Mittwoch, 2. Mai 2018

Beruf: Reporter

























Regie: Michelangelo Antonioni

Neue Identität...

Michelango Antonionis "Blow up" ist zweifelsohne einer der besten Filme der 60er Jahre und für mich auch der beste Film des italienischen Filmregisseurs. Doch es lohnt sich auch ein Blick auf den etwas weniger bekannten "Beruf: Reporter", der im Jahr 1975 entstand und ähnlich wie "Blow up" eigentlich die Geschichte eines Thrillers erzählen könnte, aber Antonioni setzt erneut ganz andere Schwerpunkte und macht daraus die tragische Geschichte eines Mannes, der völlig spontan und ohne groß nachzudenken die Identität eines anderen Mannes animmt, als ihm der Zufall oder das Schicksal, die Möglichkeit dazu gibt.
Antonioni konnte für seinen Film mit Jack Nicholson einen echten Star gewinnen, der bereits durch die Erfolge von "Easy Rider", "Five Easy Pieces", "Das letzte Kommando" und vor allem "Chinatown" zur 1. Liga der Topschauspieler aufsteigen konnte. Im gleichen Jahr wie "Beruf: Reporter" drehte er auch seinen ersten Oscarfilm "Einer flog übers Kuckucksnest" ab.
Seine Filmpartnerin war Maria Schneider, die kurz zuvor durch Bertoluccis "Der letzte Tango in Paris" zum Weltstar aufstieg und nach der Rolle des geheimnisvollen Mädchens, die Jack Nicholson auf dem Weg in seinen Tod begleitet, durch diverse Alkohol- und Drogenexzesse von der Bildfläche verschwand. Maria Schneider verstarb 2011 an einer Krebserkrankung. In einem früheren Interview gab sie an, dass sie diese Rolle in "Beruf: Reporter" m meisten schätzte. Auch wenn sie in der Folgezeit immer wieder in Filmen engagiert wurde, konnte sie nie mehr an diesen frühen Ruhm der 70er Jahre anknüpfen.
Berühmt ist der Film vor allem durch die 7-minütige Schlußszene und wer sie nicht kennt: Einfach genießen - ich finde, es ist eine der besten Filmsequenzen aller Zeiten und schon alleine diese Szene ist es, die den Film zu einem Meisterwerk macht.
Man muss sich auf aber den langsamen Erzählrhythmus von Antonioni einstellen - der Regisseur setzt weniger auf Spannung, sondern konfrontiert den Zuschauer mit einer Atmosphäre, die ständig auf einen doppelten Boden hindeutet.
Es geht um den Reporter David Locke (Jack Nicholson), der in der Wüste des Tschad eine Dokumentation über Rebellen macht. Man merkt, dass der Mann, der in seinem Beruf sehr geachtet wird und auch über eine gewisse Bekannheit verfügt, irgendwie ausgebrannt und leer erscheint. Im gleichen Hotel wie er ist auch ein gewisser David Robertson (Charles Mulvehill) abgestiegen. Die beiden Männer lernen sich kennen, trinken etwas zusammen und unterhalten sich über Gott und die Welt. Von Robertson weiß Locke lediglich, dass er im Tschad Geschäfte macht. Und die beiden Männer haben auch optisch eine gewisse Ähnlichkeit. Am anderen Tag entdeckt Locke seinen neuen Bekannten tot in seinem Zimmer - vermutlich Herzinfarkt. Statt das Personal zu verständigen, macht er sich sofort daran seinen und Robertsons Pass zu fälschen, indem die Passbilder getauscht werden. Erst als er Robertsons Leiche in sein Zimmer geschleppt, dort aufs Bett gelegt hat geht er zur Rezeption und meldet dort, dass der Journalist Locke tot im Bett liegt. Mit neuer Identität ausgestattet, kehrt er nach London zurück und holt nur noch einige persönliche Dinge aus seiner Wohnung - dann nimmt er die Termine aus dem Kalender von Robertson wahr. Diese führen ihn nach München und findet bald heraus, dass Robertson ein Waffenhändler war. Er trifft sich mit Rebellen und lernt im nächsten Reiseziel Barcelona ein junges Mädchen (Maria Schneider) kennen. Er meint sich daran erinnern zu können, dass er sie schon in München oder London gesehen hat. Inzwischen ist auch Lockes "Witwe" Rachel (Jenny Runrace) nicht untätig, denn sie will näheres über die Begleitumstände des Todes ihres Mannes herausfinden und da sie weiß, dass Robertson der letzte Mensch war, mit dem David Kontakt hatte, macht sie sich auf die Suche nach dem Waffenhändler.
Das Mädchen wird seine Geliebte und Reisebegleiterin - als er merkt, dass er mit dem Identitätstausch überfordert ist, will er sich in Tanger absetzen. Die geheimnisvolle Begleiterin kann ihn aber überzeugen, dass er die falsche Identität aufrechterhalten soll. Im südspanischen Kaff Osuno checken die beiden im Hotel de la Gloria ein. Dort erfüllt sich das Schicksal...




Was David nicht weiß, dass ahnt der Zuschauer im Verlauf der Geschichte. Denn er wird beobachtet und die Rolle des Mädchens ist auch sehr undurchsichtig. Am Ende wird der Zuschauer aber sich selbst einen Reim auf die Ereignisse machen müssen, er sieht aus dem Fenster des Hotelzimmers, in dem David schläft, was draussen vor sich geht. Grandiose Szene wie gesagt - die US-Kritik hatte natürlich Mühe mi dem Film, weil er die Schlußfolgerungen dem Zuschauer überlässt und nur gewisse Anhaltspunkte liefert, die man zusammensetzen kann. Dann wird das Bild etwas klarer, aber nicht perfekt. "Blow up" lässt einmal mehr grüßen und Antonioni hatte natürlich Recht: Der europäische Filmfan kommt mit einem offenen Ende viel besser zurecht als der Ami, der alles erklärt haben will.




Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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