Sonntag, 15. Januar 2017

Ben Hur




















Regie: Timur Bekmambetow

Es braucht eine Portion Wahnsinn um eine heilige Kuh zu schlachten...

Als ich hörte, dass es eine Neuverfilmung des großen William Wyler Klassikers "Ben Hur" gibt, habe ich mich sehr gefreut. Aber die ersten Kritiken ließen schon erahnen, dass das Update eines der besten Monumentalfilme gescheitert war.  Und zu diesem Urteil komme ich nun auch, nachdem ich die Version von Timur Nuruachitowitsch Bekmambetow (Wächter der Nacht, Wächter des Tages, Abraham Lincoln Vampirjäger, Wanted) gesehen habe.
Mit 124 Minuten Laufzeit hat Bekmambetow eine sehr abgespeckte Version des Romans von Lew Wallace inszeniert - diese Kürzungen konnte er erreichen durch sehr viele Veränderungen an der Geschichte. Im Vergleich dazu hatte William Wyler mit seiner imposanten Laufzeit von 222 Minuten den entscheidenden Vorteil den Geist der literarischen Vorlage hervorragend zu treffen - auch wenn das Buch von Lew Wallace inhaltlich viele historische Fehler aufweißt.
William Wylers Film war momumental und überlebensgroß und konnte auch in den religiösen Anteilen (Heilung durch ein Wunder, Begegnung mit Jesus Christus, Überwindung von Hass) überzeugen. Für den ganz normalen Kinogänger war und ist bis heute aber das berühmte Wagenrennen das Herzstück und der Höhepunkt des Wyler Films.
Und hier hat Timur Bekmambetow auch eine ganz gute Variante gedreht, die ist zwar nicht besser geworden, aber sie kann immerhin als gelungen angesehen werden. Ebenso die Action auf der Galeere.
Leider erreicht der Bruderkrieg von Judah Ben Hur und Messala Severus nie die Intensität, die es braucht. Vielleicht hat Bekmambetow die verborgenen eifersüchtigen und verletzten Gefühle von Messala vergessen - hier kommt Stephen Boyd als Widersacher viel besser als Toby Kebell zur Geltung, denn man nimmt ihm ab, dass er schwer getroffen ist von der Entscheidung seines besten Freundes ihm nicht zu helfen. Später hat Wyler ja auch mal erzählt, dass Boyd angewiesen wurde so zu spielen als hätte er mehr als nur freundschaftliche Gefühle für seinen Freund. Und ich glaube das war auch das verborgene Geheimnis des Erfolgs. In der neuen Version ist eindeutig festgelegt, dass Mesalla Ben Hurs Schwester Tirzah (Sofia Black D´Eliah) liebt. Dies macht dann auch die Verurteilung der Familie etwas sonderbar, denn so muss Messalla den Kreuzigungstod seiner Geliebten befehligen.
Leider ist Jack Huston kein Charlton Heston. Der gewann seinen Oscar für sein markantes Spiel wirklich nicht unverdient - auch wenn er in direkter Konkurrenz zu der hervorragenden Leistung von James Stewart in Otto Premingers "Anatomie eines Mordes" stand. Huston wirkt wirklich etwas farblos und dann fallen zur "Feier des Tages" seine langen Haare am Tag des Wagenrennens zum Opfer und Ben Hur erscheint auf seinem Pferdegespann mit einer adretten Kurzhaarfrisur. Am Vortag hatte er den Schock seines Lebens, denn er erfuhr, dass Mutter (Ayelet Zurer) und Schwester doch noch leben - aber an Lepra erkrankt sind und ihn fortjagten, weil sie nicht wollten, dass er sie so sieht. Ob man an einem solchen Tag noch ans Haareschneiden denkt ?
Dies ist eines der Beispiele warum die epische und ruhige Erzählweise glaubwürdig ist und Bekmambetows Kürzungen zu Logikbrüchen führen. Toby Kebell macht seine Sache gut - auch Morgan Freeman als Scheich Ilderim ist eindeutig ein Pluspunkt. Wichtige Szenen des alten Films lässt der russische Regisseur weg - die Rettung des Quintus Arius fehlt, daher wird Juda Ben Hur auch nicht adoptiert und römischer Bürger. Esther (Nazanin Boniadi) ist schon Judas Frau, sie flieht bei der Gefangennahme der Familie und hat auch keine Ahnung, dass Naomi und Tirzah noch am Leben sind. Sie kümmert sich aber um Aussätzige.




Die Jesus (Rodrigo Santoro) wird in den frühen Szenen sehr gut dargestellt, für die Kreuzigung und anschließende Heilung bleibt wenig Zeit, daher wirkt diese sprituelle Schlüsselszene extrem hektisch und am Schluß nimmt der Film das Verzeihen dann doch eine Spur zu unglaubwürdig. Man vermisst den Wandel der Hauptfigur vom Freund zum Feind...und der Wandel von Hass zum Glaube. Dies alles wirkt am Ende sehr uninspiriert. Schade, ich war im Vorfeld mit viel Freude, aber ohne große Erwartungen gespannt auf diese Neuverfilmung. Es war mir klar, dass der Wyler Film nie zu toppen ist. Daher bin ich jetzt auch nicht ganz enttäuscht - wenn man weder Buch noch frühere Verfilmungen kennt, dann wird man immerhin mit "Ben Hur 2016" ganz nett unterhalten. Die Geschichte selbst ist so gut, dass man sie nicht völlig in den Sand setzen kann. Aber ich hätte mir doch viel mehr gewünscht, dass die Figuren besser zur Geltung kommen und auch die Geschichte den roten Faden "Mann lernt zu hassen und erlebt durch Christus eine Wandlung" markant vermitteln kann. Dies ist aber nicht der Fall. Schade.
Bei geschätzten 100 Millionen Dollar Produktionskosten hat der Film weltweit bislang nur knapp 95 Millionen Dollar wieder eingespielt. Ein kommerzielles Destaster für die Produzenten. Die Wyler Verfilmung dagegen steht in den inflationsbereigten All Time Charts der kassenträchtigsten Filme immer noch auf Platz 14 - noch vor "Avatar", "Jurassic Park" oder "Avengers".





Bewertung: 5,5 von 10 Punkten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen