten hat der coole und ständig bekiffte Schnüffler noch ein Verhältnis mit der Staatsanwältin Penny Kimball (Reese Witherspoon). Eines Abends taucht bei ihm überraschend seine Ex Shasta Fay Hepworth (Katherine Waterston) auf, die hat mit dem Millionär Michael Wolfmann (Eric Roberts) eine Liason. Sie befürchtet aber, dass dessen Frau (Serena Scott Thomas) und deren Lover Wolfmann in die Klapse zwangseinweisen werden, um an das Geld heranzukommen. Doc verspricht ihr sich mal umzuhören und tatsächlich verschwindet der Millionär und auch Shasta ist bald wie vom Erdboden verschwunden. Turbulent gehts aber weiter: Doc bekommt einen Auftrag von einem M Mitglied der Black Guerilla Group und die Spür führt dann überraschend in die Kreise der arischen Bruderschaft. Es gibt einen Toten - damit ist auch Detective Christian Bigfoot Bjornsen (Josh Brolin) mit im Geschehen und eine Frau namens Hope Harlingen (Jena Malone) sucht ihren verschwundenen Mann, den Musiker Coy (Owen Wilson). Dann taucht auch noch die attraktive Asiatin Jade (Hong Chau) auf, die Docs Augenmerk auf "Golden Fang" lenkt. Was ist aber Golden Fang ? Eine Vereinigung von Zahnärzten aufgrund von Steuervorteilen ? Oder ein international vernetzter Drogenhändlerring ? Doc gibt sich alle Mühe dieses Gewirr an Fällen zu einer Einheit zu bringen, doch leider ist er ständig zugekifft und dies macht die Aufklärung sehr schwierig...




Natürlich erinnert man sich bei diesem schrägen Szenario auch an "The Big Lebowski" der Coen Brothers - Andersons Film ist genauso reich, tief und lustig. Der Film lebt natürlich von seinen schrägen und entspannten Charakteren und einer unvergleichlichen Atmosphäre. Kameramann Robert Elswitt liefert mal wieder eine großartige Leistung ab. Auch der Soundtrack passt perfekt zu dieser unbekümmerten Way of Life Story über Exzentriker, Anderson gelingt damit sogar ein politisches und historisches Bild jener Zeit.
Joaquin Phoenix ist schon eine perfekte Vorstellung gelungen - er spielt diesen Doc nicht nur, er ist es - dieser zottelige Typ, der mit voller Leidenschaft Hippie ist, dazu ein bisschen vulgär, aber im Grunde hoch anständig. Sehr gut gelungen auch die seltsame Beziehung zu seinem Spezi Bigfoot. Ein Polizist, der einem typisch amerikanischen Klischee entsprungen scheint und unter seiner rauen Schale ein sensibles Inneres verbirgt. Man staunt schon manchmal wie gut Anderson diese Figurenzeichnung gelungen ist.
Man wird sich natürlich fragen um was es hier in "Ineherent Vice" eigentlich geht ? Keine Ahnung. Dennoch fügt sich alles irgendwie am Ende zusammen und auch für den Zuschauer, der Schwierigkeiten hatte den Überblick zu erhalten, gibts ein HappyEnd. Der Weg war das Ziel.
Zeitgleich mit dem doofen Humor und den absurden Aschweifungen entsteht aber auch ein enormes Gefühl von Sehnsucht, ein Gefühl etwas verloren zu haben, was man gar nicht so benennen kann. Man fragt sich, wo die Zeit vergangen ist.




Bewertung: 8,5 von 10 Punkte. 
 

Dienstag, 13. November 2018

52 Pick up

























Regie: John Frankenheimer

Die Erpresser...

In den 80er Jahren hatte Hollywood-Regisseur eine echte Durststrecke, doch sein 1986 entstandener und eher unbekannter Neo Noir "52 Pick up" ist eine Entdeckung wert. Roy Scheider spielt hier Harry Mitchell, einen eher arroganten Industriellen, der mit seinem Geld protzt, seinen tollen Wagen zeigt und damit auch junge Frauen versucht zu beeindrucken - er lebt in Los Angeles. Die Ehe mit Frau Barbara (Ann Margret) hält seit 23 Jahren, aber sie sind irgendwie fremd geworden. Sie interessiert sich für eine politische Karriere und ist engste Vertraute des populären Lokalpolitikers Mark Arveson (Doug McClure). Die Zweisamkeit leidet darunter und Ehemann Harry geht fremd mit der 22jährigen Cini (kelly Preston), die er im Rotlichtmilieu aufgegabelt hat. Es nährt seine Eitelkeit, dass die junge Frau mit ihm Sex hat ohne Geld dafür zu verlangen. Ein paar Wochen dauert diese Liebschaft, dann ebbt die Leidenschaft wieder etwas ab. Doch durch ihre Zugehörigkeit in einem gefährlichen Milieu wird die junge Geliebte zu echter Gefahr für den wohlhabenden Bürger. Er soll aufgrund dieser Affäre Geld zahlen...drei Erpesser wollen 105.000 Dollar von ihm. Diese drei Männer könnten unterschiedlicher nicht sein. Bobby Shy (Clarence Williams III) ist der einfach gestrickte Mann fürs Grobe, dunkelhäutig und lange Jahre Knasterfahrung. Einem, dem es leicht fällt seine Freundin Doreen (Vanity) kurzerhand zu erwürgen, wenn die ihm nicht sagt, was er hören möchte. Der andere heißt Leo Franks (Robert Trebor), ein schwuler Pornokinobesitzer, der mit seinem jüngeren Lover Grady (William John Grady) zusammen lebt. Der dritte ist der Drahtzieher dieser scheußlichen Erpressung: Alan Raimy (John Glover) ebenfalls im Pornogeschäft tätig und zu allen Schandtaten entschlossen. Harry wird von den drei Erpessern in Cinis Wohnung erwartet, doch zeigen sie ihm das von ihnen gefilmte belastende Material. Wenn es an die Öffentlichkeit kommt, wäre die politische Karriere seiner Frau sofort beendet - auch sein Imageschaden wäre immens.
Sein Anwalt gibt ihm den Tipp nicht zu zahlen, da er sich sicher ist, dass die Erpresser sich nicht mit den geforderten 105.000 Dollar zufrieden geben werden. Und Harry hört auf den Rat. Das hat fatale Folgen. Um ihrer Forderung noch mehr Nachdruck zu verleihen, wird Cini von den drei Verbrechern getötet - die Hinrichtung wird gefilmt und sie haben Beweise in der Hand, die Harry als Mörder seiner Geliebten entlarven würden. Nun geht es um Alles, um Leben und Tod...



"52 Pick up" bezieht sich auf einen weiteren Deal der Geschichte. 52.000 kann Harry besorgen und mit diesem Betrag müssten die Erpresser wohl oder übel Vorlieb nehmen, denn mehr Geld ist nicht aufzutreiben. Aber besser die Hälfte als gar nichts...zumindest scheint dieser Kompromiss machbar für beide Seiten. Der Film basiert auf dem Roman von Elmore Leonards und ist als 80er Jahre Neo Noir Beitrag perfekt, denn er vereint die Stilmittel des Film Noir, diese düsteren, stilisierten und amoralischen Krimigeschichten der 40er Jahre aus dem Dschungel der Großstadt mit einem hohen Anteil des Exploitation Genre. Dabei ist in den 80er Jahren der Untergrund der Großstadt um einiges verkommener geworden und man kann als Regisseur der 80er natürlich aus dem Vollen schöpfen und muss keine Zensur fürchten. So wird das Rotlichtmilieu zum Spielplatz einer gefährlichen Begegnung zwischen Gangstern und einem für diese perfekten Opfer. Zumindest erscheint dieser Harry Mitchell als optimale Geldquelle, doch Harry ist auch mit allen Wassern gewaschen und im Grunde seines Herzens auch ein Schurke. Als diese dunkle Seite wieder in ihm erwacht, entflammt seine Frau auch wieder für ihn. Man mag den Film vordergründig ein bisschen plump finden, doch das Gegenteil ist der Fall. Viele Szenen geben dem Zuschauer Raum für eigene Interpretationen und die Figuren dieser Geschichte sind durchweg interessant und vielschichtig angelegt.
"52 Pick up" ist eine Produktion der damals sehr erfolgreichen Menahem Golan und Yoram Globus. Auf deren Konto gehen die meisten Chuck Norris Reißer, auch Charles Bronson mit seiner "Death Wish" Reihe wurde von diesen beiden Producers am Leben gehalten. Ausserdem waren die beiden verantwortlich für den weltweiten Ninja Boom im Kino. Interessanterweise haben sich Golan und Globus aber damals auch an Stoffe herangewagt, bei denen die größeren Studios eher abgesagt hätten. "52 Pick up" ist so ein Stoff. Er war vielleicht seiner Zeit voraus. 12 Jahre später war es dann schon eher möglich, einen Film zu machen, der im gleichen Milieu angesiedelt ist und dort die Verkommenheit des Menschen zum Thema hat. Die Rede ist von Joel Schumachers "8 mm", auch dort taucht ein ganz normaler Bürger in diese Welt des Rotlichts ein und entdeckt grauenhafte Verbrechen. Mit "52 Pick up" gelang John Frankenheimer ein rasantes Portrait eines Mannes, der wieder versucht Kontrolle über sein Leben zu erlangen. Natürlich hat Frankenheimer auch ein paar Widerhaken eingebaut. So sind sich Opfer und Haupttäter manchmal gar nicht so unähnlich. Die Gutbürgerliche Fassade des Industriellen ist nur noch hauchdünn und jederzeit einsturzgefährdet.




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

Love, Simon
















Regie: Greg Berlanti

Gay und very happy...

Filme mit schwuler Thematik liegen derzeit sehr im Trend. Möglicherweise hat dies der Megaerfolg von "Brokeback Mountain" möglich gemacht.  Im Oscarjahr 2017 gewann Barry Jenkins "Moonlight" den Preis als bester Film des Jahres und auch das Kinopublikum war sehr an dieser Geschichte interessiert. Insgesamt wurde 65, 1 Millionen Dollar eingespielt. Auch im darauffolgenden Jahr ging mit "Call me by your name" ein aussichtsreicher Kandidat ins Rennen um den begehrtesten Filmpreis der Welt. Drehbuchautor James Ivory war auch siegreich und die Kinokassen bestätigten mit 42 Millionen Dollar Einspielergebnis erneut das Interesse des Mainstreampublikum an diesen Stoffen. Sehr ähnlich sind sich die Geschichte: Der Einzelne muss das Coming Out wagen, denn nur so erhält er auch die Möglichkeit wie jeder andere erfolgreich auf Partnersuche zu gehen. In der Regel ist dies nicht nur ein Bewusstseinsprozess, sondern auch ein echter Kraftakt wie in den beiden hervorragenden Independent Produktionen "Beach Rats" von Eliza Hitman oder in "Closed Monster" von Stephen Dunn.
"Love, Simon" ist da um einiges lockerer und die Hauptfigur schafft da mühelos das Coming Out und wird am Ende noch damit belohnt, dass der Junge sich noch einen extrem attraktiven Boyfriend angelt.
Regisseur Greg Berlanti lebt offen homosexuell und ist seit November 2013 mit dem US-Fußballer Robbie Rogers liiert. Im Februar 2016 wurden die beiden mit Hilfe einer Leihmutter Eltern eines Jungen.
Sein "Love, Simon" ist ein Gay-Update der in den 80er Jahren äusserst beliebten John Hughes Teeniefilmen wie "Pretty in Pink", "Ist sie nicht wunderbar ?" oder "Sixteen Candles". In diesen Filmen war das HappyEnd eine Pflicht und so erweist sich "Love, Simon" als FeelgoodMovie ersten Ranges. Das Budget betrug ca. 14 Millionen Dollar - eingespielt hat der Film 66, 3 Millionen Dollar. Somit wird "Love, Simon" keineswegs der letzte kommerzielle Gayfilm gewesen sein.
Noch vor kurzem wurde Hauptdarsteller Nick Robinson in "Jurassic World" von gefrässigen Saurier gejagt - diesmal sind es seine geheimen Wünsche und Empfindungen, die ihm Probleme bereiten. Er heißt Simon Spiers und bezeichnet sich als ganz normal...nur eben in einem Punkt tickt er anders als die Mehrheit seines Umfelds. Er ist schwul und keiner weiß davon. Obwohl er wahrscheinlich akzeptiert werden würde. Seine Eltern (Jennifer Garner, Josh Duhamel) sind tolerant und verständnisvoll, seine kleine Schwester (Talitha Bateman) sicherlich auch. Und seine drei besten Freunde Leah Burke (Katherine Langford - die ist natürlich in ihn heimlich verliebt), Abby Suso (Alexandra Ship) und Nick Eisner (Jorge Lendeborg jr) hätten wahrscheinlich auch kein Problem damit. Aber es ist schwierig sich mutig zu bekennen. Eines Tages macht ein Posting auf einer Blogging Plattform die Runde. Ein Junge in seiner Stadt, wahrscheinlich ein Mitschüler,  hat sich dort als anonym dazu bekannt schwul zu sein. Der Schreiber nennt sich "Blue" und Simon schreibt ihm sofort unter dem Nickname "Jacques" zurück. Tatsächlich antwortet der Fremde und irgendwie kommen sich die beiden Jungs näher, auch wenn sie beide anonym bleiben. Simon macht sich Gedanken, wer der Unbekannte sein könnte. Zuerst tippt er auf Bram Greenfeld (Keiynan Lonsdale) auf den er ein bisschen steht. Doch der macht mit Mädels rum. Auch der Kellner Lyle (Joe Pollari) erweist sich als falscher Verdacht. Am Ende tippt er auf Cal Price (Miles Heizer), der ebenfalls wie Simon bei der Schulaufführung von "Cabaret" mitmacht. Dort hat auch der verrückte Martin Addison (Logan Miller) eine Hauptrolle. Der steht auf Addy und durch zufall findet er Simons Geheimnis heraus. Eine Erpressung kann nicht schaden - so zumindest versucht Martin, dass Simon ihn erfolgreich mit Addy verkuppeln kann. Dies führt natürlich zu allerhand von Verwicklungen...



Am Ende steht aber der erste Kuß im Riesenrad und die ganze Geschichte ist unterlegt mit einem coolen Soundtrack - es sind zu hören The Kings, Portugal.The Man, Troye Sivan, Khalid, Jackson 5 und The Bleachers. "Love Simon" ist der erste Hollywood Mainstream Teeniefilm, der sich auf eine schwule Romanze konzentriert. Natürlich ist das alles sehr easy und nicht unbedingt immer realistisch - aber Spass macht der Film trotzdem. Warum nicht mal eine schwule Lovestory ohne diese 1000 gefühlten Probleme..
 




Bewertung. 7 von 10 Punkten.