Freitag, 17. September 2021

Neues aus der Welt


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Paul Greengrass

Der Nachrichtenerzähler...

Die Filme des britischen Regisseur Paul Greengrass waren bisher thematisch verankert im "Jetzt und Hier" und bieten dem Zuschauer trotz des Actiongehalts immer wieder Gelegenheit über unsere Zeit nachzudenken, so verfilmte er mit "Flug 93" einen Teil des Dramas, das sich am 11. September 2001 in den USA abspielte. "Bloody Sunday" handelte von dem irischen Blutsonntag im Jahr 1972, an dem 27 Demonstranten niedergeschossen wurden. "Captain Philipps" griff das brisante Thema des Piratenangriffs auf die Maersk Alamba auf, "Green Zone" führte den Zuschauer ins  Krisengebiet Bagdad und selbst die actionreichen "Bourne" Filme strafte die Agenten-Wohlfühlatmosphäre mit dem Superhelden James Bond ein für alle mal Lügen.
"Neues aus der Welt" fällt da zuerst völlig aus dem Rahmen, denn es ist ein Western. Wenn man dann aber genau hinschaut, dann ist dieser Genrebeitrag nicht etwa aus der Zeit gefallen, sondern handelt vom Thema "Entwurzelung", was heute wieder genauso aktuell angesehen werden kann als im Jahr 1870, in dem die Geschichte spielt.
Das Land ist durch den Bürgerkrieg immer noch gespalten und Greengrass lässt den Zuschauer teilhaben an einer Odyssee durch den Wilden Westen. Zumindest 400 km davon sind zu überbrücken und die Reise wird natürlich auch zu einer Reise in Richtung eigene Identität.
In diesem Jahr 1870 verdient Captain Jefferson Kyle Kidd (Tom Hanks) ein ehemaliger Offizier der Konföderierten seinen Lebensunterhalt durch das Lesen von Nachrichten. Er ist ein Wanderer, der es nicht geschafft hat, in seine Heimat zurückzukehren. Bepackt mit vielen Zeitungen reist er von Ort zu Ort, um den Leuten die Nachrichten aus aller Welt nahezubringen. Die Menschen sind sehr interessiert und seine Lesungen sind jedesmal gut besucht. Er lebt von den Spenden dieser Zuschauer. Gelegentlich kommt es bei politischen Themen, die er vorliest, auch zu Streit und die Veranstaltung muss vorzeitig abgebrochen werden. Eines Tages entdeckt er auf der Straße zum nächsten Ort einen umgestürzten Wagen und abseits der Straße an einem Baum sieht er einen aufgehängten dunkelhäutigen Mann. Aus seinen Papieren geht hervor, dass er mit einem kleinen Mädchen, dass jahrelang bei den Indianern lebte, unterwegs war, um sie wieder zu ihren nächsten Verwandten zu bringen. Tatsächlich ist dieses Mädchen noch am Ort des Geschehens. Diese Johanna Leonberger (Helena Zengel) stammt aus Deutschland, hat als kleines Kind ihre Eltern bei einem Indianerangriff verloren und lebte seither bei den Kiowa. Sie spricht auch nur diese Sprache und Kidd versucht natürlich das kleine Mädchen wieder loszuwerden, doch er wird im Laufe der Geschichte erkennen müssen, dass keiner sich für die Kleine zuständig fühlt. Und so entscheidet sich der Captain das Mädchen die 400 Km durch gefährliches Gebiet selbst zu ihrem Onkel zu bringen...




Auf dieser Reise begegnen sie drei fiesen Banditen, die das Mädchen zur Prostitution zwingen wollen, einer Gruppe rassistischer Milizionäre und schließlich auch noch einem Sandsturm und einigen Kiowa, die beinahe schon ziellos durch die Prärie irren. Greengrass hat einen sehr interessanten und subtilen Western gemacht, der vor allem durch die beiden grandiosen Darstellungen von Tom Hanks und der extrem talentierten Helena Zengel (Systemsprenger) lebt. Die junge deutsche Schauspielerin wurde auch für ihre Rolle der Johanna bzw. Cicada (Kiowa-Name) mit einer Golden Globe Nominierung als beste Nebendarstellerin gelobt. Ausserdem war der atmosphärisch dichte Western für vier Oscarnominierungen gut (Kameramann Dariusz Wolski, Filmmusik, Ton und Szenenbild). Der Netflix Film lief in den USA ab Dezember 2020 in den Kinos, trotz der Einschränkung durch die Corona Pandemie konnte der Film 13 Millionen Dollar in den US-Kinos Kasse machen.





Bewertung: 8 von 10 Punkten. 
 

Palm Springs


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Mark Barbakow

Gefangen in der Zeit...

"Palm Springs" aus dem Jahr 2020 von Max Barbakow ist eine äusserst gelungene Zeitschleifenfilm-Variante, die von Amazon produziert wurde. Erstmalig wurde der Film beim Sundance Festival einem interessierten Publikum vorgestellt. Das Konzept folgt dem riesigen Erfolgsfilm "Und täglich grüßt das Murmeltier" von Harold Ramis, der sehr schnell zum Kultfilm avavcierte.
Der Protagonist hängt in der Zeitschleife fest und erlebt einen bestimmten Tag immer wieder. Das kann für den Betroffenen sehr abwechslungsreich, aber auch sehr nervtötend sein und in "Palm Springs" sind es sogar drei Figuren, die immer wieder den Tag X durchleben müssen.
Die Idee wurde von Barbakow sehr modern und cooll inszeniert, mit schnellen Schnitten, die aber zum Glück nicht nerven, sondern im Grunde die Hektik der Protagonisten widerspiegelt, die davon getrieben sind, den Tag X so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten und vor allem auch einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden.
Im Grunde ist diese Wohlfühl-Comedy angereichert mit kleinen fiesen Bosheiten, mit einer Menge Situationskomik und lebt vor allem durch die beiden Hauptfiguren Nyles (Andy Samberg) und Sarah (Cristin Miliotti)
Nyles ist mit Misty (Meredith Hagner) zusammen. An diesem besagten Tag sind die beiden bei einem Hochzeitsempfang in Palm Springs eingeladen. Misty ist die Brautjunger für die hübsche Braut Tala Ann Wilder (Camilla Mendes), die den smarten Abraham Eugene Trent Schlieffen (Tyler Hoechlin) heiraten wird. Die Eltern der Braut (Peter Gallagher/Jacqueline Obradors) sind entzückt, die Schwester der Braut (Milotti) langweilt sich jedoch. Da kommt ihr dieser Nyles in die Quere und beide verlassen den Hochzeitsempfang um in der nahe gelegenen Wüste Sex zu haben. Als sie sich ausziehen, wird Nyles von einem Angreifer (J. K. Simmons) mit Pfeil und Bogen attackiert. Verletzt schleppt er sich in eine nahegelegene Höhle und ruft Tala noch zu, sie solle ihm auf keinen Fall folgen. Doch der Rat kommt zu spät. Nun hat Nyles, der schon seit längerem in einer Zeitschleife gefangen ist, eine Gefährtin...



Und aus dieser Konstellation entsteht natürlich eine äusserst amüsante Konstellation, die sich natürlich vor allem dann auch auf den Zuschauer überträgt, wenn das Paar auf allen Linien überzeugt. Und das tun sie. Die Chemie zwischen Cristin Milotti und Andy Samberg stimmt zu jeder Zeit 100 % und insgesamt ist Barbakows irrer RomaticFanatasy Mix sehr witzig und manche Szenen sorgen sogar für richtiges Ablachen. Bei der Golden Globe Verleihung 2021 wurde der Film in der Kategorie "Beste Komödie" nominiert. Auch Hauptdarsteller Samberg ergatterte eine Nominierung als bester Darsteller, musste sich allerdings von dem leider viel zu früh verstorbenen Chadwick Boseman geschlagen geben.




Bewertung:7,5 von 10 Punkten.