Freitag, 10. Juli 2015

Birdman




















Regie: Alejandro Gonzalez Inarritu

If I can make it there, I'll make it anywhere....

Von den 9 Oscarnominierungen, die Alejandro Gonzalez Inarritus Schauspieler- und Theaterfilm "Birdman" erreichen konnte, waren insgesamt 4 davon siegreich. Neben dem besten Originaldrehbuch, der besten Kameraarbeit (Emmanuel Lubezki) und der besten Regie (Innarritu) gewann der Film auch den Hauptpreis und ist nun "bester Film des Jahres".
Natürlich ist da schon auch ein bissel Kalkül dabei, denn Kenner der Academy Szene wissen ja, dass gerade die Schauspieler selbst mit einem imposanten Anteil von ca. 30 % ja auch die größte Gruppe der Akademie-Mitglieder stellen und dies ist war für den Ausgang der Oscarwahl nie unerheblich. Die Dominanz der Schauspieler sorgt auch für die Triumphe der Schauspielerfilme. Eine Grund warum es Genrefilme dann doch etwas schwerer hatten. "Birdman" ist von seiner Thematik her eine Steilvorlage für alle Darsteller, die das Gefühl haben, durch ihr professionelles Können die Welt verändern zu können und die aber auch denken, dass ihre Leistung noch nie so richtig gewürdigt wurde. Der unverstandene Schauspieler....und mit der Hauptfigur Riggan Thomson schickt nun der mexikanische Top-Regisseur eine tragische Gestalt ins Rennen, die all diese Emotionen verkörpert. Thomson hat es im Filmgeschäft geschafft. Dies verdankte er einer Comicverfilmung, die den Namen "Birdman" trägt und zum Blockbuster wurde. Thomson war dieser "Birdman" und wurde auf einen Schlag berühmt, der Erfolg zog 2 Fortsetzungen nach sich. Freilich war es aber so, dass er mit einer solchen Rolle, die von der Technik des Films dominiert wird und bei den ganzen BumBumEffekten irgendwie untergeht, nie wirklich als Schauspieler überzeugen konnte. Dies ist aber die größte Antriebsfeder des Mannes, der nun vor seiner größten Herausforderung steht: Er kann in Kürze am Broadway beweisen, dass er mehr kann als Comicheld zu sein. Sein bester Freund Jake (Zach Galifianakis) produziert die Bühnenadaption der Kurzstory "What we talk about when we talk about Love" des Autors Raymond Carver und Riggan darf sich als Regisseur, Autor und Hauptdarsteller des Projekts profilieren. Alle sind aufgeregt, auch die Schauspielerkollegen (Naomi Watts, Amanda Riseboroughs). Doch kurz vor der Premiere fällt einer der Darsteller einer Sabotage zum Opfer und als Ersatz kann man den beliebten Broadway-Schauspieler Mike Shiner (Edward Norton) verpflichten, der sich aber als ausgesprochen schwierige Diva erweist. Mit seiner Egozentrik "der beste Schauspieler der Welt zu sein" könnte er den Rahmen sprengen und versuchen dem Hauptdarsteller Riggan die Show zu vermasseln, der ja selbst die Rolle seines Lebens spielen will. Als Produktionsassistentin arbeitet Riggans Tochter Sam (Emma Stone) mit im Team, die Beziehung zwischen ihrem Vater hat aber auch gewisse Problemfelder vorzuweisen. Die einflussreiche Times Kritikerin Tabitha Dickinson (Lindsay Duncan) will jedenfalls eine verncihtende Kritik schreiben, egal wie gut die Vorstellung sein wird. Denn sie hasst es, dass untalentierte Prominente sich als Schauspieler ausgeben....


der Film begleitet die Protagonisten während der Probewoche und es ist vor allem auch eine Wahnsinnsleistung des Kameramannes Emmanuel Lubetzki, der hier ganz nah und ganz eng am Geschehen bleibt und seine Kamera den kleinen, engen Gängen des Theaters folgt, hinein in die Garderoben der Schauspieler, dann wieder nach draußen in dem Technikbereich und schon sind wir auf der Bühne, der Zuschauer läuft sozusagen immer mit der Kamera mit. Auch in einer großartigen Szene, in der Michael Keaton am Hintereingang des Theaters eine Zigarette rauchen will und ihm zufällig die Türe vor der Nase zufällt. Ein Teil seines roten Morgenmantels hat sich in der Tür verfangen und so bleibt ihm nichts anderes übrig - nur mit Slip begleitet - ein bisschen am umtriebigen Broadway herumzulaufen bis zum Haupteingang des Theaters. Natürlich sorgt sein Lauf in Sekundenschnelle für den größten Aufruhr und für ein Riesenthema auf Youtube und Twitter. Innaritu verlieht seiner Hauptfigur ganz beiläufig ein paar nicht ganz alltägliche Fähigkeiten...er kann fliegen und er kann Gegenstände bewegen, aber dies nur am Rande. Ansonsten ist dieser Probebericht herrlich verrückt eingefangen und Innaritu gelingt es einen würdigen Nachfolger für Joseph L. Mankiewiczs "Alles über Eva" zu erschaffen, den vielleicht besten Film übers Theater überhaupt. Somit ist - trotz der Schauspielerdomianz - die Vergabe des Oscars nicht ganz überechtigt. Der Film "Birdman" ist fantastisch inszeniert und zieht den Zuschauer - sehr schwarzhumorig - immer mehr in einen Sog hinein, der bis zum Schluß echt begeistert. Das mexikanische Regiewunderkind hat bislang keinen schlechten Film gemacht, alle seine Arbeiten waren beeindruckend. "Amores Perros" und "Babel" zähle ich sogar zu den besten 10 Filme der letzten Dekade. Und "Birdman" steht diesen Meisterwerken in nichts nach. Dickes Lob auch an das gesamte Schauspieler-Ensemble, allen voran Michael Keaton mit einer Galavorstellung. Hat der Regisseur ihn deshalb als Hauptdarsteller rausgesucht, weil er ja tatsächlich ein Opfer von "Batman" geworden ist ?


Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

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