Regie: Taylor Sheridan
Die geschändete Indianerin...
Taylor Sheridans Winterthriller "Wind River" bietet
grundsätzlich viel Potential und ich liebe Thriller, die im Schnee
spielen ("Der Gejagte" von Paul Schrader, "Ein einfacher Plan" von Sam
Raimi und vor allem "Fargo" der Coen Brothers), doch der in Cannes
prämierte NeoWestern bleibt unter seinen Möglichkeiten. Dabei hat
Sheridan bereits als Drehbuchautor seine Klasse bewiesen, er schrieb die
Story von Villeneuves "Sicario" und auch seine zweite Drehbucharbeit
"Hell or High Water" war überzeugend. Sie brachte ihm sogar eine Golden
Globe und eine Oscarnominierung ein.
Im Vorspann und am Ende des Films weist "Wind River" auf die
zahllosen Fälle von sexueller Gewalt gegenüber Frauen in den
Indianerreservaten hin, damit steht der Thriller auch in enger
Verwandtschaft mit Thrillern, die in der sozialen Unterschicht
angesiedelt sind. Courtney Hunt drehte 2008 über einen "Frozen River"
und mit Debra Graniks "Winters Bone" schaffte Jennifer Lawrence ihren
Durchbruch und der Zuschauer bekam Einblicke in den s.g. amerikanischen
"White Scum". Dies verbindet diese Filme auch mit Sheridans Regiedebüt -
auch hier könnten die Täter aus der weißen Unterschicht stammen, aber
erstmal wird im Indian Reservation ermittelt. Dort herrrscht die
absolute Tristesse - jede der dort lebenden Figuren in Wyoming ist
gescheitert. Auch der Jäger und Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy
Renner), dessen Ehe mit der indigenen Wilma (Julia Jones) gescheitert
ist. Vermutlich hat dabei der Tod der Tochter, die ein paar Tage nach
einer Feier und einer anschließenden Vergewaltigung tot im Schnee
aufgefunden wurde. Der kleine Sohn Casey (Teo Briones) ist öfters bei
seinem Papa, doch der hat im Moment den Auftrag Pumas zu töten, die
Schafe reißen. Diese Jagd wird aber durch den Fund einer Leiche
unterbrochen. Natalie Hanson (Kelsey Asbille), ebenfalls Indianerin und
beste Freundin von Corys toter Tochter, liegt im Schnee und wird
ausgerechnet von Cory gefunden. Mit der unerfahrenen FBI Agentin Jane
Banner (Elisabeth Olsen) bekommt die örtliche Polizei unter der Leitung
von Sheriff Ben Shoyo (Graham Greene) Unterstützung. Doch die ist mit
den Gepflogenheit der Gegend kaum vertraut, deshalb wird der
Fährtenleser Cory von ihr engagiert behilflich zu sein. Der macht dies
sehr gerne, weil er Jäger ist und immer noch nach dem Täter seiner
Tochter sucht. Die Obduktion ergibt Erfrieren, aber Natalie wurde vorher
vergewaltigt. Die Spur führt zuerst zum drogensüchtigen Bruder von
Natalie und dessen gefährlichen Blutbrüdern, dann aber verlagert sich
der Fall immer mehr ins Lager einer Bohrfirma...
Das ist zwar ganz spannend inszeniert und die Location sorgt für
Atmosphäre, aber dennoch irritiert der Film immer wieder mit unnötigen,
teilweise albernen und aufgesetzten Passagen: So spendet der eh beladene
Cory dem Vater von Natalie, gespielt von Gil Birmingham, väterlichen
Trost, was sich sehr unglaubwürdig anhört. In einer weiteren Szene der
beiden Schauspieler musste sich der Indianer sein Gesicht mit einer
Totenmaske bemalen. Kann man machen - aber im weiteren Verlauf des
Dialogs gesteht er, dass er dieses Ritual gar nicht mehr kennt und diese
alberne Bemalung wieder schleunigst abwaschen will. Das ist dann
tatsächlich grotesk - vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn man
Jeremy Renner mehr als den unerbittlichen Jäger herausgestellt hätte,
dann wäre es zwar ein Thriller ohne großen Anspruch gewesen, aber
vielleicht ein besseres Rachedrama. Nick Caves Soundtrack passt sehr gut
zum Film und mit 46 Millionen Dollar Einspielergebnis durfte sich
Sheridan freuen.
Bewertung: 6 von 10 Punkten.
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