Regie: Peter Berg
Am Patriots Day...
Regisseur Peter Berg hat ein Faible für aktuelle und oft auch
politische Stoffe, die er dann sehr kommerziell für ein großes Publikum
inszeniert. "Operation Kingdom" beispielsweise zeigt einen
terroristischen Anschlag in Saudi-Arabien. Marc Wahlberg schickte er als
Scharfschützen nach Afghanistan, als Navy Seal war er mit der
Ausschaltung des Talibanführers Ahmad Shah beauftragt. Hochaktuell und
dramatisch war auch die ökologische Katastrophe, die durch die brennende
Ölplattform "Deepwater Horizon" angerichtet wurde. Sein neuer Film
"Boston" heißt im Original "Patriots Day" und schildert den Terrorakt,
der sich am Boston Marathon 2013 ereignete und 3 Todesopfer forderte und
mehrere hundert Verletzte hinterließ. Möglicherweise ist "Boston" Peter
Bergs bislang ambitioniertester Film, aber der Film hat schwere
Defizite beim Drehbuch. Ausgewiesen werden neben Peter Berg auch Matt
Cook, Joshua Zetumer, Paul Tamasy und Eric Johnson als Schreiber und ist
viel Wahres dran an dem Spruch, dass viele Köche den Brei verderben -
die Dialoge sind leider total uninteressant und oberflächlich. Ein
Manko, dass mir schon bei "Deepwater Horizon" auffiel - auch hier waren
mehrere Autoren für die Texte verantwortlich. Der zweite Kritikpunkt ist
die extrem patriotische Aufbereitung dieses interessanten Stoffes. Hier
wird mir zuviel nationaler Zusammenhalt gegen die beiden Bösen gezeigt,
man beschränkt sich aber auf Floskeln wie schrecklich das Alles ist und
dass man die Verbrecher schnell fangen muss, bevor sie noch weiter
aktiv Bomben zünden. Mehr Tiefgang bei den Figuren und man hätte damit
einen brisanten Thriller zum hochaktuellen Thema des Terrorismus
gestalten können - aber so bleibt "Boston" leider nur eine am Anfang
etwas zähe aber wahrheitsgetreue Schilderung der Ereignisse und den
anschließenden Ermittlungen. Mehr und mehr gewinnt der Film aber etwas
an Fahrt, so dass Bergs neuer Film nicht gänzlich scheitert.
Am 15. April 2013 entschließen sich die Brüder Dzhokhar (Alex
Wolff) und Tamerlan Tsarnaev (Themo Melikidze) zwei Bomben während des
Boston Marathons detonieren zu lassen. Man sieht kurze Einblicke in die
Wohnverhältnisse dieser scheinbar integrierten Neubürger. Tamerlans Frau
(Melissa Benoist) hat ein kleines Kind und kurz nach dem Anschlag
fordert sie ihren Mann auf für ihr Kind Milch im Drugstore nebenan zu
holen. Obwohl sie weiß, was ihr Mann und ihr Schwager angerichtet haben,
geht alles den gewohnten Gang weiter.
Um Identifikationen zu schaffen werden vor dem Anschlag mehrere
Menschen, die später Opfer des Anschlags wurden, eingeführt. Ein junges
Paar Patrick Downes (Christopher O´Shea) und Jessica Kensky (Rachel
Brosnahan) entscheidet sich spontan beim Marathon zuzuschauen. Der
Familienvater Steve Woolfenden (Dustin Tucker) ist mit seinem kleinen
Sohn Leo (Lucas Thor Kelley) ebenfalls einer der Zuschauer, die die
vielen Marathonläufer anfeuert. Auch Streifenpolizist Sean Collier (Jake
Picking) hat an diesem Tag Dienst. Der chinesische Student Dun Meng
(Jimmy O. Yang), der sich in Boston etwas einsam fühlt, wird an diesem
Tag seinen schlimmsten Alptraum erleben. Der Boston Police Department
Sergeant Tommy Saunders (Marc Wahlberg) ist an diesem "Patriots Day"
eingeteilt für einen reibungslosen Ablauf des Rennens zu sorgen. Sein
Vorgesetzter Commissioner Ed Davis (John Goodman) hält große Stücke auf
seine Männer. Dann detonieren die Bomben, das Chaos ist perfekt. Sehr
schnell wird klar, dass es sich um einen Anschlag mit terroristischem
Hintergrund handelt und somit wird auch das FBI unter der Leitung von
Special Agent Richard DesLauriers (Kevin Bacon) tätig. Die Ermittlungen
werden auch nach Watertown ausgeweitet und somit ist auch Sergeant
Jeffrey Pugliese (J.K. Simmons) einer der Verantwortlichen bei der Suche
nach den unbekannten Attentätern. Aufgrund der Überwachungskameras
werden die mutmaßlichen Täter sehr schnell ermittelt. DesLauriers zögert
zwar erst noch die Fotos der Verdächtigen zu veröffentlichen, doch
schließlich führt das Publikmachen der Bilder zum Erfolg und somit
flüchten Dzhokhar und Tamerlan...
Leider werden die Polizisten zu sehr zu Helden erkoren, dabei haben
sie nur eine gute Arbeit bei der Ermittlung dieser Terroristen getan.
Aber die Amis lieben solche aufgemotzten Heldenstorys, so muss auch Marc
Wahlberg sämtliche Register der Gefühlsregungen ziehen, vom eiskalten
Verbrecherjäger, der den Anschlag sehr persönlich nimmt und sich auch
während seines Jobs bei seiner Frau Carol (Michelle Managhan) kräftig
ausheult. Dies ist alles menschlich nachvollziehbar - aber fügt einem
Film mit dokumentarischen Anspruch doch zuviel an Pathos bei. Wie
interessant der Film hätte gesamthaft werden können, zeigt die Szene, in
der die Ehefrau von Tamerlan von einer muslimischen Ermittlerin (Khandi
Alexander) befragt wird. Hier gehts in Richtung tieferer Ermittlung,
welche Beweggründe zu dem Anschlag führten und somit auch ein bisschen
in Prävention um solche Terrorakte vielleicht in Zukunft zu verhindert.
Die Frau des Attentäters bleibt aber knallhart an der Seite ihres
bereits getöteten Mannes und als Zuschauer kann man den tiefen Graben
zwischen unserem freiheitlichen System und dem religiösen Fanatiker
erkennen. Mit einen guten Schauspielerensemble konnte der Film an der
Kasse ca. 50 Millonen Dollar weltweit einspielen. Für Berg sicherlich
eine Enttäuschung - zumal "Deepwater Horizon" als auch "Lone Survivor"
(seine bislang beste Arbeit) das Doppelte bis Dreifache einspielten.
Bewertung: 6,5 von 10 Punkten.
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