Freitag, 27. Juli 2018

Flic Story

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Regie: Jacques Deray
 
Jagd auf den Staatsfeind Nr. 1...
 
Jacques Deray wurde manchmal als "Hitchcock des französischen Films" genannt und tatsächlich drehte er hauptsächlich Kriminalfilme. Vielfach arbeitete er mit den beiden erfolgreichsten französischen Schauspielern seiner Zeit Alain Delon und JeanPaul Belmondo zusammen.
Zu seinen bekanntesten Filmen zählen "Die Haut des Anderen" mit Lino Ventura, "Swimmingpool" mit dem Paar Rom Schneider und Alain Delon, "Borsalino" mit dem Duett Delon und Belmondo und "Der Profi 2".
Sein "Flic Story" entstand 1975 und präsentiert Alain Delon als Roger Borniche, Inspektor der Mordkommisson der Surete Nationale, der ab dem 4. September 1947 den Auftrag erhielt den aus der Psychiatrie entflohnene Mörder und Gangster Emile Buisson zu fangen. Dies gelingt dem Bullen auch am 10. Juni 1950 in einem Restaurant. Der gefangene Gangster, ein Soziopath, wird am 28. Februar 1956 durch das Fallbeil geköpft.
Derays Film "Flic Story" basiert auf der Autobiographie von Borniche -
Nachdem Emile Buisson (Jean Louis Trintignant) aus einer psychiatrischen Anstalt flieht, in die er untergebracht war, kehrt er nach Paris zurück und agiert sofort mit Raub und Mord. Er hat viele Handlanger und auch Freunde, die bei ihm als Bandenmitglieder mitmachen und wird bald zum Staatsfeind Nr. 1 in Frankreich.
Kommissar Vieuchenne (Marco Perrin) steht sehr unter Druck, denn man erwartet von dem Staatsbeamten und Chef der Surete Nationale den schnellen Fahndungserfolg. Es wird damit gerechnet, dass Buisson weiterhin bei seinen Coups mordet - 30 Morde und 100 Raubüberfälle gehen am Ende der Jagd auf sein Konto. Roger Borniche (Alain Delan) braucht daher den entscheidenden Tipp, wo sich Buisson versteckt hat. Und dessen Freunde halten dicht, denn sie wissen, wenn sie was ausplaudern, ist das ihr sicheres Todesurteil. Mit seinen Kollegen Inspector Lucien Darros (Denis Manuel) und Inspector Hidoine (Henri Guybet) macht er seine Ermittlungen. Dabei ärgert sich Borniche sehr oft über die brutalen Verhörmethoden seiner Kollegen. Er bevorzugt die weniger harte Gangart, weil sein Bruder Opfer von brutalen Gestapo Foltermethoden wurde. Doch der Erfolg bleibt aus - trotz Jagden durch enge Gassen, wilden und waghalsigen Verfolgungsjagden auf den Dächern von Paris oder trotz diverser möglicher Zugriffe, die bleihaltig sind. Der Chef ist dabei so verärgert, dass er seinen besten Mann sogar an seinem freien Tag, den dieser mit seiner hübschen Freundin Cathierine (Claudine Auger) verbringt, anruft und Auskünfte möchte. Am Ende kann Borniche Buissons Mann Paul Robier (Paul Crauchet), der Paul der Bomber genannt wird, davon überzeugen, dass ein Verrat unvermeidbar ist. Vorher hat Buisson einen anderen Komplizen, Mario le Rital (Renato Salvatori) wegen Verdacht des Verrats von hinten erschossen...



Ein nostalgischer Kriminalfilm, der als Film Noir konzipiert ist und auch die dazu notwendige düstere Stimmung des Genres pflegt. Dabei hat der Film natürlich Versatzstücke von Jean-Pierre Melville zu bieten und einen echten "Wow" Stunt, als der Inspektor den flüchtenden Mörder auf den Dächern von Paris verfolgt. Dort kommt es beim Sprung auf das etwas niedriger gelegene Nachbarsdach zu einem spektakulären Unfall des Polizisten - diese Szene ist ein echter Knaller. Auch die Szene vom Zugriff auf den Gesuchten in einem ausserhalb gelegenen Restaurant ist klasse inszeniert. So können vor allem einige Einzelszenen restlos überzeugen und auch die Figuren sind gut gezeichnet. Alain Delon spielt super - er hat die für die Rolle nötige Arroganz, aber strahlt auch einiges an Menschlichkeit aus und irgendwann am Ende entdeckt er sogar in dem Verhör mit seinem Gefassten so eine Art leichter Seelenverwandtschaft. Den Part des Bösen übernahm Jean Louis Trintignant. Ebenfalls eine gute Wahl, denn auch er versteht sich auf charismatische Figuren.
Trotz der guten Einzelszenen fehlt dem Film allerdings ein bisschen die markante Handschrift, die Melville hatte. So ist "Flic Story" zwar ein unterhaltsamer Krimi mit viel French und etwas Noir Flair - aber zum Meisterwerk reichte es natürlich nicht.



Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Luftschlacht um England

























Regie: Guy Hamilton

Die Nazis gegen England...

Guy Hamiltons Kriegsfilm "Luftschlacht um England" spielte zu seiner Zeit 13 Millionen Dollar ein und präsentiert eine große Riege großer Stars. Die wahren Hauptdarsteller des Films sind aber die Spitfires der Royal Air Force und die Messerschmidts der Luftwaffe. Kein Wunder, denn Guy Hamilton war ein ausgesprochener Action-Regisseur, der bereits mit "Goldfinger" einen der besten Bondfilme ever inszenierte und nach "Luftschlacht in England" noch weitere Bond Filme wie "Diamantenfieber", "Leben und sterben lassen" und "Der Mann mit dem golden Colt" und den Kriegsfilm "Der wilde Haufen von Navarone" drehte. Es ist einer dieser Kriegsfilme, die mit einer riesigen Starbesetzung aufwarten, um ein historisches Ereignis möglichst umfassend darzustellen. Ganz in der Tradition von Genreverwandten wie "Der längste Tag" oder "Die Brücke von Arnheim" werden dem Zuschauer die vielen bekannten Gesichter präsentiert, aber keines bleibt lange im Bild. Wenn am Anfang Curd Jürgens als Baron Maximilian von Richter auftaucht, um in der Schweiz mit Ralph Richardson, der den Sir David Kelly spielt, zwischen Nazideutschland und der Insel zu verhandeln, dann dauert das nur wenige Minuten und man wird die beiden im späteren Verlauf des Films auch nicht mehr sehen.
Somit fehlt natürlich sowas wie die Charakterstudie und die Szenen schwanken zwischen den deutschen Angreifern und den britischen Piloten hin und her. Auch ein Blick auf Berlin wird gewährt und Hamilton zeigt Adolf Hitler (Rolf Stiefel) bei einer Rede, die vor allem von weiblichen Parteimitgliedern euphorisch gefeiert wird - er redet dabei siegessicher von der Einnahme Englands. Auch Reichsmarschall Hermann Göring (Hein Riess) taucht auf. Er wird am Ende sehr enttäuscht sein und die Wehrmacht als Verräter bezeichnen. Dieser Sieg der Briten geht dann auch relativ unspektakulär vonstatten, eines Morgens zeigen sich einfach keine deutschen Flugzeuge mehr.
Auf der britischen Seite tauchen bekannte Stars wie Harry Andrews, Michael Caine, Susannah York, Christopher Plummer, Robert Shaw, Laurence Olivier, Trevor Howard, Michael Redgrave, Barry Foster, Ian McShane, Kenneth Moore, Nigel Patrick, Patrick Wymark, Edward Fox, Michael Bates und Isla Blair auf. Die deutschen Soldaten werden von Dietrich Frauboes, Karl-Otto Alberty, Paul Neuhaus, Manfred Reddemann, Helmut Kircher, Peter Hager, Reinhard Horras oder Wilfried von Aaken verkörpert.




 Diese Luftschlacht um England forderte 27.450 Tote und 32.138 Verletzte unter der englischen Zivilbevölkerung. Die Royal Airforce verlor 1.547 Flugzeuge, 544 Piloten mussten sterben. Auf der deutschen Seite beklagte man 2.200 zerstörte Flugzeuge - 2.000 Luftwaffenangehörige starben, weitere 2.600 deutsche Soldaten waren vermisst oder in Gefangenschaft geraten.
Die Stärke von "Luftschlacht um England" liegt eindeutig bei den beeindruckenden Fliegerduellen, die wurden spannend und spektakulär in Szene gesetzt. Hohen Anteil am Gelingen des Films hatte auch der oscarpreisgekrönte Kameramann Freddie Young und die Filmmusik von Ron Goodwin.





Bewertung: 6,5 von 10 Punkten. 

Dienstag, 24. Juli 2018

Kes

























Regie: Ken Loach

Billy Casper und sein Falke...

Billy Casper, ein Junge aus einer tristen Bergarbeiterstadt namens Barnsley in Nordengland, trainiert auf einer grünen Wiese seinen Falken Kes. Von weitem ist die Stadt mit den vielen Schornsteinen zu sehen. Ein flüchtiger Lichtblick, der das Leben des Jungen für kurze Zeit erhellen kann. Am Ende von Ken Loachs "Kes" wird aber diese Hoffnung jäh vernichtet, das Schlußbild zeigt Billy, wie er seinen geliebten Falken in der Erde begräbt. Getötet aus Rache, denn der Junge vergaß den Tippschein seines Bruders abzugeben, der diesem 16 Pfund eingebracht hätte. Aus Wut musste dann der stolze Raubvogel dran glauben, der für den Tierquäler "nicht mal 3 Pence wert ist" - ein extrem trauriger Moment, als Billy seinen Vogel aus dem Mülleimer holt. "Kes" entstand 1969 nach dem Roman "Und fing sich einen Falken" von Barry Hines, der dann auch gemeinsam mit dem damals noch auf Anfang seiner Karriere stehenden Ken Loach das Drehbuch. An den Rechten für eine Verfilmung war auch Disney interessiert, sie bestanden allerdings am Ende auf ein Happy End. Dies wollte Hines auf keinen Fall - er sah darin die Integrität seines Werkes zerstört. Tatsächlich bezieht der sozialkritische Film seine große Stärke aus dieser Vernichtung einer Hoffnung für eine bessere Zukunft.
Intererssanterweise konnte Ken Loach lange Zeit nicht an den Erfolg von "Kes" anknüpfen, es gelang ihm jedoch Anfang der 90er aber tatsächlich ein fulminantes Comeback mit Filmen wie "Riff Raff", "Raining Stones", "Ladybird Ladybird" oder "Land and Freedom" - möglicherweise lags daran, dass man es ab dieser Zeit dem bekennenden Trotzkisten nicht mehr ganz so schwer machte wie in der Zeit von Maggie Thatcher, wo es immer mal wieder Sendeverbote oder Zensurauflagen gab. Tatsächlich erinneren Loachs Arbeiten ein bisschen an der italienischen Neorealismus. Auch "Kes" zeigt realistisch ein Bild der tristen Arbeiterstädte Nordenglands, die Jugend ist sozial benachteiligt und daher auch perspektivlos. Dies gilt für den 15jährigen Billy Casper (David Bradley). Der Vater ist abgehauen, war gewalttätig und ein Alkoholiker. Mit seinem älteren Stiefbruder Jud (Freddie Fletcher) muss er zwar das Bett teilen, doch ansonsten streiten sich die Brüder oft. Mutter Casper (Lynne Perrie) ist berufstätig, freut sich auf den Samstag, wo sie auch Männerbekanntschaften macht und kümmert sich eher wenig um ihre Sprösslinge. Billy ist in der Schule einer der Aussenseiter - er ist der Junge, der immer wieder durch Dummheiten und Streiche auffällt, aber auch von seinen Mitschülern geärgert wird. Im Sportunterricht treibt er den Lehrer zur Weißglut. Wenn der überforderte Schuldirektor Tazen auf die Handteller der Schüler verteilt, dann ist Billy meistens dabei. Ansonsten ist der Junge ein Träumer, der noch keinen Plan fürs weitere Leben hat. Eines Tages ändert sich aber alles, als Billy ein Falkennest entdeckt und dort einen der jungen Vögel mit nach Hause nimmt. Natürlich wächst mit dem Vogel auch das Interesse für die Falknerei. Der Junge bewundert seinen gefiederten Freund, weil dieser sich nicht zähmen lässt. Das Tier bleibt unabhängigig und stolz, genauso ist er fasziniert von dem Jagdverhalten des Falken. Da er das Buch über Falknerei, dass er in einem Second Hand Shop geklaut hat, eingehend studiert hat, gelingt es ihm tatsächlich das Vertrauen von Kes zu gewinnen. Nach einer gewissen Zeit sind die beiden so stark verbunden, dass Billy den Vogel frei fliegen lassen kann. Kes kehrt wieder zurück - die Freundschaft mit Kes und auch die Verantwortung, die mit dieser Freundschaft verbunden ist, stärken den Jungen mental. "Kes" ist kein Spielzeug, sondern ein Lebewesen, dem man Respekt zollt. In der Englischstunde spricht Billy über sein neues Hobby, der Englischlehrer Mr. Farthing (Colin Welland) lobt den Jungen dafür und auch die Mitschüler hören andächtig zu als der Junge von seinen Erfahrungen mit dem Falken erzählt..






Leider endet der Film sehr traurig und die Einstellung von Jud macht einfach traurig, vor allem weil man diese destruktive und zerstörerische Verhaltensweise auch immer wieder in den eigenen Erlebnissen finden kann. "Kes" ist ein wunderschöner Film über die Freundschaft, über das Verhältnis zwischen Mensch und Tier und über die wichtigen Dinge des Lebens. Ebenso ein Plädoyer für Freiheit. Ebenso aber werden diese schönen Momente von einer zerstörerischen Kraft heimgesucht, die in einem Augenblick alles kaputtmachen kann, was einen Wert hat. Loach hat einen emotional aufwühlenden Film gemacht mit sehr viel beeindruckenden Einzelszenen. Unvergessen die Sequenz vom Sportunterricht, wo der Lehrer den großen Fuballgott mimt und die Jungs total schikaniert. Man sieht wie überfordert die Lehrer auch mit den Schülern sind, die nicht ganz so gute Startmöglichkeiten in einen Beruf haben werden. "Kes" kam in der Umfrage über die 100 besten britischen Filme aller Zeiten auf Platz 7 - ein Rang, den er auf alle Fälle verdient hat. Noch immer ist "Kes" das absolute Meisterwerk eines Spitzenregisseurs, der viele gute Filme realisiert hat. Der nüchterne Dokucharakter des Films verstärkt sogar die emotionale Wucht, die der Film in sich hat. Die meisten Figuren wurden von Laiendarstellern gespielt - so auch David Bradley der junge Hauptdarsteller, der Sohn eines Bergarbeiters, blieb bei der Schauspielerei und konnte in der Theateraufführung des Stückes "Equus" große Erfolge feiern.
 




Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

Die Affäre Dominici

























Regie: Claude Bernard-Aubert

Dreifachmord nahe des Grand Terre Bauernhofs...

Claude Bernard-Auberts Gerichtsthriller "Die Affäre Dominici" aus dem Jahr 1973 rollt einen aufsehenerregenden Mordfall aus dem Jahr 1952 wieder auf. In der Nacht vom 4ten auf den 5ten August 1952 campiert der 61jährige britische Wissenschaftler Sir Jack Drummond (Colin Drake) mit seiner 44jährigen Frau Lady Anne Drummond (Jane Martel) und der gemeinsamen 10jährigen Tochter Elizabeth (Nicole Giroux) nahe des La Grand Terre-Bauernhofs, dass der Familie Dominici gehört. Die drei übernachten direkt neben der Straße,  nur wenig ausserhalb des Dorfes Lurs im Departement Basses. Der Familienpatriarch Gaston Dominici (Jean Gabin), zu diesem Zeitpunkt bereits weit über 70 Jahre alt, sieht die Durchreisenden als er bei seinen Ziegen Halt macht und wird von dem Mädchen der Drummonds noch kurz angesprochen. Dann bricht die Nacht herein. Ein Blick auf den Hof des Bauern, kaum 200 Meter davon entfernt die Straße und der Weg, auf dem die Briten ihr Nachtlager aufgeschlagen haben. Dann fallen mehrere Schüsse. Am anderen Morgen findet Dominicis Sohn Gustave (Viktor Lanoux) drei Leichen - es ist die britische Familie. Mutter und Vater erschossen, das kleine Mädchen brutal erschlagen - Kommissar Sebaille (Paul Crauchet) wird mit dem mysteriösen Mordfall betraut. Und er steht unter mächtigen Druck, denn die französische Regierung will so schnell wie möglich den Täter präsentieren, denn die Briten machen Druck.
Tatsächlich liegt es sehr nahe, dass jemand aus dem Dominici-Clan der Täter sein könnte. Doch die Familienmitglieder schweigen eisern - so vage sind auch die Ermittlungsergbnisse. War es die Tat eines senilen Unholds. Der Neffe des Patriarchen Roger Perrin (Gerard Depardieu) ist leicht schwachsinnig und dort in der Gegend wird viel gejagt. Möglicherweise wars gar ein halber Unfall ? Und auch letzte Reflexe der französischen Resistance des 2. Weltkriegs werden in Betracht gezogen, weil hier bei vielen Familien heimlich Waffen aus dem Krieg lagern.
Der älteste Dominici Sohn Clovis (Gerard Darrieu) wirkt bei den Befragungen so als wüsste er wesentlich mehr. So bleibt der Kommissar bei der Familie präsent, was dem Familienoberhaupt gar nicht gefällt. Er verhält sich immer abweisender und versagt dem Ermittler auch die Mitarbeit. Auch die Frauen der Familie sagen nichts - weder Ivette (Genevieve Fontanel), Ehefrau von Gustave noch die alte Marie (Evi Maltagiati), Frau von Gaston. Da die Ermittlungen nur schleppend vorankommen, entwickelt der Ermittler eine Theorie: Es muss Sexualmord gewesen sein, begangen vom alten Gaston Dominici. Tatsächlich gelingt es ihm mit Fangfragen die beiden Söhne zu einer Aussage gegen den Vater zu bringen. Gestützt von den beiden Geständnissen der Söhne, die den Vater des Mordes bezichtigen, wird Gaston Dominici verhaftet und 1957 zum Tote durchs Schafott verurteilt...



Dieses Gerichtsurteil war extrem umstritten, zumal Gaston Dominici sein äusserst fragwürdiges Geständnis sofort auch widerrief und auch die Söhne vor Gericht ihre Anschuldigung zurücknahmen. Sie begründeten die Geständnisse mit dem Druck und der Brutalität in der Verhören der Polizei. Sehr eindrücklich war auch das Geflecht diverser Lügen, dass im Gerichtsprozess immer wieder den Rahmen sprengte. Dennoch kam der Richter zu diesem harten Urteil - lediglich aufgrund fragwürdiger Indizien - das Todesurteil für den 77jährigen Bauern wurde gemildert in eine lebenslange Strafe und 1960 begnadigte Charles de Gaulle den Mann aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes. Gaston Dominici starb 5 Jahre später - der Mörder, wer auch immer es war, nahm sein Geheimnis mit ins Grab. Claude Berard-Auberts Film kann diese Frage zwar nicht beantworten, doch für den Zuschauer wird es dennoch offensichtlich, dass die Familie irgendetwas verschwiegen hat.
Alternative Theorien über die Hintergründe der ermordeten Briten kursieren seit Jahrzehnten: Dominici habe einen seiner Söhne schützen wollen, ist dabei noch die konventionellste Annahme. In anderen Varianten der Geschichte war Sir Drummonds ein britischer Geheimagent, der sich in Frankreich wahlweise mit früheren Verbündeten in der französischen Résistance überworfen hatte oder dort von sowjetischen Spionen getötet worden war.
Jean Gabin liefert in der Rolle des despotischen Angeklagten eine wunderbare Vorstellung - es wurde eine seiner besten Darstellungen seines Spätwerks.




Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Sonntag, 22. Juli 2018

Brimstone

























Regie: Martin Koolhoven

Böser Prediger....

Der niederländische Regisseur Martin Koolhoven hat sich für seinen neuen Film "Brimstone" sehr viel Zeit gelassen, denn dessen Vorgänger "Winter in Wartime" (Original: Oorlogswinter) stammt aus dem Jahr 2008 und war der holländische Beitrag fürs Oscarrennen um den besten ausländischen Spielfilm. Mit "Brimstone" hat er sich ins Westerngenre hineingewagt, er bereichert aber diese Filmgattung mit einem sehr besonderen "feministischen" Westernfilm, der das Leben der europäischen Immigranten im neuen Land zum Thema nimmt. Und auch deren fundamentalistischen Glauben - nicht nur in der Gestalt des völlig fiesen Reverend (Guy Pearce), der sichtlich dem falschen Priester und Psychopathen Harry Powell aus Charles Laughtons Meisterwerk "Die Nacht des Jägers" nachempfunden ist. Am deutlichsten wird dies in zwei Szenen, die fast schon 1:1 dem Original nachempfunden sind. Auf der Flucht von Liz (Dakota Fanning) mit ihrem Adoptivsohn Matthew (Jack Hollington) und Töchterchen Sam (Ivy George) fällt der Satz "Gibt er denn nie auf ?" gerade in dem Moment als die Flüchtenden wieder den Gesang des Priesters, der sie verfolgt, in der Ferne hören. Eine andere Szene zeigt Liz auf der Veranda im Schaukelstuhl, bewaffnet mit der Knarre - in "Die Nacht des Jägers" war es Lilian Gish, die vom Regisseur so in Szene gesetzt wurde. Und dieser Mann Gottes ist tatsächlich die Ausgeburt der Hölle - er spricht ja selbst davon, dass er der reißende Wolf ist, der im Schafspelz auftaucht. Tatsächlich ist "Brimstone" ein sehr interessanter Genrebeitrag, ein Western, der lediglich in der Optik des Westerns gemacht ist, aber ansonsten mehr Thriller und Rachefilm ist.
Aufgebaut ist "Brimstone" in vier Kapitel, die ihrerseits auch wieder sehr eigenwillig angeordnet sind.
Der erste Part "Offenbarung" zeigt Liz, die auch als Hebamme ihr Geld verdient, als stumme Ehefrau des Farmers Eli (William Houston) im Sonntagsgottesdienst, den der neue Priester (Guy Pearce) abhält. Liz erzittert beim Anblick des Geistlichen als wenn der leibhaftige Teufel aufgetaucht wäre. Als der Mann Gottes eine Schwangere begrüßt und diese berührt, bekommt sie Ängste. Und tatsächlich wird sie nach dem Gottesdienst noch als Geburtshelferin fungieren müssen, denn die Frau bekommt in der Kirche ihre Wehen. Doch die Geburt erweist sich als gefährlich und so entschließt sich Liz eher die Frau  zu retten als das Neugeborene. Der Vater des toten Kindes ist ausser sich vor Wut und schießt ein paar Tage später ins Fenster des Schlafzimmers von Eli und Liz. Der Priester kommt zur Hilfe und kann den Aufgebrachten beruhigen, doch er kommt um Liz zu bestrafen, wie er sich in einem kurzen Moment äussert, als er allleine mit der stummen Liz ist. Doch es kommt noch schlimmer: Er droht der kleinen Sam was anzutun und sticht die Schafe von Matthew alle ab. Als er auch noch Eli meuchelt, flüchtet Liz mit den Kindern und der 2. Teil Exodus wird gezeigt: Hier wird die 13jährige Joanna (Emilia Jones) von einer chinesischen Familie gefunden und an ein Hurenhaus verkauft wird, dass von Frank (Paul Anderson) geleitet wird. Die Frauen haben kein gutes Leben. Als eine ältere Prostutierte der jungen Joanna bei einem Freier beistehen will, kommt es zum äussersten - sie erschießt den aggressiven Kunden und wird natürlich aufgehängt. Die Jahre vergehen - die kleine Joanna entpuppt sich als Liz aus dem ersten Kapitel. Sie arbeitet inzwischen in dem Etablissement. Der Ungehorsam der Prostituierten Elizabeth (Carla Juri) wird bestraft, indem man ihr die Zunge herausschneidet. Bald taucht in der Stadt ein Freier auf, der für eine Nacht alle Frauen auf einmal mietet - es ist der Reverend und wieder kann Joanna/Liz entkommen und die Flucht einschlagen. Kapitel 3 ist die Rückblende dieser Rückblende und zeigt die erste Zeit im neuen Land einer niederländischen Familie. Das Familienoberhaupt, der Vater ist Reverend und nicht glücklich mit seiner Frau Anna (Carice van Houten), die wenig Spass an den ehelichen Freuden hat. So hat der Mann Gottes in seinem kranken Gehirn bereits seine Tochter Joanna als Ehepartnerin auserkoren. Als die Eltern in der Stadt sind, wo der Reverend seiner ungehorsamen Frau eine Schandmaske anlegt, tauchen zwei Verletzte Halunken auf der Farm auf. Das junge Mädchen verarztet die Männer und versteckt sie im Schweinestall. Dann will der fiese Vater den Geschlechtsakt mit seiner Tochter vollziehen - es gelingt dem Mädchen die Flucht . Im 4. Kapitel wird die Flucht vom ersten Teil fortgesetzt. Es kommt dabei zum Showdown zwischen Vater und Tochter...




Martin Koohhovens Film ist sehr düster und grimmig und ich glaube es hätte dem Film generell gut getan, wenn der Regisseur etwas subtiler vorgegangen wäre. So reiht sich eine drastische Szene nach der anderen - dreimal gibts drastische Erhängungen zu sehen, einige explizit gezeigte Kopfschüsse, das Mädchen muss ein Schwein erschießen, ein blutiges totes Pferd liegt in der Einöde, den Schafen wurden brutal die Eingeweide entfernt und und und.
Hier wäre meines Erachtens weniger viel mehr gewesen. Denn die Story hätte auch gut ohne soviel drastische Szenen funktioniert. Der größte Pluspunkt von Koohlhovens Film ist für mich die Neuentdeckung Emilia Jones, die die 13jährige Joanna unheimlich gut spielt. Auch Dakota Fanning überzeugt in der Rolle der stummen Frau mit ihren vielen Geheimnissen. Guy Pearce in der Fußstapfen von Robert Mitchum. Die Rolle ist durchweg böse, da gibts kein Schwarz-Weiß und die Bosheit lässt auch keine Schattierungen zu. Somit auch hier irgendwie zu offensichlich und grobschlächtig konzipiert. Dennoch und trotz der Verweise auf ein überlebensgroßes Vorbild ist dem Holländer ein sehr interessanter Film gelungen, der auch kameratechnisch keine Wünsche offen lässt: Chefkameramann Rogier Stoffers stammt ebenfalls aus Holland und machte die Cinematographie der Filme "Der Mongole", "Disturbia" und "Quills".  Für "Der Mongole" erhielt er bereits den europäischen Filmpreis. Diesen Preis bekam auch "Brimstone" - allerdings in der Kategorie bestes Maskenbild, für das Leendert van Nimwegen ausgezeichnet wurde.





Bewertung: 7 von 10 Punkten.