Montag, 20. Mai 2019

Das Verfahren ist eingestellt, vergessen sie´s

Regie: Damiano Damiani

Ein Bürger in Untersuchungshaft...

Der italienische Filmemacher Damiano Damiani feierte seine größten Filmerfolge Ende der Sechzigerjahre, Anfang der Siebziegerjahre im Genre des Mafiafilms. "Der Tag der Eule", "Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert", Warum musste Staatsanwalt Traini sterben ?" und "Das Verfahren ist eingestellt, vergessen sie´s" waren seine bekanntesten Arbeiten. Die Filme hatten nicht nur in Italien Erfolg, sondern fanden auch eine breite internationale Beachtung. In allen Filmen spielte Franco Nero die Hauptrolle.
Dabei beschäftigen sich seine Thriller nicht mit dem Aufzeigen der gängigen Strukturen der Mafia wie es sein Regiekollege Francesco Rosi tat. Bei Damiano Damiani bleibt die Organisation immer im Hintergrund, sie ist gar nicht so leicht greifbar. Aber mehr und mehr erkennt der Zuschauer, dass sehr viele Protagonisten in diesem System mitwirken. Sie profitieren von der Mafia und die Mafia profitiert von diesen Menschen. Durch dieses zusammenhängende Geflecht ist es auch sehr schwierig dieser Organisation beizukommen, denn sie halten zusammen wie Pech und Schwefel.
In dem 1971 entstandenen Gefängnisfilm "Das Verfahren ist eingestellt, vergessen sie´s" wird der unbescholtene Bürger, Architekt Vanzi (Franco Nero) Zeuge wie stark die Mafia wirklich ist und am Ende wird er sich auch mit diesem System arrangieren. Somit ist Damianis Film Pessimismus pur.
Architekt Vanzi ist glücklicher Familienvater, doch der Vorwurf der Fahrerflucht nach einem Verkehrsunfall mit Todesfolge bringt den bis dato rechtschaffenen Bürger in Untersuchungshaft. Doch der Direktor der Strafvollzugsanstalt (Ferruccio de Ceresa) gibt ihm dem guten Rat friedlich und ruhig zu bleiben, dann ist diese Haft nur halb so schlimm. Und als angesehener Bürger ist man eh sehr schnell wieder draußen. Auch sein Anwalt (Damiano Damiani) macht ihm Hoffnungen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wann er wieder zuhause bei seinen Lieben sein kann. Im Knast wird der Bürger der gehobenen Mittelschicht schräg angesehen und in seiner Zelle liegt ein wegen Mordes verurteilter, aufbrausender Gangster (John Steiner), der versucht bei jeder Gelegenheit zu provozieren. Vanzi hat sehr schnell von dem Einfluss des Mafiosi Salvatore Rosa (Claudio Nicastro) gehört, dem es sehr gut im Knast geht, weil er noch höhere Paten mit seinem Schweigen vor einer Verurteilung geschützt hat. Er bittet ihn um die Verlegung in eine andere Zelle und tatsächlich wird sein Wunsch prompt erfüllt. In der neuen Zelle sitzt der misstrauische Pesenti (Riccardo Cucciolla), der sich anfangs sehr ablehnend gegenüber Vanzi verhält. Dieser hat bemerkt, dass Pesenti dem Mithäftling Ventura (Antonio Casale) im Hof einen Zettel zugesteckt hat. Dies bekommen anderen Häftlinge mit, die daraufhin ventura krankenhausreif prügeln, um an diese Nachricht zu kommen. Langsam erfährt Vanzi auch, warum Pesenti so paranoid auf ihn reagiert - er glaubt, dass Vanzi Handlanger für die Mafia ist, die ihn hier im Gefängnis ausschalten wollen. Schließlich ist er ein Kronzeuge in einem Prozess über Korruption in den höchsten Kreisen. Ventura lebt sehr gefährlich. Und irgendwann muss sich auch Vanzi für eine Seite entscheiden...





Dem Zuschauer wird nach und nach immer mehr bewusst, dass selbst der Oberaufseher, gespielt von Turi Ferro, in dieser Struktur mitmischt und er wird Zeuge dieses Systems durch die Augen des Architekten, der immer mehr erkennt, dass er gegen diese Macht nicht die geringste Chance hat. Er wird sich also am Ende fürs Mitläufertum und auch für den gesunden Egoismus entscheiden, der ihn aus dem Gefängnis bringt. Der andere Weg wäre die Auflehnung gegen dieses übermächtige, nicht greifbare System der Mafia. Am Ende ist er mit seiner Frau zu sehen, sie leben ihr Leben unbeschwert weiter. Von seiner Jacht aus, sieht er ein unbekanntes Mädchen, dass ihm eine Frage stellt. Es ist die Tochter seines ehemaligen Zellengenossen Pesenti.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Zwei Särge auf Bestellung



















Regie: Elio Petri

Gefährliches Sizilien...

Elio Petri gilt neben Francesco Rosi und Damiano Damiani als Begründer des sehr pessimistischen Mafiafilms aus Italien. Höhepunkt seiner Karriere war sicherlich der Gewinn des Oscars im Jahr 1971 in der Kategorie "Bester ausländischerr Film" für seinen brillianten "Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger". Leider ist dieser Film immer noch nicht in einer deutschsprachigen DVD-Ausgabe erhältlich. Dafür aber sein 1967 realisierter Sizilien-Thriller "Zwei Särge auf Bestellung" - auch in diesem Film spielt Gian Maria Volonte die Hauptrolle. Wie in allen guten Mafiafilmen aus dieser Dekade zeichnet auch Elio Petris Film ein komplexes Bild der politischen und gesellschaftlichen Situation Italiens. Darüberhinaus sind diese Filme von zynischer Machart, denn am Ende siegt meistens nicht das Gute und der Regisseur gibt für die Zukunft wenig Hoffnung. Allein gegen einen riesigen Feind anzukämpfen erscheint als ziemlich aussichtslos. Und wenn man zu weit in diese korrupten Strukturen vorgedrungen ist, dann ist auch irgendwann das eigene Leben in Gefahr.
Der örtliche Apotheker Arturro Manno (Luigi Pistilli) bekommt anonyme Briefe. In diesen Briefen wird er mit Mord bedroht. Seine Freunde, dazu gehören auch der introvertierte Geschichtsprofessor Paulo Laurano (Gian Maria Volonte) und Dr. Antonio Roscio (Salvo Randone), haben sofort den Verdacht, dass es mit Arturros ständigen Frauengeschichten zu tun hat. Der verheiratete Apotheker rennt jedem Rock hinterher und unter seinen vielen Geliebten sind auch verheiratete Frauen. Daher könnte eine eifersüchtige Geliebte hinter diesen Briefen stecken aber auch ein gehörnter Ehemann. Jedenfalls versucht sich Manno nicht einschüchtern zu lassen. Doch so ganz wohl ist es ihm nicht. Eines Morgens geht er gemeinsam mit Roscio auf die Jagd und er entdeckt in dieser sonst fast menschenleeren Gegend noch ein anderes Auto, dass dort parkt. Das könnten auch Jäger sein und die beiden rufen laut, um sich bei den anderen Jägern bemerkbar zu machen. Doch schon sackt auch Manno zusammen - er wurde von einer Kugel getroffen. Eine zweite Kugel ist tödlich, danach wird auch Roscio ermordet. Paulo Laurano kann es nicht fassen und stellt eigene Nachforschungen an. Die Buchstaben des anonymen Briefes stammen aus dem Osservatore Romano, der Tageszeitung des Vatikan. Und die wird nur von zwei Geistlichen des Ortes bezogen. Die Polizei hat auch schnell drei Verdächtigen festgenommen. Es sind der Vater und die zwei Brüder der minderjährigen Rosina (Luciana Scalize), die aber ein Alibi für die Tatzeit haben und zudem noch nicht mal lesen und schreiben können. Laurana bittet seinen Freund, den Anwalt Rosello (Gabriele Ferzeti), die Verteidigung für diese zu Unrecht eingesperrten Verdächtigen zu übernehmen. Und er kümmert sich um Roscios Witwe Luisa (Irene Papas), in der heimlich verliebt ist...





Das Drebhuch, das Elio Petri gemeinsam mit Ugo Pirro schrieb, ist meisterhaft aufgebaut und die wahren Strippenzieher des Mordes bleiben immer im Dunkel. Sie sind bestens geschützt und sitzen am längeren Hebel. Dies weiß der Geschichtsprofessor, dennoch läßt ihn dieser Mordfall nicht mehr los. Diese Geschichte ist bis zum Schluß und noch danach sehr bedrückend. Auch die Schauspieler sind perfekt besetzt. Gian Maria Volonte und Irene Papas spielen perfekt das Paar, dass in einem Fall ermittelt, den man besser auf sich beruhen lassen sollte.




Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Die Macht und ihr Preis

























Regie: Francesco Rosi

Cadavre Exquis...

Francesco Rosi (1922 bis 2015) war einer der großen italienischen Filmregisseure, der sich vor allem durch seine neorealistischen Mafiafilme wie "Wer erschoss Salvatore G?" und "Hände über der Stadt" auch international einen ausgezeichneten Ruf erwarb. Mit dem poetischen Kinofilm "Christus kam nur bis Eboli" aus dem Jahr 1979 änderte er seinen bisherigen Filmstil. Er wurde während seiner Schaffenszeit mit mehr als 30 internationalen Film- und Festivalpreisen ausgezeichnet. Einer seiner überzeugendsten Filme ist der 1976 entstandene Mafiathriller "Die Macht und ihr Preis" nach dem Roman "Equal Danger" von Leonardo Sciascia. Der Originaltitel des Films heißt "Cadaveri Eccellenti" und bezieht sich auf das von Andre Breton erfundene surrealistische Spiel "Cadavre Exquis", in dem die Teilnehmer aufeinanderfolgende Abschnitte einer Figur zeichnen, ohne zu sehen, was die vorherige Person gezeichnet hat, was zu unvorhergesehenen Ergebnissen führt. Damit beschreibt dieser Titel auch den unvorhergesehenen Vorstoß von von Inspektor Amerigo Rogas, gespielt von Lino Ventura, in eine Welt der politischen Manipulationen.
Bereits die erste Szene gibt dem Zuschauer ein gewisses Unbehagen. Der alte Ermittlungsrichter Vargas (Charles Vanel) besucht ein Museum in Palermo. Dort läuft er durch eine Halle voller Mumien. Man hat das Gefühl als würden diese Figuren mit ihm kommunizieren. Als er das Museum verlässt, scheint draußen die Sonne. Ein trügerischer Augenblick, wie sich kurze Zeit später herausstellen wird. Denn der Richter, der es vorzieht nicht zu seinem Chauffeur in den Wagen zu steigen, sondern ein bisschen zu Fuß zu gehen, wird auf offener Straße erschossen. Der angesehene Inspektor Rogas (Lino Ventura), bester Mann seines Faches, nimmt die Ermittlungen auf. Dabei finden in der Stadt zeitgleich viele Demonstrationen und Streiks statt. Das Land steckt in politischen Spannungen zwischen den Kommunisten un der christdemokratischen Regierung. Rogas ist ein Mann, der festes Vertrauen in die Integrität der Justiz hat. Während seiner Ermittlungen werden zwei weitere Richter auf die gleiche Weise ermordet. Rogas findet heraus, dass die drei Todesopfer in mehreren früheren Fällen zusammengearbeitet haben. Er wird vom Polizeichef (Tino Carraro) ermutigt, diesen verrückten Serienkiller zu finden, der es auf die Richter abgesehen hat. Er findet drei Männer heraus, die von den toten Richtern höchstwahrscheinlich zu Unrecht verurteilt wurden. Er glaubt zuerst, dass einer dieser Männer der Täter sein könnte. Vor allem ein Mann in Cres, der wegen des Versuchs seine Frau zu töten verurteilt wurde. Mrs. Cres (Maria Carta) warf ihrem Ehemann vor, sie durch Vergiftung ihres Milchreises zu töten, dem sie nur entkommen konnte, weil sie zuerst ihrer verstorbenen Katze eine kleine Portion gegeben hatte. Immer mehr keimt jedoch der Verdacht auf, dass er einem Staatsstreich auf der Spur ist. Und er ist fest überzeugt, dass der Präsident des Obersten Gerichtshofs (Max von Sydow) das nächste Opfer dieses undurchschaubaren Komplotts auf höchster Ebene sein wird...








In weiteren Nebenrollen sind Fernando Rey als Justizmiinister, Alain Cuny als Richter Rasto und Paolo Bonacelli als Dr. Maxia zu sehen. Francesco Rosi zeichnet ein erschreckendes Bild einer Elite, die fest entschlossen ist eine große angelegte Verschwörung zu tätigen. Dazu nutzen sie die Tat eines verrückten Rächers aus, um eine Vielzahl unabhängiger Richter aus dem Weg zu räumen. Leider merkt der ermittelnde Kommissar zu spät, dass er schon im Visier dieser Mörder ist. So endet "Die Macht und ihr Preis" auch ungeheuer pessimistisch. Der Film gehört aber zweifelsohne zu den Hauptwerken des Genres "Politthriller" und der Regisseur und die Produzenten des Films wurden seinerzeit von der italienischen Justizbehörden angeklagt. Lino Ventura spielt klasse und Kameramann Pascalino de Santis (oscar für "Romeo und Julia") nutzte die Gelegenheit  die interessanten, sehr oft düsteren Drehorte in effektive Bilder zu kleiden. So beginnt der Film in einem Museum, als stumme Zeugen fungieren Mumien. Auch das Ende findet in einem Museum statt. Der Kommissar schreitet durch eine Halle voller Büsten, wo er sich mit dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei trifft.







Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Montag, 13. Mai 2019

Butch Cassidy und Sundance Kid

























Regie: George Roy Hill

Zwei Banditen...

Der relaxte Filmsong "Raintrops keep fallin on my head" von B. J. Thomas ist auch das Programm des Films "Butch Cassidy and the Sundance Kid" von George Roy Hill aus dem Jahr 1969.
Alles wirkt sehr cool und locker.
Im Filmjahr 1969 belegte dieser besondere Western noch vor "Asphalt Cowboy" von John Schlesinger und "Easy Rider" von Dennis Hopper Platz 1 der Kinojahrescharts. Alleine in den USA spielte "Butch Cassidy and the Sundance Kid" 102 Millionen Dollar ein.
Ein Riesenkassenerfolg, der aufgrund der beiden lässigen Hauptdarsteller Paul Newman und Robert Redford möglich wurde. Die beiden bummeln albernd durch ihren Westernalltag und überfallen aus reinem Übermut mit ihrer Hole in the Wall Gang einfach mal einen Überfall auf die Union Pacific Eisenbahn. Der erste Überfall verläuft nach Plan und warum sollte man das nicht noch ein zweites Mal machen ?
Doch diesmal ist die Bahn darauf vorbereitet und hat eine Verfolgertruppe aufgestellt, die mit allen Wassern gewaschen sind. Mit dabei die besten Fährtenleser und die treffsichersten Schützen. Butch und Sundance werden verfolgt und immer dann, wenn sie glauben, dass sie die hartnäckigen Verfolger abgeschüttelt zu haben, müssen sie feststellen, dass die immer noch auf ihrer Spur sind.
Die beiden sind gezwungen aus gefährlicher Höhe in einen reißenden Fluß zu springen - so gelingt ihnen die Flucht am Ende doch noch erfolgreich. Doch ab Jetzt sind die beiden Eisenbahnräüber gewarnt. Mit den Pinkerton Detektiven ist nicht zu spaßen und es ist weiterhin mit denen zu rechnen. So entschießen sich die beiden mit der gemeinsamen Freundin Etta Place (Katharina Ross) nach New York zu gehen, wo sie ein Schiff Richtung Bolivien nehmen. Dort ist den beiden Draufgängern aber auf die Dauer auch sehr langweilig und sie rauben wieder einige Banken aus. Zu Ihrer Überraschungen stellen sie dann entsetzt fest, dass die Verfolger aus den USA, ihnen hier nachgereist ist. Wieder sind sie in der unglücklichen Rolle der Verfolgten. Etta kehrt nach Hause zurück. Butch und Sundance versuchen es nun auf dem ehrlichen Weg. Doch auch das geht schief, weil ein von ihnen bewachter Transport von Lohngeldern von anderen Banditen ausgeraubt wird. Sie werden zwar mit den Gangstern fertig, verschwinden aber mit dem geretteten Geld im Dschungel. Doch die bolivianische Armee sucht sie bereits. In einem Bergdorf endet das wilde Treiben, denn sie kommen im Kugelhagel der Soldaten ums Leben...






Ein Leben, dass ihnen zumindest großen Spass gemacht hat. Dies vermittelt der Film, der die gängigen Formeln des Westernfilms völlig ausser Acht lässt und ganz langsam vergnügt vor sich hin plätschert. Kameramann Conrad Hall wurde mit dem Oscar ausgezeichnet. Auch der Filmsong war erfolgreich, ebenso das Drehbuch von William Goldman und auch die Filmmusik von Burt Bacherach. Die Helden werden dabei humorig gezeichnet. In Wirklichkeit waren sie aber unverbesserliche und brutale Gangster, die vermutlich 1908 in Bolivien starben. Der Film endet mit diesem eingefronenen Bild der beiden, die sich feuernd, aber völlig hoffnungslos, den Tod vor Augen aus ihrem Versteck wagen.







Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.