Freitag, 23. Juni 2017

The Act of Killing

















Regie: Joshua Oppenheimer

Täter und Opfer....

Indonesien 1965: Am 30. September kam es zu einem Putschversuch von Teilen des Militärs. Der rechtsgerichtete General Suharto schlug den Aufstand nieder und erklärte die am Putschversuch nicht beteiligte kommunistische Partei des Landes zum Schuldigen. Sie wurde verboten und die Kommunisten verfolgt, gefoltert und getötet. Nach Schätzungen fielen dieser Säuberung ca. 1 Million Menschen zu Opfer, auch die chinesische Minderheit teilte das Schicksal der Kommunisten. Die USA standen zu Suharto. Wer in den Verdacht kam ein Kommunist zu sein, der unterschrieb damit zugleich sein eigenes Todesurteil. Staatlich organisierte, paramilitärische Todesschwadronen und Gangster führten die Exekutionen aus. Da es in Indonesien nie eine Vergangenheitsbewältigung dieser Greueltaten gab, leben die Täter bis heute unbehelligt, sie können sogar mit ihren Taten angeben und prahlen, da noch heute weite Teile der Öffentlichkeit hinter diesen Helden der Nation stehen. Gangster, wie diese Täter sagen, heißt in Wirklichkeit "freier Mann" und tatsächlich sahen sie es damals als ihre Pflicht an die bösen Kommunisten zu vernichten - im wahrsten Sinne des Wortes.
Joshua Oppenheimers bemerkenswerter Dokumentarfilm wurde in der aktuellen Umfrage über die wichtigsten Filme unseres neuen Jahrhunderts auf den 14. Platz gewählt - auch der europäische Filmpreis wurde an "The Act of Killing" vergeben. Wie der Name bereits sagt, geht Oppenheimer einen gewagten Weg. Er lässt die Täter von einst ihre eigenen Taten noch einmal vor der Kamera nachspielen.
So wird der Zuschauer Zeuge des inzwischen alten Anwar Congo, der tanzend zu den Verhören kam und wusste, dass er nun eine ganze Menge Kommunisten foltern und umbringen wird. Er wird aber auch als liebevoller Opa seiner beiden Enkelsöhne gezeigt und ermahnt diese, weil sie durch zu ungeschicktes Anfassen ein junges Kaninchen verletzt haben. "Streichelt es doch" sagt er zu ihnen "so ist gut". Ein weiterer Schlächter von damals meint er würde nichts bereuen, denn schließlich schreiben immer die Sieger die Geschichtsbücher und er und seine Männer sind als Helden in den Geschichtsbüchern Indonesiens verzeichnet, haben sie doch das Land vor der roten Invasion gerettet. Der kalte Krieg von damals, so scheint es, den Russland und die USA führten, scheint als Legitimation gut zu dienen für all dies Morde. Die Praktiken, die die Täter anwendeten, werden von ihnen ganz offen beschrieben. Einmal sind sie sogar im indonesischen Staatsfernsehen zu sehen, sie werden irgendwie wie Popstars gefeiert. Lediglich die Techniker des TV merken an, dass sie es befremdlich finden so offen über diese Morde zu sprechen.
Die Praktiken nahmen die Täter aus dem Fundus des amerikanischen Films...Anwar Congo gibt an, dass er vor allem von Al Pacino und von John Wayne beeinflusst wurde. Dieses Bewusstseinsdefizit der Täter wird erst am Ende des 156 Minuten langen Films etwas aufgemischt. Denn es ist Anwar Congo, der inzwischen seit Jahren von Geistern verfolgt wird, und glaubt, dass es mit den Tötungen zusammenhängen könnte. War es falsch ? meint er und diese Erkenntniss führt zum ständigen Würgereiz und beinahe zum Erbrechen. Aber dann reißt er sich wieder zusammen. Bestraft wurde ja nie einer dieser Schlächter.
Neben Errol Morris war auch die deutsche Regielegende Werner Herzog als ausführender Produzent beteiligt. Er liefert auch das Vorwort zu dieser eigenwilligen Dokumentation, die nicht wertet. Die Kamera muss nämlich keinen überführe, sondern sie muss nur das genau festhalten, was die Protagonisten offen aussprechen als nun ältere Männer. Das eindrückliche daran ist das höchst befremdliche Spiegelbild einer Siegergeschichtsschreibung und der Zuschauer kann sich selbst Gedanken zu diesen historischen Phänomenen machen....Guantanamo kommt in den Sinn, die Greueltaten der Nazizeit und das viele Kriegen und Morden auch in unserer heutigen Zeit. Man kann sogar stolz darauf sein, dass wir Deutschen als eine der wenigen Nationen überhaupt uns unserer Vergangenheit schonungslos stellten und die Verantwortung nicht verleugneten und sie schönredeten. Auch wenn es vielleicht einige Jahrzehnte gedauert hat.


Der Film ist nichts für schwache Nerven und möglicherweise produziert er bei jedem etwas andere Gedanken dazu. Es ist unmöglich diese Mörder zu begreifen, wenn sie beschreiben wie sie Hunderten von Menschen eine Drahtschlinge um den Hals legten und sie sadistisch erwürgten. Diese Todesart wurde von den Schergen favorisiert, weil das Köpfen und Durchsieben mit Knarre viel zu viel Blut produziert hat. Die Entsorgung der Feinde dauerte dann auch viel zu lange.
Es sind Väter, Großväter, Ehemänner und die netten Leute von Nebenan, die sich abends gemütlich auf der Straße bei einem Getränk treffen, zusammen singen oder beim Bowling zusammen hängen.
Keiner dieser Männer  ist sich über seine Taten im Unklaren. Sie geschahen ihrer Meinung nach für die richtige Sache, somit sind auch die Morde richtig. Mit 3 Millionen Mitgliedern war auch die Pacasila Jugend, die heute noch aktiv ist, in die Massaker verstrickt. Noch heute verbreitet diese paramilitärische Organisation Angst und Einschüchterung bei der Bevölkerung.



Bewertung: 7 von 10 Punkten.

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