Freitag, 19. Juni 2015

Blue Ruin

























Regie: Jeremy Saulnier

Eine alte Rechnung...

Jeremy Saulnier ist mit seinem ungewöhnlichen Rachethriller "Blue Ruin" ein kleines Meisterwerk geglückt, das nicht nur an den frühen Coen-Film "Blood Simple" erinnert, sondern ähnlich geglückt ist wie das Vorbild. Das Geheimnis des Erfolgs dürfte vor allem bei der ungewöhnlichen Besetzung liegen. Macon Blair als Rächer entspricht so gar nicht dem bisherigen Bild dieser Species und auch seine Helfer wie Devin Ratray als Ben Gaffney sind famos besetzt und sorgen dafür, dass aus einem ganz normalen Rachethriller etwas ganz besonderes wird. Dabei setzt der Film am Anfang auf ein sehr gemächliches Tempo und man ist beinahe ein bisschen gelangweilt von den Impressionen, die man da zu sehen bekommt. Dwight Evans (Macon Blair) ist ein Landstreicher, der manchmal in seinem alten Auto haust und manchmal in leerstehende Häuser einbricht, nur um mal ein Bad zu nehmen. Er sucht im Müll nach essbaren Lebensmitteln und lebt in den Tag hinein. Ein echter Verlierer, der keine Freunde hat. Eines Morgens wird er von einer Polizistin geweckt, die ihm eine wichtige Nachricht lieber persönlich mitteilen möchte und deshalb nimmt sie ihn mit ins Revier. Dort teilt sie ihm mit, dass ein gewisser Wade Cleland aus dem Gefängnis entlassen wurde. Es stellt sich bald heraus, dass dieser gewisse Wade der Mörder von Dwights Eltern war und für diesen Doppelmord im Knast saß. Die Nachricht scheint so als würde sie die Lebensgeister von Dwight Evans neu erwecken und ihn aus seiner jahrelangen Lethargie herauszuholen. Er macht den Wagen fahrtüchtig und kehrte in seine Heimatstadt in Virginia zurück. Dort beobachtet er den Entlassenen und folgt dessen Auto. In einem Club legt er sich auf der Toilette auf der Lauer. Nach einem Kampf mit dem Mörder bleibt dieser am Boden liegen und stirbt an der Stichwunde, die Dwight ihm zugefügt hat.  Er flüchtet mit seinem Wagen und merkt nicht mal, dass eine Person im Auto sitzt. Er lässt den jungen William (David W Thompson) aber laufen, obwohl er zum Clan der Clealands gehört. Danach rasiert sich Dwight seinen ungepflegten Bad und erscheint als völlig anderer Mensch bei seiner Schwester Sam (Amy Hargreaves), die inzwischen zwei Kinder hat und erzählt ihr von seiner Tat. Sam hält ihren Bruder für schwach, ist aber froh, dass der Mörder seine gerechte Strafe erhalten hat. Dennoch muss sie ab sofort auch um ihr Leben und um das Leben ihrer Kinder fürchten, denn die Clealands gehen nicht zur Polizei sondern regeln ihre Angelegenheiten immer als Rächer. Nun wird erstma Dwight, der Jäger zum Gejagten. Er bringt Sam in Sicherheit und wartet im Haus auf den ersten Angriff der Clealands...

"Blue Ruin" ist mit seinen 94 Minuten Laufzeit zwar knackig kurz, aber dennoch vermittelt das Gesamtwerk eine sehr eindrucksvolle Geschlossenheit. Es wird im Laufe der Geschichte einige Wendungen geben und man fiebert sehr schnell mit diesem Antihelden mit, der im Grunde wirklich nicht zum Mämpfen geboren ist - aber in dieser Sache völlig über sich hinauswächst. Selten wurde Rache so konsequent durchgeführt wie von diesem unscheinbaren Typ von Nebenan.
Mehr noch: "Blue Ruin" ist ein lupenreiner Film Noir der neuen Generation und ebenso Tragödie von geradezu antikem Zuschnitt.
In den Konstellationen der Figuren, in ihren Dialogen und dem Hin und Her von Freund und Feind ist der Film sogar phasenweise klassizistisch. "Blue Ruin" kostete im Gegensatz zu seinen Genreverwandten wie "Gangster Squad" oder "A Dame to kill for" keine 60 Millionen Dollar, sondern nur schlappe 425.000 Dollar. Ein Beweis dafür, dass gute Filme nicht viel Geld kosten müssen, wenn man weiß wie man alte Geschichten neu, innovativ und ungewöhnlich erzählen kann. Sicherlich eines der Highlights des Filmjahres mit großartigen Vorstellungen dieser unverbrauchten, neuen Gesichtern wie Macon Blair und Devin Ratray.


Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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