Regie: Rob Marshall
Im musikalischen und moralischen Märchenwald...
Wenn man die Filme "Die fantastische Welt von Oz" von Sam Raimi mit
dem Filmmusical "Les Miserables" von Tom Hooper kreuzt und noch ein
bisschen vom Fantasy-Spektakel "Jack and the Giants" von Bryan Singer
hinzufügt, dann hat man den Geist von Rob Marshalls Fantasy Musical
bestens erfasst. Am Ende ein Film, der genauso wie Terry Gilliams
"Brothers Grimm" die klassische Märchenwelt der deutschen
Sprachwissenschaftler und Volkskundler Jakob und Wilhelm Grimm reichlich
kommerziell verwässert - dazu der sehr typische Musicalsound von
Stephen Sondheim, dem Preisträger eines Academy Award (für den Filmsong
"sooner or later" aus Dick Tracy) , mehrerer TonyAwards, mehrerer
GrammyAwards, des Pulitzerpreises und der Freiheitsmedaille des
Präsidenten. 1975 wurde sein bekanntester Song "Send in the clowns" mit
dem begehrten Grammy zum Song des Jahres gewählt.
"Into
the Woods" ist ein prächtig bebildertes Film-Musical der alten Schule,
inszeniert von Rob Marshall, dessen Film "Chicago" schon zu höchsten
Oscar-Ehren kam und auch der Nachfolgefilm "Die Geisha" war bei der
Academy beliebt und erhielt drei Preise fürs beste Szenenbild, beste
Kamera und bestes Kostümdesign. Es folgte "Nine" und der Blockbuster
"Pirates of the Carribean - Fremde Gezeiten". Man kann "Into the Woods"
auch als Huldigung an die längst vergangene Epoche der großen
Film-Musicals ansehen, ein bisschen weht der große Geist von "Wizard of
Oz" oder "Brigadoon" mit. Der Film basiert auf einigen bekannten Märchen
und er hat es sich zum Ziel gemacht das Rotkäppchen, Rapunzel,
Aschenbrödel und Jacks magische Bohnen als Einheit zusammenzufügen. Um
was geht es:Ein Bäcker (James Corden) und seine Frau (Emily Blunt)
wünschen sich nichts sehnlicher als ein Kind. Dieser Wunsch wird
allerdings durch einen alten Fluch der Hexe (Meryl Streep) aus der
Nachbarschaft blociert. Doch die böse Alte bietet dem Bäcker und seiner
Frau aber an, den Fluch aufzuheben, unter der Bedingung, dass das
Pärchen ihr vier Dinge bringt: eine Kuh so weiß wie Milch, einen Umhang
so rot wie Blut, Haare so gelb wie Mais und Schuhe aus reinem Gold. Also
nichts wie in den Wald, wo die Märchen zu finden sind: Denn dort läuft
auch schon der junge Träumer Hans (Daniel Huttlestone) mit seiner
geliebten Kuh, die er auf Geheiß seiner strengen Mutter (Tracey Ullmann)
verkaufen soll. Nicht weit weg spaziert auch schon das Rotkäppchen
(Lila Crawford) zum Haus ihrer Großmutter. Unterwegs begegnet sie aber
dem bösen Wolf (Johnny Depp), der Johnny Depp verblüffend ähnlich sieht.
Auch die arme Aschenputtel (Anna Kendrick) lebt nicht weit entfernt.
Natürlich ist sie mit ihren goldenen Schuhen auf der Flucht vor einem
Prinzen (Chris Pine) und wird bei jeder Gelegenheit von ihrer
Stiefmutter (Christine Baranski) und deren beiden leiblichen Töchter
(Tammy Blanchard/Lucy Punch) gemobbt. Auf der Lichtung des Waldes lebt
in einem Turm die junge Rapunzel (MacKenzie Mauzy) , die für ihre Mom
(Hexe Meryl Streep) das Haar herunterlässt...aber neuerdings auch für
einen blonden Prinzen (Billy Magnussen), der sich als jüngerer Bruder
von Aschenbrödels Prinz herausstellt....
interessanterweise ist der erste
Teil des Films ausgelassen, unterhaltsam, kurz und knackig und
eigentlich wären die Macher gut gefahren den Film nach 90 Minuten zu
beenden. Denn die sich noch dranhängenden 30 Restminuten sind dann
bemühter in Richtung Moralstück unterwegs und trüben den heiteren
Grundtenor des Films doch zusätzlich. Durch die Rache der Riesenfrau hat
die Frau des Bäckers eine Affäre mit dem Prinzen, die sich daraufhin
aus Schuldgefühlen heraus suizidiert - die Mutter von Hans muss sterben,
weil sie sich für ihen Jungen einsetzt und alle Akteure beschuldigen
sich gegenseitig für die Tragödie, die sich nun aufzeigt, verantworlich
zu sein. Die Moral von der Geschicht: Jeder verändert sich und man rauft
sich in anderen Konstellationen wieder zusammen. Der Kreis schließt
sich durch die Erzählung des Bäckers, der seinem Kind ein Märchen
erzählt, dass mit dem Worten "Es war einmal..."beginnt.
In
Erinnerung bleibt ein üppiges, grandioses Produktionsdesign und die
schwungvolle, ideenreiche Inszenierung. Trotz der ambivalenten
Botschaft, die sich auf dem Höhepunkt der Schnitzeljagd im Wald
einstellt, mangelt es dem Film dann doch an echter Substanz. Das ist
zwar alles nett anzusehen, aber es hat kaum ein packendes Element. Ein
bisschen suhlt sich der Film an der Machart der alten Vorbilder, die zu
großen Klassikern der Filmgeschichte wurden. Ob "Into the Woods" in
einigen Jahren einen ähnlichen Stellenwert im Genre aufweisen kann, wird
sich aber erst noch zeigen.
Bewertung: 6 von 10 Punkten.
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