Donnerstag, 16. August 2018

Nikolaus und Alexandra

















Regie: Franklin J. Schaffner

Das Schicksal der Familie Romanow...

Vom erfolgreichen FilmProduzenten Sam Spiegel stammt folgendes Zitat"Ich behaupte seit Jahren, dass das Niveau des Publikums viel höher ist, als die Filmproduzenten und Filmregisseure und Filmchefs der Welt vermuten. Und ich behaupte immer, dass man zum Niveau des Publikums hinaufschreiben muss und nicht patronisierend herunterschreibt" - und für seine anspruchsvollen Produktionen erhielt er dreimal den Oscar für den besten Film des Jahres. 1955 für "Die Faust im Nacken" und für die David Lean Filme "Die Brücke am Kwai" und "Lawrence von Arabien". 1968 kaufte Spiegel die Leinwandrechte zu Robert K. Massies Buch "Nicholas and Alexandra", das sich 1967 über vier Monate lange in den amerikanischen Bestsellerlisten hielt. Der Bühnenautor James Goldman (Der Löwe im Winter) hatte die Aufgabe das Buch für die Leinwand zu adaptieren - die Regie übernahm Franklin J. Schaffner, der für sein Kriegsepos "Patton" einige Monate vorher den Oscar als bester Regisseur gewonnen hatte.Auf die Geschichte der Familie Romanow stieß der Buchautor Robert K. Messie im Rahmen seiner Suche nach Informationen über die Bluterkrankheit, unter der sein Sohn litt. Bei seinen Bemühungen herauszufinden, wie andere Familien mit dieser Krankheit umgingen, beschäftigte sich der Autor mit dem Leben und der Ära des letzten russischen Zaren Nikolaus II, dessen einziger Sohn, der Zarewitsch Alexis, ebenfalls Bluter war.
"Nikolaus und Alexandra" wurde in den Sevilla Studios in Madrid realisiert - zu den für den Film sorgfältig recherchierten Kulissen gehören die Korridore, Hallen, Treppenhäuser, Büros un der Empfangssalon des Zarenpalastes bei St. Petersburg. Aber auch das Jadgschloss in Spala, sowie der Speisesaal und Ballsaal des Großherzogs Nikolaus. Bei den Kritikern wurde der Film sehr positiv aufgenommen. Die Academy entschied auf 6 Nominierungen für den Oscar. Als bester Film, beste Musik, beste Kamera Freddie Young, Beste Ausstattung, beste Kostüme und die Britin Janet Suzman als beste Darstellerin für ihre Rolle als unbeliebte Zarengattin Alexandra.
Zwei dieser Nominierungen (Kostüme und Ausstattung) wurden auch in Siege umgewandelt. Somit ein guter Erfolg für diesen klassischen Monumentalfilm. Er hatte aber an der Kinokasse beträchtliche Probleme und konnte in den USA lediglich 7 Millionen Dollar einspielen. Bei einem Budget von 9 Millionen kein gutes Ergebnis. Dabei wurde ja schon drastisch gespart, weil bereits David Lean ein Jahr zuvor mit seinem opulenten Irland-Drama "Ryans Tochter" unter den Erwartungen lag. Möglicherweise war die Zeit dieser ausufernden Leinwandspektakel vorbei. Man wollte für die Hauptrollen Peter O´Toole und Vanessa Redgrave, doch das hätte den Rahmen des Budget völlig gesprengt - so erhielt Michael Jayston von der Royal Shakespeare Company und die britische Theaterdarstellerin Janet Suzman den Zuschlag für die Hauptrollen. Interessanterweise tauchen aber auch in "Nikolaus und Alexandra" ganz große Namen in ganz kleinen Rollen auf: Laurence Olivier, harry Andrews, Jack Hawkins, Michael Redgrave, Ian Holm und Curd Jürgens sind zu sehen.
Das Herzstück des Films ist tatsächlich der Zar und seine Frau, die bemerkenswerteste Nebenrolle ist der Sohn des Jahres, der vom britischen Kinderstar Roderic Noble gespielt wurde. Er hat einige der besten und nachhaltigsten Szenen des ganzen Films und scheint als Einziger am Ende "das Ende" seiner Familie kommen sehen. Darüberhinaus zeigt "Nikolaus und Alexandra" auf eindrückliche Weise wie ein Mensch Opfer seiner Rolle ist bzw. ganz automatisch in eine bestimmte Rolle hineinwächst - hier als Zar - und erst zu spät erkennt, dass durch sein Einwirken und seinem Festhalten an diesem Status - Millionen von Menschen sterben müssen. Somit sind hier sicherlich Parallelen zum franzöischen Königshof vor der Revolution zu entdecken - aber auch zum Leben und Wirken von Pu Ji , dem letzten Kaiser von China, dessen Schicksal in einem viel bekannteren Film von Bertolucci verfilmt wurde.







Natürlich bekommt auch die russische Revolution einen großen Platz in dieser Geschichte. Für diese Umwälzungen im Land sind Leute wie Lenin (Michael Bryant), Trotzki (Brian Cox) oder Stalin (James Hazledine) verantwortlich. Eine Schlüsselrolle fällt dem selbsternannten Heiler Rasputin, gespielt von Tom Baker, zu. Der wird zum Ratgeber der Zarin und zieht sich alleine schon damit den Zorn des Volkes zu. Er wird von dem schwulen Adligen Prinz Felix Jussupow (Martin Potter) in eine tödliche Falle gelockt. Schaffners Film wirkt auf den ersten Blick etwas spröde, doch er steigert sich von Minute zu Minute. Nach der Intermission wirds sogar hochspannend. Leider ist "Nikolaus und Alexandra" inzwischen sehr stark in Vergessenheit geraten. Schade, denn für mich ist der Film äusserst gut gelungen - ein glänzendes Epos alter Schule, etwas dunkler und viel düsterer als viele seiner filmischen Verwandten. Der Zar war ein Schlächter und das wird ihm erst dann klar als man ihn mit seinen Verbrechen konfrontiert. Vorher war er Zar und über jeden Zweifel erhaben. Ein nicht ganz einfaches, eher unbequemes Epos, dass für mich Geschichte lebendig werden lässt durch seine Deutlichkeit und seine immense Detailtreue.







Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.

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