Donnerstag, 29. Juni 2017

Wolfskinder

























Regie: Rick Ostermann

Kinder ohne Heimat...

War das wirklich so ?  Rick Ostermanns erinnert in seinem Film an die "Wolfskinder".  Elternlose und heimatlos gewordene Kinder aus dem nördlichen Ostpreußen, die am Ende des Zweiten Weltkrieges in das Baltikum, vor allem nach Litauen oder Lettland flüchteten und wenn Sie Glück hatten fanden sie Bauern, bei denen sie leben und arbeiten konnten. Diese Kinder hatten Mühe ohne die Eltern zu überleben, denn die Lebensmittelversorgung war ohnehin sehr schlecht und wenn man sich alleine durchschlagen musste, dann war der Hunger noch ein viel größeres Thema. Diese Kriegswaisen von Königsberg mussten betteln, schuften oder auch stehlen, etwas anderes blieb ihnen gar nicht übrig. Man schätzt, dass sich in der Zeit zwischen Kriegsende bis 1947 ca. 5.000 dieser Kinder in Litauen waren.
Ostermanns "Wolfskinder" ist ein sehr ruhiger Film, gesprochen wird nicht viel. Der Regisseur lässt die Bilder wirken, die Kamerafrau Leah Striker muss ein bisschen Fan von den Bilderfilmen des Terrence Malick sein, denn die Landschaften mit weiten Panoramen trügen eine Idylle vor, die in der Geschichte gar nicht vorhanden ist. Hans (Levin Liam) und sein kleiner Bruder Fritzchen (Patrick Lorenczat) blicken zum Himmel und sehen die Wolken in dieser Sommerlandschaft. Herrliches Sonnenwetter, die Strahlen gehen tief in die Wälder ein. Die beiden Buben haben letzte Nacht ihre Mutter (Jördis Triebel) verloren. Zuvor besorgten die Kinder der Mama noch rohes frisches Pferdefleisch. Es blieb den Kindern gar nichts anderes übrig als das gestohlene Pferd zu töten, nachdem sie es Sekunden zuvor noch liebevoll gestreichelt hatten. Eine schreckliche Zeit. Die Mutter meinte "ihr müsst zusammen bleiben" und "sucht den Bauernhof in Litauen, wo wir letztes Jahr waren" - am anderen Morgen ist die Mutter tot. Nun heißt es alleine weiterwandern durch unzählige Seen, durch Moore und Sumpfwiesen, durch endlose Schilffelder. Immer wieder auf der Jagd nach Nahrung - Frösche müssen dran glauben, auch sie werden vor dem Töten noch mit viel Interesse und Liebe bewundert von den Kindern. 
Auf der Flucht vor den russischen Soldaten müssen sie die Memel überqueren, dort treffen sie auf zwei die zwei Mädchen Christel (Helena Phil) und Ruth (Hanna Lehmann), doch durch die schließenden Verfolger werden die beiden Brüder getrennt. Christels Schwester Ruth wird von den Schüssen todlich getroffen. Am anderen Ufer angekommen macht sich bei Hans Verzweiflung breit, weil sein Bruder im Wasser abgetrieben wurde, aber er geht mit Christel und den Geschwistern Luise (Vivien Ciskowski) und Karl(Willow Voges-Fernandes), die sich dort aufhalten, weiter. An einem Bauernhof angelangt, hetzt der Bauer den bissigen Hund auf die Kinder. Karl wird verletzt und die Kinder erschlagen den Hund. Doch der verletzte Junge wird von einem anderen Bauer, der mit seinem Pferdegespann auf die Kinder trifft, mitgenommen. Wenig später trifft Hans den kleinen Paul (Til-Niklas Theinert), der keine Schuhe hat und deshalb nicht mehr gut laufen kann. Hans trägt den Jungen und es wirkt so als habe Paul nun die Rolle von Fritzchen eingenommen. Wenig später werden sie von litauischen Partisanen aufgegriffen, zu denen auch der russische Junge Alexej gehört. Dort lauern weitere Gefahren...



Man kann sich das Leid dieser Kinder schon so ähnlich vorstellen, wie im Film. Obwohl die Härte und die Brutalität doch schon sehr erdrückend wirkt (getötetes Pferd, erschlagener Hund, schießende Verfolger). In einigen wenigen Szenen erinnert Ostermann auch an den Inszenierungsstil von Andrej Tarkowski, wenn etwa der 14jährige Hans in einem Tagtraum ins Wasser steigt und dann bewusst untertaucht, so als würde er nicht mehr leben wollen. Auch das offene Ende zeugt von einem interessanten Stil. Der Film beinhaltet auch ein bisschen Poesie - durch den Zusammenhalt der Kinder ist die Odyssee ins Ungewisse sicherlich etwas erträglicher. Dabei steht so vieles auf dem Spiel: Die ganze Existenz und die schon vollzogene Entwurzelung.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten. 

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