Montag, 31. Juli 2017

Suicide Squad

























Regie: David Ayer

Schurken mutieren zu Superhelden...

Inzwischen hat das Kinodebüt der "Suicide Squad" bereits 745,6 Millionen Dollar weltweit eingespielt und liegt derzeit auf Platz 82 in der Liste der einspielstärksten Blockbuster. Damit ist der Film ein weiterer Hit für DC Extendet Universe, die bereits mit "Man of Steel" und "Batman vs. Superman Dawn of Justice" erfolgreich Storys von DC Comics verfilmten. Regie führte David Ayer, der sicherlich mit dem Kassenerfolg seinen bisher größten Hit landen konnte. Dennoch fand ich seine vorherigen Arbeiten aus dem Thriller und Kriegsfilmgenre wie "Street Kings", End of Watch" und auch "Herz aus Stahl" gesamthaft besser. Zwar macht die schrille Comicverfilmung ca. 1 Stunde lange alles richtig, aber dann gleitet der Stoff irgendwie aus dem Ruder. Schuld daran ist das übliche Actionfeuerwerk der Techniker. Das ist wohl vielleicht vom jungen Zielpublikum so gewollt, aber die Atmosphäre bleibt auf der Strecke bei soviel Hiimmelsfahrtskommando nach Schema F, hier eine Explosion, dort einige Collateralschäden und inmitten einer sehr alten Macht, personifiziert durch die Enchatress, die mit viel visuellem Budenzauber gezeigt wird.
Dennoch sind die Selbstmörder cool gestaltet - für das Make Up und die Frisuren gabs sogar gerechterweise den Oscar. Aus welchen Antihelden setzt sich dieses Selbstmordkommando zusammen ? Da wäre einmal Deadshot (Will Smith), der beste Auftragskiller von Gothan City. Dennoch möchte er für seine kleine Tochter ein guter Mensch und Held sein. Sie weiß aber von ihrer Mom, dass Daddy schlimme Sachen machen. Von Batman (Ben Affleck) wird er gefangen genommen und ins Gefängnis Belle Reve gebracht. Dort sitzt auch Jokers (diesmal Jaret Leto, der die Rolle sehr schrill und überzeichnet darstellt) Freundin Harley Quinn (Margot Robie), eine psychopathische Killerin - früher war sie mal die seriöse Dr. Harleen F. Quinzel, bevor sie von ihrem jetzigen Stecher Joker einer Gehirnwäsche unterzogen wurde. Auch die Superganoven El Diablo (Jay Hernandez), der Meisterdieb Captain Boomerang (Jai CouArtney), der Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje) und der Söldner Slipknot (Adam Beach) sitzen dort ein und werden von der skrupellosen Regierungsbeamtin Amanda Waller (Viola Davis) aus dem Knast geholt. Sie werden von mir mittels einem eingepflanztem Chip im Körper, der ein Explosion auslösen kann, mehr oder weniger gezwungen an einer Mission teilzunehmen, um die Welt in Gothan City zu retten und Frieden wiederherzustellen. Doch so einfach ist das nicht. Da die Gruppe derzeit nichts besseres vorhat machen sie auch alle mit und es gilt die ehemalige Archäologin Dr. June Flatt (Cara Delevigne) aus dem Körper der bösen Zauberin Echantress zu holen - der Leiter der Suicidal Squad, Kommandant Rick Flagg (Joel Kinnamann) ist daran besonders interessiert, da er der Geliebte von June ist. Leider ist inzwischen auch der Bruder dieser gemeinen Hexengöttin, der Incubus heißt, aufgewacht. Und besiegen lässt sich die Hexe nur, wenn man ihr das Herz entreißen kann....




Ausserdem ist Clint Eastwoods attraktiver Sohn Scott in der Rolle eines Navy Seal Lieutenants zu sehen. Dem Film wurde auch ein guter und effektiver Soundtrack mit auf den Weg gegeben, vor allem der Song im Abspann von Twenty One Pilots "Heathens" erweist sich als Ohrwurm. Auch Eminems "Without me" oder Lil Wayne and Co. mit "Sucker for Pain" sind zu hören. Diese Zutaten und vor allem die coolen Helden, die mit coolen Sprüchen ihre Mission erledigen, machen "Suicidal Squad" natürlich zu einem Kinohit mit Kultpotential. Schade, dass man durch ein übliches Actionfeuerwerk zuviel des Guten bringt. Das kann natürlich keine originellen Ideen ersetzen und an dieser Stelle droht der Film in der Mitte langweilig zu werden und verspielt seinen imposanten Anfang. Weniger wäre da mehr gewesen.




Bewertung: 6 von 10 Punkten. 

Samstag, 29. Juli 2017

Elle

























Regie: Paul Verhoeven

Auf der Suche nach dem Maskenmann...

"Elle" - der neue Film des holländischen Filmemachers Paul Verhoeven wurde als offizieller französischer Kandidat für eine Oscar-Nominierung in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" ausgewählt. Er schaffte es aber nicht in die Endrunde der fünf Besten. Dennoch bekam Isabelle Huppert eine Nominierung als beste Schauspielerin und dem Film gelang der Sieg bei der Golden Globe Verleihung. Ausserdem waren Film, Regisseur und Hauptdarstellerin für den Europäischen Filmpreis nominiert und bei der Cesar Wahl gabs auch noch zwei Preise, einmal für den besten Film und natürlich wurde Isabelle Huppert als beste Darstellerin ausgezeichnet.
Die ist auch in der Rolle der skrupellosen Michele Leblanc eine Wucht und auch Regisseur Verhoeven hat lange nicht mehr einen so interessanten Film gemacht.
An dem spannenden Erotik Thriller waren auch deutsche Produzenten beteiligt und die Geschichte basiert auf dem Roman "Oh..." von Philippe Dijan. Gleich in der ersten Szene geht es extrem grauenhaft zur Sache. Die Katze der selbstsicheren Geschäftsfrau Michele Leblanc ist zu sehen, sie beobachtet still aus einer gewissen Entfernung wie ein unbekannter Maskenmann über Michele herfällt, sie schlägt und brutal vergewaltigt. Danach folgt ein sehr sonderbares, beinahe schon märchenhaft anmutendes Drama über diese Zeit nach der drastischen Tat - ganz anders als beispielsweise in Bergmans bekanntem "Vom Angesicht zu Angesicht" mit Liv Ullman, wo diese Tat zu einer vielfältigen Konfliktsituation für das Opfer führt, begleitet von Selbstmordversuchen und Nervenzusammenbrüchen.
Aber die knapp 50jährige Chefin eines erfolgreichen Computerspielunternehmens reagiert anders. Als Tochter eines in ganz Frankreich bekannten Massenmörders meidet sie den Gang zur Polizei. Sie lässt sich in einer Mittagspause auf HIV und Hepatitis untersuchen und kauft sich Pfefferspray und einen kleinen Hammer als Waffe. Und sie führt auf eigene Faust Ermittlungen, ob der Unbekannte einer ihrer jungen Angestellten wie Kurt (Lukas Prisor) oder Kevin (Arthur Mazet) aus der Firma sein könnte. Das Leben geht aber weiter und so ist sie auch mit ihrem Sohn Vincent (Jonas Bloquet) beschäftigt, der sich von seiner schwangeren Freundin Josie (Alice Isaaz) ausnützen lässt. Mit ihrem Exmann Richard Casamayou (Charles Berling) verbindet sie nach wie vor eine Freundschaft, sie reagiert aber etwas eifersüchtig als der seine neue Freundin Helene (Vimala Pons).
Ebenbürtige Geschäftspartnerin im Unternehmen ist ihre Freundin Anna (Anne Consigny), mit der sie schon lange Jahre befreundet ist. Das hält Michele allerdings nicht davon ab, dass sie seit etwa einem halben Jahr eine Sexaffäre mit Annas Mann Robert (Christian Berkel) begonnen hat. Auch der neue Nachbar Patrick (Laurent Lafitte) gefällt ihr gut. Doch der ist mit der sehr gläubigen Rebecca (Virginie Efira) verheiratet. Auch mit ihrer Mutter Irene (Judith Magre) gibts Streit, da die alte Dame einen viel jüngeren Liebhaber (Raphael Lenglet) finanziert und Michele bittet ihren Vater im Gefängnis zu besuchen...




Der Film ist vor allem durch die Familien- und  Figurenkonstellation immer wieder interessant und wird von einem großartigen Ensemble getragen. Die Vergewaltigung bleibt dennoch Mittelpunkt der Geschichte und bietet Isabelle Huppert endlich wieder eine ebenbürtige Rolle wie in ihren Chabrol Filmen "Violette Noziere", "Biester" oder "Süßes Gift" und annähernd so verstörend wie in Hanekes "Die Klavierspielerin". Kameramann Stephane Fontaine begeistert durch die stimmungsvollen Bilder eines scheinbar friedlichen Wohngebiets im nächtlichen Paris.



Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 

Einfach das Ende der Welt

























Regie: Xavier Dolan

Ein Fremder kehrt heim...

Neben Paul Verhoeven gehörte auch der kanadische Regisseur Xavier Dolan zu den Verlierern in der Oscar-Kategorie "Bester fremdsprachiger Film. Auch seinem Filmdrama "Einfach das Ende der Welt" gelang es nicht unter die besten fünf Nominierten zu kommen. Schon bei der Urauffürhung bei den Filmfestspielen in Cannes waren die Kritiken für seine Familiengeschichte eher verhalten, obwohl er am Ende mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde. Aber immerhin gewann "Einfach das Ende der Welt" insgesamt 3 Cesars ins diesem Jahr. Neben Dolan selbst siegte auch Hauptdarsteller Gaspard Ulliel (bekannt aus "Hannibal Rising) und als bester ausländischer Film war man auch siegreich.
Michs selbst hat der Film thematisch und im Aufbau stark an "Lügen und Geheimnisse" von Mike Leigh erinnert, dem es auch meisterhaft gelang den Zuschauer Schritt für Schritt und meisterhaft in die Gefühlswelt und Abgründe einer scheinbar ganz normalen Familie eintauchen zu lassen.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Jean Luc Lagarce und die Herkunft sieht man dem Film schon ein bisschen an. Am Anfang läuft im Hintergrund der Song "Home is where its hurts" und die Familie wartet auf den verlorenen Sohn sozusagen. Denn Louis (Gaspard Ulliel) kommt nach langer Zeit zu Besuch. Der inzwischen 34jährige hat die Familie schon 12 Jahre nicht mehr gesehen, aber immerhin zu jedem Geburtstag und zu den Feiertagen kamen stets Postkarten. Nur der Zuschauer weiß, warum er nach sovielen Jahren ins Heim seiner Lieben zurückkehrt...er ist totkrank und möchte der Familie mitteilen, dass er sterben wird.
Er weiß auch, dass es wieder Konflikte geben wird. Die Mutter (Natalie Baye), sein großer Bruder Antoine (Vincent Cassel) mit dessen Ehefrau Catherine (Marion Cottilard), die er noch nie gesehen hat und die kleine Schwester Suzanne (Lea Seydoux) warten gespannt auf sein Kommen und sind dementsprechend aufgeregt. Dann fährt das Taxi vor dem Haus vor und es ist für alle eine ganz eigenartige Situation, dieses Wiedersehen. Louis ist inzwischen als Schriftsteller bekannt und die Familie verfolgt seinen Werdegang aus den Medien. Aber ansonsten sind sie sich fremd....auch das schwule Leben von Louis ist fremd und unbekannt. Sofort bekommen die Gespräche seitens der Familie einen etwas aggressiven, vorwurfsvollen Touch...vor allem von Vincent und auch Suzanne lässt durchblicken, dass der Bruder wie ein Fremder wirkt. Belanglosigkeiten werden ausgetauscht, dann aber geht es immer mehr ums Eingemachte und die Besuchssituation droht mehrmals zu eskalieren. Am Ende steht die Erkenntnis einer zu großen Distanz nach diesen 12 Jahren Abwesenheit, man hat sich auseinander gelebt...


Xavier Dolans Film ist von einem guten Anteil Melancholie durchzogen. Er zeigt Menschen, die mit der Situation nur schwer umgehen können und gar nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. So wird der geplante Abschied für immer irgendwann auch in den Hintergrund gedrängt, denn Louis selbst erkennt, dass es noch viel wichtigeres im Familienkreis zu klären gibt, als seine Nachricht, dass er bald sterben wird.
Der Autor Lagarce verarbeitete in seinem Stück seine HIV-Infektion, die er nicht besiegen konnte. Er verstarb im Jahr 1995, noch bevor das Stück in Frankreich richtig bekannt wurde. Während der Krankheit in Berlin verfasst, enthält es natürlich autobiographische Züge, diese Geschichte über eine Familie, die sich richtig fremd ist. Natürlich lässt sich die gestörte Familienstruktur nicht auflösen, man bleibt sich weiterhin fremd, lässt aber einen kleinen Hoffnungsschimmer auch nicht ganz sterben. Natürlich wird nicht jedermann den Kriegsschauplatz Familie, den Xavier Dolan hier beschreibt, als spannend und interessant finden. Daher vielleicht auch die unterschiedlichen Urteile zu diesem Film, der aber mit einer grandiosen Ensembleleistung aufwartet. Jeder der fünf Darsteller liefert eine Topleistung in Sachen Schauspielkunst ab. Für mich ist "Einfach das Ende der Welt" sogar einer der bisher besten Filme des kanadischen Regisseurs.


Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

Lion

























Regie: Garth Davis

Saroos Odyssee...

"Hidden Figures" war das Feelgood Movie der Oscar-Nominees und erwärmte die Herzen trotz dem ernsten Thema der Rassentrennung. Auch Garth Davis Film "Lion" appelliert an das Gefühl, zelebriert am Schluß eine Art Happy-End, obwohl es das Schicksal mit dem fünfjährigen indischen Jungen Saroo gar nicht gut meint.
6 Nominierungen sprangen dabei raus - die Nebendarsteller Nicole Kidman und Dev Patel, der durch den Indien-Film "Slumdog Millionaire" bekannt wurde. Ausserdem gabs Nominierungen in den Kategorien "Bester Film, "Bestes adaptiertes Drehbuch", "Beste Filmmusik" und "Beste Kamera", des Australiers Greg Fraiser, der bereits mit seinen Arbeiten in "Let me in", "Zero dark thirty" oder "Foxcatcher" überzeugen konnte. Auch Regie-Debütant Garth Davies stammt aus Australien.
Der Film basiert auf dem Tatsachenroman "A long way home" von Saroo Brieley, der seine eigene aufwühlende Lebensgeschichte niederschrieb.
Das Schicksal führt ihn als Kind aus einem Waisenhaus nach Tasmanien, weil er von Sue (Nicole Kidman) und John Brierley (David Wenham)  adoptiert wurde. Das Ehepaar hatte früh beschlossen keine eigenen Kinder in die Welt zu setzen, sondern für zwei Waisenkinder aus Indien den Elternpart zu übernehmen. Saroo wird als Erwachsener von Dev Patel gespielt - der wird durch Jalebi, eine indische Süßspeise, wieder an sein Schicksal als Kind erinnert und beschließt daraufhin seine Wurzeln zu erkunden  und nach ca. 20 Jahren seine Familie in Indien ausfindig zu machen.
Der fünfjährige Saroo (Sunny Pawar) und sein älterer Bruder Guddu (Abhishek Barathe) müssen schon sehr früh Verantwortung für die Familie übernehmen. Die Mutter (Priyanka Bose) kann nicht arbeiten, da sie auf das kleine Baby aufpassen muss. Daher sorgen die beiden Jungens für den Lebensunterhalt. Das Leben in diesen ärmlichen Verhältnissen ist sehr hart, aber dafür steht die Familie zueinander. Sein älterer Bruder Guddu ist gleichzeitig Vorbild, die beiden sind unzertrennlich. Um zu arbeiten verlassen die beiden Brüder das kleine Dorf und fahren mit dem Zug in eine größere Stadt in der Nähe. Dort soll der übermüdete Saroo am Bahnhof warten, bis Guddu wieder kommt. Doch der kommt nicht mehr und so klettert Saroo in einen leeren Zug...ohne anzuhalten fährt dieser Zug zwei Tage lang ununterbrochen. Endstation Kalkutta. Die bengalische Sprache kann er nicht, er spricht nur Hindi. Der kleine Junge kennt auch nicht seinen Familiennamen und den Namen seines Wohnortes kennt auch keiner. So wird er ins Waisenhaus gebracht, ehe er zum Glück in Tasmanien ein liebevolles Zuhause findet und bei guten Eltern und einen Stiefbruder (als Kind: Keshav Jadhav, als Erwachsener: Divian Ladwa) aufwächst. Er lernt auch als Erwachsener eine nette Freundin (Rooney Mara) kennen...



Ein bisschen erinnert "Lion" auch an Danny Boyles "Slumdog Millionaire", der sich ja auch mit der Armut, mit der riesigen Bevölkerungsanzahl und den vielen obdachlosen Kindern in Indien beschäftigt. Es sollen dort 11 bis 18 Millionen Kinder auf der Straße leben. Der Film ist in zwei Hälften gegliedert - die erste Hälfte ist der Odyssee des kleinen Saroo gewidmet, als er in einer großen Stadt verloren geht. Erst in der zweiten Hälfte taucht Hauptdarsteller Dev Patel auf - vielleicht ist dies ja auch der Grund weshalb er bei der Oscarwahl nicht als Hauptdarsteller sondern als Nebendarsteller nominiert wurde. Insgesamt ist der Film visuell extrem beeindruckend und sensible Zuschauer sollten vielleicht am Ende ein paar Taschentücher bereitlegen.
Insgesamt konnte der Film ca. 139 Millionen Dollar an der Kasse einspielen.



 
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 

Der letzte Kaiser

























Regie: Bernardo Bertolucci

Marionette...

Bei der Oscarverleihung 1988 war Bernardo Bertoluccis "Der letzte Kaiser" der große Abräumer. Insgesamt 9 Nominierungen in den Kategorien bester Film, beste Regie, bestes adaptiertes Drehbuch, beste Musik (Ryuichi Sakamoto, David Byrne und Su Cong), beste Kamera (Vittorio Storaro), bestes Szenenbild, bestes Kostümdesign, bester Schnitt und bester Ton und in allen Kategorien war er siegreich. Der farbenprächtige und opulente Film konnte in der Verbotenen Stadt gedreht werden und in der ersten Szene führt Bertolucci seine Zuschauer auf einen Bahnhof in der Mongolei. Dort werden viele Gefangene in ein Umerziehungslager der Kommunisten gebracht. Darunter befindet sich auch Pu Yi (John Lone spielt den Erwachsenen, weitere Pu Yi Darsteller sind Richard Vuu 3 Jahre, Tiger Tsou 8 Jahre und Wu Tao 15 Jahre), der ehmalige Marionettenkaiser von Mandschukuo und letzte Kaiser von China.
In der neu gegründeten Volksrepublik China gilt Pu Yi vor allem durch seinen Kollaboration mit den Japanern als Kriegsverbrecher. Nach der Ankunft im Lager misslingt ihm der Selbstmord, da er von dem Gefängnisaufseher (Ying Ruocheng) in letzter Sekunde gerettet wird. Auf die Frage warum man ihn nicht in Ruhe lässt antwortet sein Retter "Du bist ein Kriegsverbrecher, du musst dich verantworten".
In Rückblenden wird das bewegte Leben von Pu Yi erzählt, der im Jahr 1908 als Dreijähriger Knirps von seiner Familie entrissen wird und zur Kaiserin Witwe Cixi (Lisa Lu) gebracht wird. Da der Kaiser verstorben ist, wird sie einen Nachfolger bestimmen und ihre Wahl fiel auf Pu Yi. Immer wieder will der kleine Junge nach Hause, doch man vertröstet ihn. Er ist der Herrscher über die verbotene Stadt, aber alle anderen bestimmen über den Werdegang des Kleinen. Da er wie in einem goldenen Käfig lebt, den er nie verlassen darf, bekommt er auch nicht mit, dass vier Jahre später die Revolution bereits gesiegt hat und die Monarchie und somit auch der Kaiser abgeschafft wurde. Allerdings darf er weiterhin als eine Art lebender Anachronismus seine Rolle beibehalten und prachtvoll und feudal im abgegrenzten Kaiserpalast regieren. Der Zuschauer wird Zeuge wie unwohl sich Pu Yi in seinem luxuriösen Gefängnis fühlt. Von seinem englischen Tutor Reginald Johnston (Peter O´Toole) lernt er aber was ausserhalb der Palastmauern wichtig ist. 1922 heiratet Pu Yi die schöne Wan Jung (Joan Chen) und später als Nebenfrau Wen Hsiu (Vivian Wu), die beiden Frauen werden zu Freundinnen. 1924 wird der Schattenkaiser mit seinem gesamten Hofstaat aus der verbotenen Stadt vertrieben. Er findet schließlich Konktakt zu den Japanern, die ihm als einzige helfen. Aber Japan ist auf einem expandierenden Eroberungstrip, sie machen ihn zum Kaiser des neu gegründeten Staates Mandschukuo (ehemalige Mandschurai). Macht gewinnt er auch hier nicht. Erst später erkennt er, dass er auch hier nur eine Marionette ist und benutzt wurde. Nach dem Krieg wird von der roten Armee gefasst, die ihn schließlich an die Chinesen aufliefern. Nach 10 Jahre Umerziehung lebt er als Gärtner in Peking und sieht während Maos Kulturrevolution, dass sein ehemaliger Lageraufseher als  Konterrevolutionär angeklagt wird und als mahnendes Beispiel durch die Straßen laufen muss....








1967 stirbt Pu Yi und in seinem Film sieht der Zuschauer immer mit den Augen der Hauptfigur. Ein Mensch, der sich immer gefangen fühlt und nie wirklich frei war. Daher auch sein Faible für eine kleine Maus, die er in seinem opulenten Kostüm versteckt und immer dann rauslässt, wenn keiner es sehen kann. Er identifiziert sich mit seiner gefangenen Maus und auch mit einer kleinen Grille, die er als Kind in einer Bambusdose, einem Spielzeug gefangen hielt. Diese Dose fungiert auch als letzte Szene des 160 Minuten langen Films. Interessanterweise ist die Geschichte dieser extrem passiven Figur des Pu Yi ausserordentlich vielschichtig und Bertolucci hat alles daran gesetzt, dass sein Film als farbenprächtiges Epos alle Register zieht.








Bewertung: 10 von 10 Punkten.