Montag, 18. Juni 2018

Wind River

























Regie: Taylor Sheridan

Die geschändete Indianerin...

Taylor Sheridans Winterthriller "Wind River" bietet grundsätzlich viel Potential und ich liebe Thriller, die im Schnee spielen ("Der Gejagte" von Paul Schrader, "Ein einfacher Plan" von Sam Raimi und vor allem "Fargo" der Coen Brothers), doch der in Cannes prämierte NeoWestern bleibt unter seinen Möglichkeiten. Dabei hat Sheridan bereits als Drehbuchautor seine Klasse bewiesen, er schrieb die Story von Villeneuves "Sicario" und auch seine zweite Drehbucharbeit "Hell or High Water" war überzeugend. Sie brachte ihm sogar eine Golden Globe und eine Oscarnominierung ein.
Im Vorspann und am Ende des Films weist "Wind River" auf die zahllosen Fälle von sexueller Gewalt gegenüber Frauen in den Indianerreservaten hin, damit steht der Thriller auch in enger Verwandtschaft mit Thrillern, die in der sozialen Unterschicht angesiedelt sind. Courtney Hunt drehte 2008 über einen "Frozen River" und mit Debra Graniks "Winters Bone" schaffte Jennifer Lawrence ihren Durchbruch und der Zuschauer bekam Einblicke in den s.g. amerikanischen "White Scum". Dies verbindet diese Filme auch mit Sheridans Regiedebüt - auch hier könnten die Täter aus der weißen Unterschicht stammen, aber erstmal wird im Indian Reservation ermittelt. Dort herrrscht die absolute Tristesse - jede der dort lebenden Figuren in Wyoming ist gescheitert. Auch der Jäger und Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy Renner), dessen Ehe mit der indigenen Wilma (Julia Jones) gescheitert ist. Vermutlich hat dabei der Tod der Tochter, die ein paar Tage nach einer Feier und einer anschließenden Vergewaltigung tot im Schnee aufgefunden wurde. Der kleine Sohn Casey (Teo Briones) ist öfters bei seinem Papa, doch der hat im Moment den Auftrag Pumas zu töten, die Schafe reißen. Diese Jagd wird aber durch den Fund einer Leiche unterbrochen. Natalie Hanson (Kelsey Asbille), ebenfalls Indianerin und beste Freundin von Corys toter Tochter, liegt im Schnee und wird ausgerechnet von Cory gefunden. Mit der unerfahrenen FBI Agentin Jane Banner (Elisabeth Olsen) bekommt die örtliche Polizei unter der Leitung von Sheriff Ben Shoyo (Graham Greene) Unterstützung. Doch die ist mit den Gepflogenheit der Gegend kaum vertraut, deshalb wird der Fährtenleser Cory von ihr engagiert behilflich zu sein. Der macht dies sehr gerne, weil er Jäger ist und immer noch nach dem Täter seiner Tochter sucht. Die Obduktion ergibt Erfrieren, aber Natalie wurde vorher vergewaltigt. Die Spur führt zuerst zum drogensüchtigen Bruder von Natalie und dessen gefährlichen Blutbrüdern, dann aber verlagert sich der Fall immer mehr ins Lager einer Bohrfirma...




Das ist zwar ganz spannend inszeniert und die Location sorgt für Atmosphäre, aber dennoch irritiert der Film immer wieder mit unnötigen, teilweise albernen und aufgesetzten Passagen: So spendet der eh beladene Cory dem Vater von Natalie, gespielt von Gil Birmingham, väterlichen Trost, was sich sehr unglaubwürdig anhört. In einer weiteren Szene der beiden Schauspieler musste sich der Indianer sein Gesicht mit einer Totenmaske bemalen. Kann man machen - aber im weiteren Verlauf des Dialogs gesteht er, dass er dieses Ritual gar nicht mehr kennt und diese alberne Bemalung wieder schleunigst abwaschen will. Das ist dann tatsächlich grotesk - vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn man Jeremy Renner mehr als den unerbittlichen Jäger herausgestellt hätte, dann wäre es zwar ein Thriller ohne großen Anspruch gewesen, aber vielleicht ein besseres Rachedrama. Nick Caves Soundtrack passt sehr gut zum Film und mit 46 Millionen Dollar Einspielergebnis durfte sich Sheridan freuen.




Bewertung: 6 von 10 Punkten. 

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