Regie: Francois Ozon
Die Nähe eines Fremden...
"Frantz" ist ein sehr ungewöhnlicher Film für Francois Ozon und
erinnert leicht an Francois Truffauts Klassiker "Jules und Jim". Bei der
Cesar Verleihung ging der Film neben "Elle" mit insgesamt 11
Nominierugen als großer Favorit ins Rennen. Am Ende gewann aber
lediglich die Kameraarbeit von Pascal Marti den Preis. Die
französisch-deutsche Koproduktion orientiert sich an dem alten Ernst
Lubitsch Film "Der Mann, den sein Gewissen trieb" aus dem Jahr 1932.
Ozon hat größtenteils in schwarz-weiß gedreht, gelegentlich gibt es
aber auch einige Sequenzen in Farbe und beide Varianten sehen sehr gut
aus. Wahrscheinlich wirkt das schwarz-weiß für diesen Film, der im Jahr
1919 spielt, sehr intensiv. Ich bin mir aber sicher, dass "Frantz" in
Farbe einen ebenso guten Eindruck hinterlassen hätte.
Trotz vieler geglückter Filme (Ein kriminelles Paar, Tropfen auf
heiße Steine, Unter dem Sand, Swimmingpool oder In ihrem Haus) ist
"Frantz" vielleicht sogar Ozons bisher bester Film.
Quedlinburg im Jahr 1919: Das Leben in der deutschen Kleinstadt
geht nach dem Ende des 1. Weltkriegs weiter. Viele Bürger haben Opfer zu
beklagen, viele junge Männer kehrten von der Front nicht mehr nach
Hause. So auch der junge Frantz Hoffmeister (Anton von Lucke), der vor
dem Krieg in Paris studierte und sich für die französische Lebensart
besonders begeisterte. Von seinem Vater (Ernst Stötzner) wurde er aber
fast dazu gedrängt als guter Patriot ins Feld der Ehre zu ziehen. Nun
ist er tot - er hinterlässt einen verbitterten Vater, der sich schwere
Vorwürfe macht, eine trauernde Mutter (Marie Gruber) und seine Verlobte
Anna (Paula Beer), die regelmäßig das Grab auf dem Friedhof aufsucht.
Eines Tages entdeckt sie frische Rosen auf dem Grab. Sie bemerkt am
nächsten Tag einen jungen Mann (Pierre Niney), der dort erneut Blumen
ablegt. Sie findet heraus, dass der Unbekannte ein Franzose ist, der
sich im Hotel ein Zimmer genommen hat. Von der Dorfbevölkerung wird er
misstrauisch bis feindselig registriert. Der Mann klingelt auch bei den
Hoffmeisters und stellt sich als Adrien vor, er behauptet ein Freund des
verstorbenen Frantz gewesen zu sein. Nach anfänglichem Schock über den
Fremden wird er bald zum gerngesehenen Gast im Haus. Er schafft es als
Fremder den toten Sohn wieder lebendig zu machen. Adrien erzählt über
die gemeinsame Zeit in Paris, wie sie gemeinsam Musik gemacht haben und
wie sie Museen besucht hätten. Dabei erwähnt er auch Frantz
Lieblingsbild von Manet, dass im Louvre hängt. Annas Schwiegereltern
finden durch den französischen Freund ein Art inneren Frieden und Anna
fühlt sich sogar zu ihm irgendwie hingezogen. Doch hat er die Wahrheit
erzählt?
Tatsächlich offenbart Adrien Anna sein echtes Motiv und dies
steuert "Frantz" in eine ganz andere Richtung. Es ist jedenfalls als
Zuschauer ein schönes Erlebnis auf dieser Erkundung dabei zu sein. Der
Regisseur hat das Thema subtil und sicher inszeniert. Es dominieren
Melancholie und eine gewisse Wehmut. Wenn man sich darauf einlassen
kann, dann wird man von Ozons deutsch-französischer Beziehung begeistert
sein. Paula Beer und Pierre Niney spielen sehr glaubwürdig und macht
die Befindlichkeiten vor 100 Jahren sehr plausibel. Die Schwierigkeiten
der Annährerung und tiefergehend die Möglichkeiten des Verzeihens, die
die Lüge dann nicht mehr notwendig macht. Anfänglich überaus düster, am
Ende mehr als nur ein Hoffnungsschimmer.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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