Mittwoch, 29. November 2017

Wer mich liebt nimmt den Zug

























Regie: Patrice Chereau

Mit dem Zug nach Limoges..

Am Ende des Films "Wer mich liebt, nimmt den Zug" schwenkt die Kamera von Eric Gautier, untermalt von der Musik von Gustav Mahler,  noch einmal auf die Orte der Handlung. Auf den Friedhof von Limoges, aus der Vogelperspektive über die Stadt und vorbei an dem Bahnhof. Neben dem Historienspektakel "Die Bartholomäusnacht" ist dieser 1998 entstandene Ensemblefilm sicherlich die beste Arbeit des Regisseurs Patrice Chereau, der 2013 im Alter von nur 68 Jahren an Lungenkrebs starb.
Dabei ist ihm ein kleines Filmjuwel geglückt, vorausgesetzt man kann sich darauf einlassen, dass sich die Geschichte um eine Trauergesellschaft erst einmal entfalten muss, bevor sie zu wirken beginnt. Anlass für das Treffen von vielen neurotischen Zeitgenossen ist der Tod des Malers Jean-Baptiste Emmerich (Jean-Louis Trintignant). Die Filmidee basiert auf einer wahren Begebenheit: Der berühmte Filmemacher Francois Reichenbach bestimmte für seine Beerdigung die Fahrt mit der Eisenbahn. "Wer mich liebt, wird den Zug nehmen" und so machten sich seine Familie und Freunde 1993 auf und wurden Bahnreisende.
In Paris steigen Freunde und Verwandte ein. Darunter das Freundespaar Francois ((Pascal Gregory) und Louis (Bruno Todeschini). Der sieht in der Bahnhofhalle den jungen Bruno (Sylvain Jacques) und ist total fasziniert von dem attraktiven Boy. Zwischen Claire (Valeria Bruni Tedeschi) und ihrem Mann Jean-Marie (Charles Berling) herrscht Funkstille. Der wilde Thierry (Roschdy Zem) fährt als einziger mit dem Auto, er transportiert den Sarg. Ein echter Paradiesvogel ist Viviane (Vincent Perez). Es stellt sich bald heraus, dass sie in ihrem früheren Leben Emmerichs Sohn Frederic war. Der erste Teil der Geschichte spielt in den Abteilen des Zugs zwischen Paris und Limoges. Einmal hält der Zug für eine längere Zeit. Dort minimiert sich die Reisegesellschaft. Teil 2 ist das Begräbnis auf dem Friedhof. Dort werden die Trauergäste vom Zwillingsbruder des Verstorbenen, dem Schuhfabrikanten Lucien (Jean-Louis Trintignant) empfangen. Später trifft man sich im Haus von Lucien. Dort lassen die Gäste dann auch ihre Masken fallen....




Die Sequenzen im Zug wurden auch dort gedreht, dies erzeugt natürlich die richtige Energie für den Film. Die Handkamera sorgt zusätzlich für ein Gefühl von rauschenden Bewegungen und schwankenden Details. Bei der Cesar Verleihung 1999 war "Wer mich liebt, nimmt den Zug" einer der Abräumer und erhielt insgesamt 3 Preise: Beste Regie, beste Kamera sowie Dominique Blanc als beste Nebendarstellerin. Sie spielt im Film die Catherine. Mich hat der Film von der ersten Minute an gefesselt. Allerdings bekommt man nicht sofort serviert in welchen Beziehungen die Personen zueinander stehen. Zuerst ist hektisches Treiben angesagt und das Szenario mit vielen Personen erinnert ein bisschen an einige Filme von Robert Altman. Allerdings mit sehr starkem französischem Flair. Dabei erweist sich Chereau als genauer und feinfühliger Beobachter, er hat ein Gespür für die Melancholie und spart auch nicht mit einem gewissen sarkastischem Humor.





Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

Tee im Harem des Archimedes

























Regie: Mehdi Charef

Ein Tag im Viertel, ein Augenblick am Strand...

Einer der Nebenfiguren im Films "Tee im Harem des Archimedes" ist Balou (Charly Chemouny). Er war der Schulkamerad der Freunde Pat (Remi Martin) und Madjid (Kader Boukhanef), den beiden Hauptfiguren der Geschichte. Die Freunde können sich noch daran erinnern als Balou das Theorem des Archimedes an die Tafel schreiben musste und stattdessen "Tee im Harem des Archimedes" verstand und als er diesen kryptischen Satz aufschrieb, hagelte es eine Ohrfeige vom Lehrer.  Diese Szene zeigt eindrücklich die Ferne der beider Kulturen. Regisseur Mehdi Charef verfilmte dabei sein eigenes gleichnamiges Buch und gewann damit 1985 in Cannes den Preis des jungen französischen Kinos. Ausserdem gewann Charef einen Cesar im Jahr 1986 für das beste Erstlingswerk. Auch heute - nach mehr als 30 Jahren - ist sein Film genauso aktuell wie in seiner Entstehungszeit und ist eine Art Vorläuferfilm von Matthieu Kassowitz "La haine", der genau 10 Jahre später entstand. Ort der Handlung in beiden Filmen ist irgendein trostloses Wohnviertel am Rande von Paris und die Figuren sind junge Verlierertypen, die miteinander befreundet sind. Sie halten zusammen und kennen diesen Rassismus nicht, der das Land bewegt und Franzosen und Zuwanderer trennt. Im Ghetto sind sie nur stark, wenn sie zusammenhalten. Doch das Leben in den Banlieues ist hart für Madjid und Pat. Zum Alltag gehören die Arbeitslosigkeit, das Rauschgift, der Alkohol und Madjid wird vor allem ausserhalb seines Viertels mit der Ausländerfeindlichkeit konfrontiert. Es hat es viel schwerer einen Job zu bekommen. Seine Mutter (Saida Bekkouche) hält den Sprößling für eine Versager. Der Vater (Brahim Genahim) ist psychisch schwer krank und kann daher keiner geregelten Arbeit nachkommen. Madjid würde gerne Fahrlehrer werden, doch ohne französische Staatsbürgerschaft hat er keine Chance. So leben die Jungs in den Tag hinein. Sie halten sich mit Einbrüchen, Diebstählen, Zuhälterei und Prostitution über Wasser. Das Leben findet tagsüber draußen auf der Straße, am Abend in den Kellern der Hochhäusern statt. Dort ist der Jugendtreff, wo man ohne Ziel abhängen kann. Madjid ist auch in Pats Schwester Chantal (Nathalie Jadot) verknallt, der es jetzt etwas besser geht, da sie einen Job gefunden hat. Eines Tages klauen die Freunde einen Wagen und fahren ans Meer...



Eine Szene, die für kurze Zeit fast so wirkt, als könne man aus dem engen Käfig des Alltags ausbrechen. Doch der befreiende Blick aufs Meer ist eine Illusion, was sehr schnell klar wird und ehe man sich versieht ist man wieder mit beiden Beinen auf dem Boden der Tristesse angekommen. Die Location wird von Mehdi Charef sehr glaubwürdig eingefangen, alles wirkt echt und authentisch. Auch die beiden jungen Darsteller liefern eine klasse Leistung ab. Sehr schnell wurde "Tee im Harem des Archimedes" völlig zu Recht ein Kultfilm und dies ist er bis heute geblieben. Charef gelang eine realistische Beschreibung von Problemen in diesen Vierteln und sowohl Botschaft und Lösung bleiben aus, aber dafür liefert der Regisseur dem Zuschauer eine eindringliche Vision vom Überleben in dieser feindlichen Umgebung. Man wird zum Denken aufgefordert, denn die Bilder von La Courneuve, dieser Neubausiedlung im Norden von Paris, bleiben im Gedächtnis schon haften, auch die hohen quaderförmigen Gebäude, in denen die Menschen leben. Eine Landschaft aus Betonbergen und Betonschluchten. Behutsam werden die Helden dieser Umgebung vorgestellt in dieser alltäglichen Umgebung. Sehr schön eingegangen die Selbstverständlichkeit ihrer Freundschaft. Beide haben noch Mut und Phantasie, um dem Leben zu rotzen. Es sind Menschen, die sich im Augenblick vergnügen. Weil die Zukunftsperspektive unmöglich scheint.




Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

Die Verlobung des Monsieur Hire

























Regie: Patrice Leconte

Einsamer Beobachter...

Die Kriminalromane des belgischen Schriftstellers Georges Simenon waren schon immer sehr attraktiv um sie zu verfilmen. Über 100 Kino- und Fernsehfilme wurden ab 1932 realisiert. Seine bekannteste Figur ist sicherlich Kommissar Maigret. Im Ranking der besten Filme konkurrieren wahrscheinlich "Der Uhrmacher von St. Paul" von Bertrand Taviernier, "Die Millionen eines Gehetzten" von Melville, "Die Fantome des Hutmachers" von Claude Chabrol und "Die Verlobung des Monsieur Hire" miteinander. Letzterer wurde 1989 von Patrice Leconte verfilmt und ist heute leider etwas in Vergessenheit geraten. Bei der Vergabe der Cesars gewann "Die Verlobung des Monsieur Hire" den Preis für den besten Ton. Die sieben weiteren Nominierungen, darunter Bester Film, beste Regie, bester Hauptdarsteller und beste Hauptdarstellerin, reichten nicht zum Sieg.
Michel Blanc spielt den Sonderling Monsieur Hire - ein Schneider, den keiner in seinem Viertel mag. Und Monsieur Hire gibt sich auch wahrlich keine große Mühe seinen Nachbarn zu gefallen. Er lebt allein und gestaltet seinen Tagesablauf in immer wiederkehrenden Ritualen. Sein Frühstücksei isst er beinahe so pedantisch, wie er in seinem Laden den Frauen die Rocksäume absteckt. Die einzigen Mitbewohner sind weiße Mäuse, die er bei ihrem Ableben in ein Stück Stoff wickelt und sie dann im Fluß bestattet. Wenn es dunkel wird, geht der einsame Mann zum Plattenspieler und legt klassische Musik von Brahms auf. Von dort aus kann er genau in die Wohnung seiner attraktiven Nachbarin Alice (Sandrine Bonnaire) schauen. Er beobachtet die Frau heimlich und weiß auch wann deren Freund Emile (Luc Thullier) dort übernachtet. Manchmal geht Monsieur Hire ins Bordell. Eines Tages wird in diesem Pariser Viertel eine junge Frau ermordet. Der Polizeiinspektor (Andre Wilms) führt die Ermittlungen und bei seinen Befragungen macht er auch Bekanntschaft mit Monsieur Hire, der auch auf ihn einen seltsamen Eindruck macht. So gerät der stets korrekt gekleidete Mann bald ins Visier der Ermittlungen. Ein Taxifahrer (Andre Wilms), der vielleicht den Mörder gesehen haben könnte, kann aber nicht mit Gewissheit sagen, ob Hire derjenige war der in der besagten Nacht in einen Wohnblock rannte. In einer Gewitternacht erleuchten die Blitze die Nacht und Alice entdeckt den Mann, der sie von seinem Fenster aus beobachtet...




Die Geschichte liefert zwei Paraderollen für Michel Blanc und für Sandrine Bonnaire. Dabei ist der Film nur 81 Minuten kurz und wählt dennoch ein geruhsames Tempo in seiner ersten Hälfte. Dies braucht die Geschichte aber auch, um dann im zweiten Mal umso mehr seine hervorragende Atmosphäre von Suspence auszuspielen. Dabei sind zahlreiche Neo Noir Elemente zu entdecken. Darüberhinaus ist die Komplizenschaft der beiden Hauptfiguren das eigentliche Thema des Films, die sich bald durch diese schicksalhafte Verquickung nahe eines Abgrunds befinden. Ganz nebenbei entfaltet die Geschichte noch eine Charakterstudie über einen einsamen Menschen mitten in der Großstadt. "Monsieur Hire" ist eines der glücklichen Beispiele für hervorragendes präzises Erzählkino made in Europe.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Verbrechen und andere Kleinigkeiten

























Regie: Woody Allen

Ehemänner in Bedrängnis..

Woody Allen drehte "Verbrechen und andere Kleinigkeiten" im Jahr 1989 und ist für mich noch vor "Broadway Danny Rose" und "Hannah und seine Schwestern" sein bester Film aus den 80ern. Heraus kam eine interessante Mischung aus Krimi, Drama und Komödie mit verschiedenen Handlungssträngen, die erst am Schluß bei einer Hochzeitsfeier zusammengefügt werden, da alle Figuren zur Gästeliste der Feier gehören. Allen selbst hat die Story 2005 mit "Match Point" noch einmal etwas anders neu aufgelegt.
"Verbrechen und andere Kleinigkeiten" thematisiert langjährige Beziehungen und Ehen sowie deren Tücken und Stolperfallen. Eine davon ist der Seitensprung und vor allem der Traum des Mannes einmal aus dem Ehealltag auszubrechen. Dennoch will man nicht unbedingt für eine Affäre die Ehe aufs Spiel setzen. Sie hat ja einen hohen Wert, wenn sie solange gehalten hat. Einer dieser Männer ist der rennomierte Augenarzt Judah Rosenthal (Martin Landau), der glücklich mit seiner Frau Miriam (Claire Bloom) ist und schon erwachsene Kinder hat. Doch während eines Geschäftsflugs lernt er die labile Stewardess Dolores Paley (Anjelica Huston) und macht den Fehler mit ihr ein Verhältnis zu beginnen. Nach 2 Jahren und zahlreichen Versprechen die Ehefrau zu verlassen, setzt Dolores dem Arzt die Pistole auf die Brust. Entweder er macht reinen Tisch oder sie will der Ehefrau die Wahrheit über den untreuen Gatten erzählen. Darüberhinaus hat Dolores noch ein weiteres Druckmittel in der Hand: Die nicht sauber geführten Geschäftsbücher von Rosenthal, von denen sie Kentniss hat.
Der zweite Mann der Geschichte heißt Cliff Stern (von Woody Allen selbst gespielt) und ist erfolgloser Dokumentarfilmer. Mit seiner Frau Wendy (Joanna Gleeson) hat er lange nicht mehr geschlafen, die Ehe steckt in der Krise. Sehr oft geht er mit seiner kleinen Nichte Jenny (Jenny Nichols) ins Kino, die alte Klassiker zeigen. Ausserdem schwärmt Cliff für den jüdischen Philospophen Louis Levy (Martin S. Bergman) und würde gerne einen Dokumentarfilm über den angesehenen Professor drehen. Um die Kasse etwas aufzubessern nimmt er aber den Auftrag an, einen Film über seinen bekannten Schwager Lester (Alan Alda9 zu drehen, der ein äusserst erfolgreicher TV-Produzent von billigen Seifenopern ist. Bei den Dreharbeiten in der Stadt lernt er die Halley Reed (Mia Farrow), die Produktionsleiterin der Sendung, kennen. Er merkt sehr schnell, dass sie mental auf seiner Wellenlänge ist und ausserdem verliebt er sich in die kluge und ruhige Frau. Währenddessen schmiedet Rosenthal bereits Pläne seine unbqueme Geliebte irgendwie aus dem Weg zu räumen. Judah nimmt Kontakt zu seinem Bruder Jack (Jerry Orbach) auf, der gute Connection in den kriminellen Kreisen hat...





Für "Verbrechen und andere Kleinigkeiten" gabs 3 Oscarnominierungen, zwei für Woody Allen (Regie und Drehbuch) und eine ging an Martin Landau als bester Nebendarsteller. Wobei gerade Landaus Dr. Judah Rosenthal durchaus die Hauptfigur des Films ist.  Allen ist es mit diesem Film perfekt gelungen seine Rolle als verängstigter Manhattan-Intellektueller in einen anderen Handlungsrahmen zu packen. Der Film erweist sich als anspruchsvolle und gewitzte Abhandlung über Werte, Moral und Recht. Dabei verpflichtete er den Schweden Sven Nykvist für die Kamera-Arbeit, die Könnerschaft ist in jeder Szene erkennbar. Neben dem Krimivergnügen wird scharfsinnig und egozentrisch über Gut und Böse erzählt.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

Sonntag, 19. November 2017

Holy Motors

























Regie: Leos Carax

Zauberkünstler und Artist...

 Der französische Film "Holy Motors" ist ein Film von Leos Carax und wurde 2012 gedreht. Carax drehte vor "Holy Motors" in der Zeit ab 1984 nur vier weitere Spielfilme. Im Jahr 1984 das Liebesdrama "Boy meets Girl" , es folgte zwei Jahre später "Die Nacht ist jung". Mit "Die Liebenden von Pont-Neuf" gelang ihm nicht nur der internationale Durchbruch, sondern auch ein richtiger Welterfolg. Der 1999 entstandene "Pola X" fiel allerdings beim Publikum und bei den Kritikern durch.
"Holy Motors" ist aber wieder ein sehr interessanter Film geworden. Leos Caraxs Film folgt den Gesetzen eines Traums und dies bedeutet natürlich eine Vielzahl von surrealen Einfällen. Man erinnert sich an einige Filme von Luis Bunuel oder an verschachtelte Meisterwerke wie Alain Resnais "Letztes Jahr in Marienbad". Und die Hauptrollen spielen neben der Hauptfigur Monsieur Oscar, der in verschiedene Identitäten schlüpft, auch diese monstösen Stretch-Limousinen. Und die kamen in den letzten Jahren immer in sehr schrägen bis aussergewöhnlichen Filmen zum Einsatz. Man erinnere sich an die Hochzeitskarre in Lars von Triers "Melancholia" oder in David Cronenbergs "Cosmopolis", in dem Robert Pattnison mit seinem Luxusobjekt durch Manhattan fährt.
Die Stretch-Limos bei Leos Carax sind "Holy Motors" und eine davon gehört Monsieur Oscar, der von Caraxs Lieblingsdarsteller Denis Lavant gespielt wird. Scheinbar ein ganz normaler Geschäftsmann, der am Morgen sein Haus verlässt und von seiner Fahrerin Celine (Edith Scob) in der Limousine abgeholt wird. Sie ist es auch, die ihrem Fahrgast die heutigen Aufträge in die Hand gibt. Ein arbeitsreicher Tag steht bevor, aber die Arbeit ist alles andere als alltäglich. Der geheimnisvolle Monsieur Oscar nimmt seltsame Aufträge einer ominösen Agentur an, in denen er im Auto seine Identitäten wechseln muss. Die Aufträge werden ihm in dünnen Ordnern präsentiert, als wäre er ein Geheimagent. Und die Utensilien und Requisiten, die er zur neuen Verkleidung braucht,  sind auch alle im riesigen Auto vorhanden. Währenddessen fährt die souveräne Celine durch die Straßen von Paris. Einmal muss Oscar als verkrüppelte Bettlerin durch die Menschenmenge laufen, ein anderes Mal ist er ein Killer, der einen Mann tötet. Dieser Tote verwandelt sich dann langsam in das Abbild seines Täters.
In einer anderen Szene lässt Carax die autralische Popsängerin Kyle Minogue, die wie Jean Seberg in "Außer Atem" zurecht gemacht ist,  ein Lied von verlorenen und vergessenen Identitäten singen, um dann Minuten später vom Dach eines verfallenen Luxushotels in den Tod zu springen. Ein Art buntgekleidetes Zottelbiest mit roten Haaren ist Oscar an diesem Tage auch. Er besucht einen Friedhof, auf dessen Gräbern meistens "Visit my webside" steht und entführt ein Fotomodel (Eva Mendes) in die Katakomben der Stadt. Einmal ist er ein Sterbender, ein anderes Mal ein Vater, der seine Tochter ( ) von einer Party abholt. Perfekt gelungen ist die Motion Capture Episode, die zudem total faszinerend ist. Eine Pause hat Carax eingebaut, hier spielt Monsieur Oscar mit Straßenmusikern ein bisschen Polka auf dem Akkordeon...







Carax hat in "Holy Motors" alles was  Kino ausmacht - Gangsterfilm, Sciencefiction, Stummfilm, Musical oder Melodram - alles zusammengefügt in einen fast schon halluzinatorischen Bilderstrom, angefangen mit einem Prolog, der den Regisseur selbst zeigt wie in einem Zimmer die Tapetentür öffnet und ihn in einen vollen Kinosaal bringt. Bis zum Schluß, wo sich die riesigen Limousinen in der Garage von "Holy Motors" miteinander unterhalten. Ein Film auch über unsere digitale Welt. "Holy Motors" wird dem Mainstrampublikum nicht gefallen, da er mehr Fragen bringt als Antworten zu liefern. Er verstört auch teilweise - allerdings hat "Holy Motors" viel mitreißendes, wenn man sich auf die Bilder einlassen kann.






Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.