Sonntag, 10. Mai 2015

Who am I ?


Regie: Baran bo Odar

Clowns laughing at you...

"Who am I - Kein System ist sicher" ist ein äusserst gelungener deutscher Genrefilm des Regisseurs Baran bo Odar, der bereits 2010 mit "Das letzte Schweigen", einem Kriminalfilm über Vergewaltigung und Mord eines 11jährigen Mädchens beeindrucken konnte. Ein großer Publikumserfolg ist ihm damals nicht gelungen, aber mit seinem etwas abgefahrenen Hackerthriller umso mehr. Mehr als 750.000 Kinokarten wurden in Deutschland verkauft und inzwischen hat sich Warner die Rechte für das Remake gesichert, das demnächst realisiert werden soll. 
Der begabte Hacker Benjamin (Tom Schilling) ist schüchtern und verbringt seine Zeit oftmals in den Weiten des Internets, denn dort muss er nicht er selbst sein, sondern kann er einfach ein Pseudonym überstülpen. Im normalen Leben arbeitet er abends bei einem Pizzadienst und ist verliebt in die Studentin Marie (Hannah Herzsprung), die aber unerreichbar für ihn scheint. Als er nach einem gescheiterten Angriff auf einen Uni-Server zu einigen Sozialstunden verurteilt wird, lernt er den extrovertierten Max (Elyas M. Barek) kennen, das absolute Gegenteil von ihm selbst. Ihm fällt es sehr leicht Kontakt mit den Mitmenschen aufzunehmen, vor allem hat er aber auch einen Schlag bei den Mädchen. Im Gespräch merken die beiden jungen Männer, dass sie beide Interesse und Fähigkeiten im computertechnischen Bereich haben und gerne "hacken". Max lädt den unscheinbaren Benjamin auf eine Party ein. Dort in diesem fremden Haus lernt Benjamin die Freunde von Max kennen: Stephan (Wotan Wilke Möring) und Paul (Antoine Monot jr) legen Wert darauf, dass der Neue eine Aufnahmeprüfung bestehen soll. Diese Hürde besteht Benjamin spielend. Als seine demenzkranke Oma verstirbt, wird deren Haus zum neuen Domizil der nunmehr aus vier Köpfen bestehenden Hackergruppe. Benjamin fällt auch ein Name für das Quartett ein "Clowns laughing at you" und als Anlehnung an die im Hackerbereich weitverbreitenden Maskierungen nennt man sich fortan "Clay". Getrieben von Max´Suche nach Anerkennung in Darknets werden die Hackerangriffe der Vier immer brisanter.  Vor allem die Wertschätzung von MRX (Leonard Carow), dem Anführer der "Friends" soll erreicht werden. Dieser wurde unter anderem durch Angriffe auf soziale Netzwerke bekannt und genießt im Deep Web ein hohes Ansehen. Doch dessen Wertschätzung ist schwer zu erlangen. Er verspottet sogar die Aktivitäten von Clay, die immerhin in den Medien präsenter werden. Ziel von Clay war es am Anfang der Gesellschaft etwas zu zeigen, um damit Gutes zu bewirken, doch die Ziele verändern sich.
Aus Spaß wird plötzlich Ernst, als die Gruppe auf das Fahndungsraster von BKA und Europol gerät. Gejagt von der Cybercrime-Ermittlerin Hanne Lindberg (Trine Dyrholm) ist Benjamin jetzt kein Niemand mehr sondern ein gesuchter Internetkrimineller...


 Dies alles ist sehr effektiv und sehr modern inszeniert. Gut umgesetzt sind auch die virtuellen "Szenetreffpunkte" im Netz, in denen sich maskierte Menschen mit selbstgewählten Identitäten präsentieren. Die Handlung, die sehr temporeich präsentiert wird, wartet mit sehr interessanten Details auf und alles läuft möglicherweise auf einen Plot hin. Aber wie sieht der aus ? Das ist schwierig herauszufinden und macht zusätzlich einen großen Reiz aus. Es geht um Manipulation, um doppelten Boden und man weiß nie wer jetzt wen manipuliert und wer von wem manipuliert wird. Tom Schilling hat wieder eine sehr gute Rolle bekommen, nach "Oh Boy" ein weiteres Highlight für den jungen Schauspieler. Vor allem ist natürlich die schrille Hochglanzoptik das Herzstück des rasanten Films. Baran be Odar führt grandios durch das dichte digitale Labyrinth.


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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