Dienstag, 13. Februar 2018

120 Bpm

























Regie: Robin Campillo

Act up...

Einen Europäischen Filmpreis konnte Robin Campillos Aids-Doku "120 Bpm" bereits in der Kategorie "Bester Schnitt" gewinnen.  In zwei weiteren Kategorien - Bester Schauspieler Nahuel Pérez Biscayart und Bester Film - war er immerhin nominiert und bei der kommenden Verleihung des Cesars für insgesamt 12 Preise nominiert.  "120 Bpm" wurde von Frankreich in die Oscarwahl für den besten fremdsprachigen Film geschickt, er kam jedoch - genau wie Deutschlands "Aus dem Nichts" - nicht unter die fünf Nominierten.
Der 144 Minuten lange Film setzt dabei dem Interessenverband "Act up" ein Denkmal. Abgeleitet wurde der Name von "Aids Coalition to Unleash Power", was soviel heißt wie die entfesselte Kraft von Aids-Verbündeten. Ursprünglich in New York begonnen, breiteten sich auf der ganzen Welt diese Interessenverbände aus. So auch in Frankreich - dort will die Gruppe, zu der sowohl HIV-Positive als auch HIV-Negative Mitglieder gehören, durch öffentlichkeitswirksame Aktionen mehr Dynamik und Poliitsierung in die Aids-Thematik bringen. Vor allem soll auf die Pharmakonzerne und auf die Politik mehr Druck ausgeübt werden, denn die Zeit drängt. Viele Mitglieder sind in den frühen 90er Jahren, in denen der Film spielt, nicht nur infiziert, sondern auch Krank.
Von der Regierung Mitterands wird immer wieder Unterstützung erklärt und zugesagt, aber für die Betroffenen geht dies alles zu langsam. Das Pharmaunternehmen Melton Pharm will beispielsweise neue HIV-Studienergebnisse erst im darauffolgenden Jahr auf einer Pharmakonferenz in Berlin bekannt geben. Dies wirkt wie ein Schlag in die Fresse.  Und es sterben auch viele Gruppenmitglieder. So auch Jeremie (Ariel Borenstein), der an der Immunkrankreich stirbt. Mit seinem Foto auf den Plakaten protestiert die Gruppe angeführt von ihrem Sprecher Thibault (Antoine Reinartz) . Mit dabei die couragierte Sophie (Adele Haenel), de etwas aufbrausende Sean Dalmazo (Nahuel Perez Biscayart), ein Mitglied der ersten Stunde und auch Neuling Nathan (Arnaud Valois), der HIV-negativ ist. Eine weitere Aktion ist sehr effektiv, weil die Act Up mit gefälschtem Blut in die Büros des Pharamkonzerns eindringt und dort das Kunstblut in den ganzen Büroräumen verteilt. Auch die kommende Gay Pride soll durch Publicity für das Thema genutzt werden. Neben diesen Aktionen flammt aber auch ein kleines privates Glück auf. Nathan und Sean kommen sich näher....



 Damit wird auch der zweite Teil des Film eingeläutet, der in der ersten Hälfte einen ganz stark dokumentarischen Charakter aufwies und nun seine Geschichte in den persönlichen Bereich der Figuren verlagert. Sehr subtil wird die aufkeimende Beziehung zwischen Nathan und Sean geschildert, für die es aber kein HappyEnd gibt. Am Ende dringt die Gruppe in eine Krankenversicherungskonferenz ein und streut die Asche von Sean - er wollte es so - über die Besucher und ihr Essen. Neben einer sehr lebensbejahenden Atmosphäre schont der Regisseur seine Zuschauer aber nicht - er sieht zu beim langsamen Sterben des jungen Sean und agiert in diesen intimen Minuten überhaupt nicht politisch korrekt, was dem Film einen Widerhaken gibt, der mir aber dennoch imponiert. Einige Schlüsselszenen wirken nachhaltig. So ist einige Augenblicke die Seine bei Nacht plötzlich voller Blut und dieses markante Rot wirkt richtig unheimlich und verstörend, ähnlich wie manchmal unser Leben. "120 BPM" heißt übersetzt 120 Schläge pro Minute und meint die Geschwindigkeit der Clubmusik. In diesem Titel steckt natürlich auch etwas Symbolik bezogen auf das schnelle Leben dieser Menschen, die voller Angst mit ihrer Zeitbombe leben und andererseits auch ihre Zeit nutzen wollen um für ihr Anliegen zu kämpfen. In diesen frühen 90ern war dies oft ein Wettlauf mit der Zeit, am Ende stand der Tod. Regisseur Robin Campillos "120 Bpm" setzt die gute Qualität seines bisherigen Filmschaffens fort. Er schrieb Drehbücher für die Filme "Wer tötete Bambi ?" und "Die Klasse". Auch seine vorherige Regiearbeit "Eastern Boys" konnte schon voll überzeugen.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 

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