Regie: Adam Elliot
Die Aussenseiterin...
Für den Erwachsenen-Animationsfilm "Memoiren einer Schnecke" wurden die Produzenten Adam Elliot und Liz Kearney bei der 97sten Vergabe der Academy Awards mit einer Nominierung bedacht. Dieselbe Wertschätzung wurde dem Film bereits einige Wochen vorher mit einer Golden Globe Nominierung zuteil. Die Stop-Motion-Odysee der Hoffnung, die über die Verzweiflung des Lebens triumphiert und dabei Menschlichkeit bewahrt, macht "Memoir of a Snail"zu einer geschickten, gefühlvollen Geschichte. Adam Elliot führte dabei auch Regie mit einer Hingabe zu einer düsteren wie bewegenden Art des Geschichtenerzählens. Grace Pudel ist ein junges Mädchen im australischen Melbourne der 1970er Jahre. Sie lebt mit ihrem Zwillingsbruder Gilbert und ihrem französischen Vater Percy, einem ehemaligen Jongleur, der heute querschnittsgelähmt und alkoholkrank ist. Sie entdeckt das Hobby des Schneckensammelns für sich und teilt es mit ihrer Mutter, die bei der Geburt starb. Ihre Lieblingsschnecke heißt Silvia. Die Zwillinge haben eine enge und unterstützende Beziehung, und Gilbert verteidigt Grace vor Schulkameraden, die sie wegen ihrer Lippenspalte hänseln. Als Percy an Schlafapnoe stirbt, werden die Zwillinge getrennt und in Pflegefamilien im ganzen Land untergebracht. Grace kommt nach Canberra, wo sie von Ian und Narelle aufgezogen wird. Die beiden sind zwar nett, aber aufgrund ihrer Swinger-Beziehungen oft abwesend. Gilbert kommt zu einer fundamentalistischen Bauernfamilie in Perth, die ihn grausam und misshandelt, insbesondere von der Matriarchin Ruth. Im Laufe der Jahre schreibt Gilbert Grace Briefe, in denen er verspricht, sie zu finden und wieder mit ihr zusammenzukommen, wenn er erwachsen ist. Diese Hoffnung gibt Grace zwar Kraft, doch in Canberra gelingt es ihr nicht, Kontakte zu knüpfen oder Leidenschaften zu entwickeln. Daher kauft und hortet sie zwanghaft alle Produkte und Sammlerstücke mit Schneckenmotiven, die sie findet. Als Teenagerin freundet sich Grace schließlich mit einer exzentrischen, aber freundlichen älteren Dame namens Pinky an, die trotz einiger Schicksalsschläge – dem Verlust zweier Ehemänner, vieler Jobs und sogar eines kleinen Fingers, daher ihr Name – immer auch Positives in ihrem Leben findet. Als Ian und Narelle in Rente gehen, um sich einer Nudistengruppe anzuschließen, wird Pinky Graces Pflegemutter und unterstützt sie weiterhin durch die Pubertät, obwohl sie sich immer noch deprimiert und ziellos fühlt. Währenddessen wird Gilbert weiterhin von seiner Pflegefamilie misshandelt, und nur ihr jüngster Sohn Ben begegnet ihm mit Zuneigung und Bewunderung für seine Aufsässigkeit. Als Erwachsene verliebt sich Grace in Ken, einen neuen Nachbarn, der Mikrowellen repariert. Die beiden entwickeln schnell eine liebevolle Beziehung, die schließlich dazu führt, dass er ihr einen Heiratsantrag macht. Doch am Tag ihrer Hochzeit erhält Grace einen Brief von Ruth, in dem sie berichtet, dass Gilbert bei einem Brand ums Leben gekommen sei. Er hatte diesen aus Wut gelegt, nachdem die homophobe Ruth ihn und Ben nach Entdeckung ihrer Beziehung einer Elektroschockbehandlung unterzogen hatte. Grace ist über seinen Tod verzweifelt und wird immer depressiver, da ihr Horten und Überessen zunimmt. Noch schockierter ist Grace, als sie Kens Sammelalbum entdeckt, aus dem hervorgeht, dass er einen Fetisch für dicke Frauen hat und sie absichtlich überfüttert. Sie macht mit ihm Schluss...
Eine nachdenkliche Geschichte, die aber Mut macht und für einen menschlichen Neuanfang plädiert - egal, wie alt man ist. Eine Änderung ist immer möglich aus einem selbst gemachten Gefängnis auzubrechen. Elliots erster Animationsfilm "Mary und Max" wurde ebenfalls von der Kritik sehr gelobt. Obwohl "Memoiren einer Schnecke" thematisch sehr bedrückende Themen wie Depressionen, Einsamkeit, Homophobie und Tod erörtert, sind es auch die vielen humoristischen Momente, die dem Film eine starke Eigenständigkeit geben, alles ist ebenso herzerwärmend wie herzzerreißend.
Bewertung: 8 von 10 Punkten
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