Freitag, 7. Dezember 2012

The Blind Side

 

Regie: John Lee Hancock

Laß die Mutter Teresa in dir raus...

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich mag Sandra Bullock und ich finde ihre Darstellung in "Blind Side - Die große Chance" von Regisseur John Lee Hancock sehr überzeugend:
Ihre Leigh Ann Tuohy ist kein eindimensionaler Gutmensch sondern wird von der sympathischen Schauspielerin auch mit einigen Schwächen ausgestattet und vor allem passt sie perfekt als dominante Kämpfernatur, die gemäßigt emanzipiert auftritt, sehr sexy ist und auf ihre Mitmenschen patent, durchsetzungsfähig und erfolgreich wirkt. Eine moderne Frau von Heute, eine echte Idealvorstellung - zumal Leigh Ann nicht nur eine erfolgreiche Innenarchitektin ist, sondern auch eine perfekte Mom für ihre beiden glücklichen Kids Collins (Lily Collins) und Sean S.J. (Jae Head). Ihre Ehe mit Sean (Tim MacGraw) ist intakt und die Tuohys sind sehr vermögend, es fehlt an Nichts.
Die amerikanische Vorzeigefamilie steht auf Sport, vor allem auf Football, der im Verlauf der Story noch eine große Rolle spielen wird und gelegentlich eine Metapher zwischen der Action auf dem Platz und dem real life (oder wie es in Blind Side gezeigt wird) vorgenommen wird.
Wobei der Film up to date zu sein scheint, denn tatsächlich setzt sich ja in Amerika ein Trend fest, dass reiche Menschen wie Bill Gates und sein Freund Warren Buffett einen großen Teil ihres Vermögen in Stiftungen fliessen lassen, die der Unterschicht zugute kommen soll. Erfolgreich machen sie bei anderen Milliardären Werbung ihrem Beispiel zu folgen.
Unter diesem Gesichtspunkt läuft auch "Blind Side" ab, denn es ist die Geschichte einer reichen Frau, die einem armen schwarzen Jugendlichen durch Zuwendung und größtem Engagement hilft auf die rechte Bahn zu kommen und womöglich auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten seinen Weg zu machen:
Der 17-jährige Michael Oher (Quinton Aaron), von allen "Big Mike" genannt, wächst in verschiedenen Pflegefamilien auf, weil die Mutter von ihrer schweren Drogensucht nie lassen konnte. Der Vater eines Freundes stellt das introvertierte Riesenbaby dem Football-Coach (Ray McKinnon) einer christlichen Schule in Memphis vor. Der erkennt Michaels außergewöhnliches Talent fürs Footballspielen und so kommt der Junge, der in anderen Fächern massive Defizite aufweist, tatsächlich an dieser Schule unter.
Zu gleichaltrigen findet der schüchterne Michael nur schwer Kontakt, dafür befreundet er sich sehr schnell mit dem kleineren Schüler SJ, Sohn von Leigh Ann. Nach einer Thanksgivingfeier vor den Ferien an der Schule ihrer Kinder bemerkt sie, wie dieser Michael ganz alleine im Dunkeln auf der Straße läuft und vor Kälte zittert. Aus Mitleid nimmt sie ihn mit nach Hause und aus der einen Übernachtung wird sehr schnell ein längerer Aufenthalt mit viel Mutterwärme, republikanischem Lebensstil und der gesetzlichen Vormundschaft. Und mit der Demokratin Miss Sue (Kathy Bates) gibts noch eine geduldige Privatlehrerin obendrauf. Wenn das nicht zum Erfolg führt. Inzwischen besagt die Schultestung, dass Michael in einer geprüften Kategorie "natürlichen Beschützerinstinkte" mit 98 & phänomenal gut abgeschnitten hat. Doch was bedeutet dies für seinen Werdegang und wird er dies beim Football erfolgreich nutzen können..
Puh...ich mag Märchen und ich hab auch nichts gegen diese typischen amerikanischen Geschichten vom Underdog, der Karriere macht. Aber "Blind Side" nimmt sich m.E. viel zu Ernst und bleibt zu sehr seichte Unterhaltung auf Seifenoperniveau und umgeht die aus der Geschichte resultierende Gesellschaftskritik, indem der Film wenig Realismus zeigt. Die "Adoption" funktioniert so nahtlos, ohne dass die Familie miteinander diskutieren muss - es geschieht einfach.
Die erbaulich-harmonische Feelgood-Story ist phasenweise voll mit kitschig überhöhten Schlüsselszenen und setzt auf die üblichen Tränendrücker.
Wer sich an dem American Spirit der konservativen Prägung nicht stört, der wird den Film vielleicht unter diesem Aspekt als Herzerwärmer oder Feelgood-Movie geniessen können.
Mich hat der über 120 Minuten lange Film sogar öfters gelangweilt. Gefallen hat mir der Film nicht - trotz Sandra Bullock, die gut war - und die vielen euphorischen Kritiken für soviel Klischees sind mir ein Rätsel.
Mit 255 Millionen Einspielergebnis ging die Rechnung der Macher aber bestens auf.

Bewertung: 2 von 10 Punkten.

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