Samstag, 16. September 2017

Boston

























Regie: Peter Berg

Am Patriots Day...

Regisseur Peter Berg hat ein Faible für aktuelle und oft auch politische Stoffe, die er dann sehr kommerziell für ein großes Publikum inszeniert. "Operation Kingdom" beispielsweise zeigt einen terroristischen Anschlag in Saudi-Arabien. Marc Wahlberg schickte er als Scharfschützen nach Afghanistan, als Navy Seal war er mit der Ausschaltung des Talibanführers Ahmad Shah beauftragt. Hochaktuell und dramatisch war auch die ökologische Katastrophe, die durch die brennende Ölplattform "Deepwater Horizon" angerichtet wurde. Sein neuer Film "Boston" heißt im Original "Patriots Day" und schildert den Terrorakt, der sich am Boston Marathon 2013 ereignete und 3 Todesopfer forderte und mehrere hundert Verletzte hinterließ. Möglicherweise ist "Boston" Peter Bergs bislang ambitioniertester Film, aber der Film hat schwere Defizite beim Drehbuch. Ausgewiesen werden neben Peter Berg auch Matt Cook, Joshua Zetumer, Paul Tamasy und Eric Johnson als Schreiber und ist viel Wahres dran an dem Spruch, dass viele Köche den Brei verderben - die Dialoge sind leider total uninteressant und oberflächlich. Ein Manko, dass mir schon bei "Deepwater Horizon" auffiel - auch hier waren mehrere Autoren für die Texte verantwortlich. Der zweite Kritikpunkt ist die extrem patriotische Aufbereitung dieses interessanten Stoffes. Hier wird mir zuviel nationaler Zusammenhalt gegen die beiden Bösen gezeigt, man beschränkt sich aber auf Floskeln wie schrecklich das Alles ist und dass man die Verbrecher schnell fangen muss, bevor sie noch weiter aktiv Bomben zünden. Mehr Tiefgang bei den Figuren und man hätte damit einen brisanten Thriller zum hochaktuellen Thema des Terrorismus gestalten können - aber so bleibt "Boston" leider nur eine am Anfang etwas zähe aber wahrheitsgetreue Schilderung der Ereignisse und den anschließenden Ermittlungen. Mehr und mehr gewinnt der Film aber etwas an Fahrt, so dass Bergs neuer Film nicht gänzlich scheitert.
Am 15. April 2013 entschließen sich die Brüder Dzhokhar (Alex Wolff) und Tamerlan Tsarnaev (Themo Melikidze) zwei Bomben während des Boston Marathons detonieren zu lassen. Man sieht kurze Einblicke in die Wohnverhältnisse dieser scheinbar integrierten Neubürger. Tamerlans Frau (Melissa Benoist) hat ein kleines Kind und kurz nach dem Anschlag fordert sie ihren Mann auf für ihr Kind Milch im Drugstore nebenan zu holen. Obwohl sie weiß, was ihr Mann und ihr Schwager angerichtet haben, geht alles den gewohnten Gang weiter.
Um Identifikationen zu schaffen werden vor dem Anschlag mehrere Menschen, die später Opfer des Anschlags wurden, eingeführt. Ein junges Paar Patrick Downes (Christopher O´Shea) und Jessica Kensky (Rachel Brosnahan) entscheidet sich spontan beim Marathon zuzuschauen. Der Familienvater Steve Woolfenden (Dustin Tucker) ist mit seinem kleinen Sohn Leo (Lucas Thor Kelley) ebenfalls einer der Zuschauer, die die vielen Marathonläufer anfeuert. Auch Streifenpolizist Sean Collier (Jake Picking) hat an diesem Tag Dienst. Der chinesische Student Dun Meng (Jimmy O. Yang), der sich in Boston etwas einsam fühlt, wird an diesem Tag seinen schlimmsten Alptraum erleben. Der Boston Police Department Sergeant Tommy Saunders (Marc Wahlberg) ist an diesem "Patriots Day" eingeteilt für einen reibungslosen Ablauf des Rennens zu sorgen. Sein Vorgesetzter Commissioner Ed Davis (John Goodman) hält große Stücke auf seine Männer. Dann detonieren die Bomben, das Chaos ist perfekt. Sehr schnell wird klar, dass es sich um einen Anschlag mit terroristischem Hintergrund handelt und somit wird auch das FBI unter der Leitung von Special Agent Richard DesLauriers (Kevin Bacon) tätig. Die Ermittlungen werden auch nach Watertown ausgeweitet und somit ist auch Sergeant Jeffrey Pugliese (J.K. Simmons) einer der Verantwortlichen bei der Suche nach den unbekannten Attentätern. Aufgrund der Überwachungskameras werden die mutmaßlichen Täter sehr schnell ermittelt. DesLauriers zögert zwar erst noch die Fotos der Verdächtigen zu veröffentlichen, doch schließlich führt das Publikmachen der Bilder zum Erfolg und somit flüchten Dzhokhar und Tamerlan...



Leider werden die Polizisten zu sehr zu Helden erkoren, dabei haben sie nur eine gute Arbeit bei der Ermittlung dieser Terroristen getan. Aber die Amis lieben solche aufgemotzten Heldenstorys, so muss auch Marc Wahlberg sämtliche Register der Gefühlsregungen ziehen, vom eiskalten Verbrecherjäger, der den Anschlag sehr persönlich nimmt und sich auch während seines Jobs bei seiner Frau Carol (Michelle Managhan) kräftig ausheult. Dies ist alles menschlich nachvollziehbar - aber fügt einem Film mit dokumentarischen Anspruch doch zuviel an Pathos bei. Wie interessant der Film hätte gesamthaft werden können, zeigt die Szene, in der die Ehefrau von Tamerlan von einer muslimischen Ermittlerin (Khandi Alexander) befragt wird. Hier gehts in Richtung tieferer Ermittlung, welche Beweggründe zu dem Anschlag führten und somit auch ein bisschen in Prävention um solche Terrorakte vielleicht in Zukunft zu verhindert. Die Frau des Attentäters bleibt aber knallhart an der Seite ihres bereits getöteten Mannes und als Zuschauer kann man den tiefen Graben zwischen unserem freiheitlichen System und dem religiösen Fanatiker erkennen. Mit einen guten Schauspielerensemble konnte der Film an der Kasse ca. 50 Millonen Dollar weltweit einspielen. Für Berg sicherlich eine Enttäuschung - zumal "Deepwater Horizon" als auch "Lone Survivor" (seine bislang beste Arbeit) das Doppelte bis Dreifache einspielten.




Bewertung: 6,5 von 10 Punkten. 

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