Samstag, 25. August 2018

The Florida Project

























Regie: Sean Baker

Willkommen im Magic Castle Motel...

Das American Film Institute wählte Sean Bakers ungewöhnlichen Film "The Florida Project" unter die 10 besten Filme des Jahres 2017. Und Nebendarsteller Willem Dafoe erhielt immerhin gerechterweise jeweils eine Oscar- und eine Golden Globe Nominierung als bester Nebendarsteller des Jahres.
Den noch eher unbekannten Filmemacher Sean Baker, geboren 1971, sollte man sich auf jeden Fall merken, denn in seinem Film setzt er total auf den Kontrast zwischen den amerikanischen Traumwelten wie Disney Land und der Realität der Straße.
Seine vorigen Filme blieben allesamt Geheimtipps. In "Four Letter Words" sind junge amerikanische Männer und ihre Einstellung das Thema, es folgten "Starlet" und "Tangerine L.A.", den er komplett mit einem iPhone 5S. Er feierte damit beim Sundance Film Festival Premiere.
Mit "The Florida Project" drehte er seinen bisher erfolgreichsten Film, für den er auch das Drehbuch schrieb. Es ist die Geschichte einer Mutter und Tochter aus der Unterschicht, die vorübergehend in einem Motel in der Nähe von Disney World in Florida wohnen.
Dabei nimmt der Film vor allem die Perspektive der kleinen Monee (Brooklyn Prince) ein, die als Kind noch sehr unbeschwert wirkt. Dabei hat ihre junge tätowierte Mutter Halley (Bria Vinaite) vor kurzem ihren Job verloren und das Geld ist natürlich mehr als knapp. Nur durch kleine Gaunereien, mit Schnorren und gelegentlichem Strippen kann sich die junge Mutter die Miete fürs Motel leisten. Geschäftsführer dieses rosaroten Wohnkomplexes ist Bobby (Willem Dafoe), der zwar knallhart die Miete einfordert, aber dennoch gewisse Sympathien für seine Mieter - allesamt Unterschicht, allesamt Verlierer - aufbringt. Die kleine Monee hängt mit ihren gleichaltrigen Freunden Scooty (Christopher Rivera) und Dicky (Aiden Malik) rum, die Kinder haben ständig Unsinn im Kopf und frech und respektlos gegen die Erwachsenen. Als sie auf das Auto von Grandma Stacy (Josie Olivo) spucken, findet das Mom Halley eher witzig. Aber die drei müssen das Auto zur Strafe putzen und so lernt Monee auch die etwa gleichaltrige Jancey (Valeria Cotto) kennen, die später ihre beste Freundin wird. Mom Halley geht mit Ashley (Mela Murder), ebenfalls alleinstehend und Mutter des kleinen Scooty, am Abend aus. Sie werden Freundinnen. Doch nicht für lange. Denn die Kinder verursachen durch ein Feuerzeug einen Brand. Ashley verbietet ihrem kleinen Jungen den weiteren Kontakt zu Monee. Halley hält sich mit Betrügereien über Wasser, doch bald muss sie anschaffen gehen. Das Jugendamt bekommt davon Wind. Am Ende soll ihr die Tochter weggenommen. Doch Monee will bei ihrer Mom bleiben, sie haut ab und erreicht in Disney das legendäre Märchenschloß...







Was dann auch das Schlußbild eines hervorragenden Films ist, der ein realistisches Bild der Unterschicht zeigt. Der Regisseur hegt aber ebenfalls - ähnlich wie seine Filmfigur Bobby - Sympathien für diese Benachteiligten, er zeigt daher nicht nur die Schattenseiten und schlechten Eigenschaften. Er zeigt Halley auch wie sie sich bemüht eine gute Mutter zu sein, man merkt, dass sie ihre kleine Tochter sehr liebt. Für die kleine Monee ist die Motelanlage, die die Kinder Magic Castle, nennen. ein Stück weit unbeschwerte Kindheit. Sean Baker zeigt dies alles sehr unaufdringlich und phasenweise einfach als Beobachter, der die Kamera auf diese Welt am Rande der Gesellschaft hält. Dabei verzichtet er auf eine konventionelle Dramaturgie, vielmehr sind es Episoden, die am Ende zum Großen Ganzen werden.
Die Umgebung dient als beinahe unwirklicher Katalysator. Der Spielplatz ist eine Art Sumpfgelände, der Supermarkt hat die Form einer Orange und über die "Straße der sieben Zwerge" erreichen sie ihr Zuhause. Gelegentlich essen die Kinder ein Eis aus einem Eisladen, der die Form einer Eiswaffel hat. Das Motel ist schäbig, bietet aber Schutz und Heimat. Ein Film mit großer Wirkung - ein bisschen verwandt mit "American Honey" von Andrea Arnold - fast schon eine Art Bestandsaufnahme einer benachteiligten Unterschied und ein Film, der eigenartig faszinierend ist - aber aber auch betroffen macht. Als das Jugendamt auftaucht ist das ähnlich intensiv wie Ken Loachs "ladybird".








Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

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