Montag, 25. April 2016

Aus einem deutschen Leben

























Regie: Theodor Kotulla

Kommandant eines Vernichtungslagers...

Theodor Kotullas eindringliche Studie "Aus einem deutschen Leben" konnte 1978 das Filmband in Silber gewinnen. Leider gehörte Hauptdarsteller Götz George nicht zu den Preisträgern, denn hier gelingt ihm eine der besten Schauspielerleistungen in einem deutschen Film. Seine Darstellung des Lagerkommandanten Franz Lang ist einfach genial. Der 145 Minuten lange Film schildert in 14 Einzelepisoden, die durch Zwischentitel deutlich getrennt sind, Stationen im Leben dieses Mannes. Für den Spielfilm wurde gegenüber dem Roman "Der Tod ist mein Beruf" von Robert Merle der Name des Protagonisten in Frank Lang umgeändert. Gemeint ist aber der berüchtigte SS-Offizier und Kommandant des Konzentrations- und Vernichtungslager Ausschwitz Rudolf Höß, der nach Kriegsende unter dem Namen Franz Lang als vermeintlicher Bootsmaat untertauchen konnte, bis er 1946 enttarnt und verhaftet wurde. In der Zeit seiner Gefangenschaft unter den Briten und anschließend in polnischer Haft verfasste er in seiner Zelle Aufzeichnungen über sein Leben. Am 16. April 1947 wurde er hingerichtet, nachdem er zum Tod durch den Strang verurteilt wurde.
Der militärbegeisterte sechzehnjährige Franz Lang (Kai Taschner) wird im ersten Weltkrieg Soldat. Aber vorher versucht der Junge mehrmals vergeblich an die Front zu kommen. Als er sich in einem Lazarett als Freiwilliger meldet, lernt er dort den verwundeten Hauptmann Günther (Sigurd Fitzek) kennen. Von diesem Mann wird Franz noch mehr in seinem Willen unterstützt ein gehorsamer Soldat fürs Vaterland zu sein, denn es gäbe nur eine Sünde: Kein guter Deutscher zu sein. Er nimmt Franz in seine von ihm neuaufgestellte Kompanie und dort wird Franz zum Kriegsheld und wird befördert. Nach dem Krieg versucht er im Arbeitsleben Fuß zu fassen, aber sein Starrsinn in Punkto Pflichterfüllung und Autoritätsgläubigkeit bringen ihm Ärger ein. In einer Maschinenfabrik wird er deshalb entlassen. Er  schließt er sich dem Freikorps Roßbach an. Dort wird er biem Ruhraufstand gegen kommunistisch orientierte Arbeiter eingesetzt. Einer dieser Gegner ist ein früherer Kriegskamerad, den er bei seiner Flucht erschießt.  Gemeinsam mit seinen Kameraden begeht er auch einen Fememord an einem Kommunisten und wird für diese Tat zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt - eine Amnestie macht es möglich, dass er bereits nach 5 Jahren wieder ein freier Mann ist. Er tritt in die NSDAP ein, nachdem er im normalen Arbeitsalltag immer mehr Schwierigkeiten hatte und sich schließlich mit einer Mauserpistole töten wollte. Dort in der Partei beginnt sein unaufhaltsamer Aufstieg. Er heiratet Else (Elisabeth Schwarz) auf Drängen des Oberst Baron von Jeseritz (Kurt Hübner), der der Partei nahe steht. Von diesem wird er weiter gefördert - bei einem späteren Empfang auf dem Gutshof lernt er Heinrich Himmler (Hans Korte) kennen. Dieser hat schon viel von Franzs Zuverlässigkeit und Organisationstalent gehört und nach der Machtergreifung gibt ihm Himmler einen Verwaltungsposten im Konzentrationslager Dachau bei München. Diese Lager - so Himmler - sollen vor allem für Maßnahmen der Umerziehung genutzt werden. Auch dort ist er erfolgreich, weil er alle Befehle widerspruchslos ausführt. Ab 1940 ist Lang der Kommandant des größten Vernichtungslagers. Denn 1941 wird der mit der geheimen Plan über die "Vernichtung der Juden" informiert. Adolf Eichmann (Walter Czaschke) verlangt von ihm hohe Vernichtungskapazitäten. Durch Zufall kommt Franz die Idee zum Einsatz des Giftes Zypkon B. Damit lassen sich dann bis zu 9.000 Menschen pro Tag töten...


Kotulla gelingt es dabei die Figur nicht als sadistischen Massenmörder hinzustellen - was einfach gewesen wäre. Die Figur des Franz regt vielmehr zum Nachdenken an, denn er zeigt einen Menschen, der in einer kriegsverherrlichten Zeit aufwächst, in der aggressive Elemente das Sagen haben. Gehorsam ist die oberste sittliche Wertvorstellung. Es ist sozusagen unmöglich einem Befehl nicht zu gehorchen. Dies ist auch irgendwann einmal Inhalt eines tragischen Gesprächs, nachdem seine ahnungslose Frau von der Vernichtung - nur ein paar Hundert Meter weit von ihrer bürgerlichen Welt entfernt - erfahren hat. Sie bemerkt die Befehlshörigkeit ihres Mannes und weiß nun, dass er selbst den eigenen kleinen Sohn erschießen würde, wenn der Führer dies befehlen würde. Er war ein idealer Untertan - wie viele in dieser Zeit. Damit ist diese Figur auch heute noch aktuell - Kotulla verhindert, dass der Zuschauer diesen Menschen nicht weit weg als Art historische Abnormität begreift, die man aus sicherer Distanz betrachten darf.
"Aus einem deutschen Leben" ist einer der besten deutschen Filme zum Themenkomplex "Drittes Reich" - auch die Leistung von Kotulla ist bemerkenswert. Die Inszenierung streng, nüchtern bis schlicht - ein bisschen beeinflusst von Robert Bresson.


Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

Donnerstag, 14. April 2016

Im Herzen der See




















Regie: Ron Howard

Jäger und Gejagte...

Wer kennt ihn nicht ? Den berühmten Roman "Moby Dick" von Herman Melville, den Herman Melville im Jahr 1851 veröffentlichte und die schicksalhafte Fahrt des Walfangschiffes Pequod beschreibt, dessen Kapitän Ahab einen unstillbaren Hass auf einen weißen Pottwal hat, der Moby Dick genannt wird. Dieser riesige Meeresbewohner hat Ahab vor Jahren ein Bein abgerissen, seitdem kennt er nur ein Ziel: Den Wal zu töten. In seinem Roman stellte der Schriftsteller auch die Welt des Walfangs im 18. und 19. Jahrhundert sehr detail- und wahrheitsgetreu dar.  Die berühmteste Verfilmung wurde im Jahr 1959 durch John Huston realisiert mit einem hervorragenden Gregory Peck in der Rolle des Ahab.
Inspiriert wurde Melville nicht nur durch seine eigenen Erlebnisse auf dem Walfänger Acushnet im Jahr 1841, aber auch unter anderem durch die damals sehr bekannt gewordene und äusserst tragische Geschichte des Walfangschiffs Essex aus Nantucket, die sich im Jahr Jahr 1820 ereignete. Durch die Rammstöße eines riesigen Pottwals wurde das Walfangschiff am 20. November 1820 auf hoher See versenkt. Es gab damals nur wenige Überlebende. Der Film beginnt im Jahr 1850 mit dem Besuch von Herman Melville (Ben Wishaw) be Thomas Nickerson (Brendan Gleeson), der mit seiner Frau (Michelle Fairley) ein Wirtshaus betreibt, das finanziell dringend eine Unterstützung bräuchte. Und Nickerson ist inzwischen der letzte Überlebende der letzten Reise des Walfängers Essex und könnte dem Autor eine Menge erzählen und ihn für seinen zukünftigen Roman merklich inspirieren. Doch anfänglich weigert sich Nickerson über die Ereignisse zu sprechen, die er als Schiffsjunge (Tom Holland) auf hoher See erlebte. Erst das bestimmte Drängen seiner Frau macht es möglich, dass der sichtlich immer noch von diesen längst vergangenen Ereignissen traumatisierte Mann zu erzählen beginnt. Eigentlich sollte der versierte See- und Steuermann Owen Chase (Chris Hemsworth) bei der nächsten Fahrt, die die Walffanggesellschaft in Nantucket wegen dem begehrten Walöl organisiert, das Amt des Kapitäns begleiten. Doch obwohl mündlich versprochen, zieht man ihm den noch völlig unerfahrenen George Pollard (Benjamim Walker) vor, der aus einer angesehen Familie stammt, die seit Generationen Schiffskapitäne waren. Diese Konstellation verspricht Konflikt und Zündstoff. Denn Chase soll Pollard die größtmögliche Unterstützung geben, dafür sorgen, dass die Mannschaft dem noch unerfahrenen Mann den höchsten Respekt zollt und muss aber zudem dessen Befehle befolgen. Und gleich seine erste Entscheidung bringt das Schiff und Besatzung durch einen Sturm in ernste Gefahr. Das Schiff hat einen beträchtlichen Schaden erlitten und Pollard will ohne Fang im Richtung Heimat umkehren. Chase kann ihn aber überreden, dass sie den Streit um Kompetenzen beilegen und weiter nach Walen jagen. Tatsächlich kommt der erste Erfolg zustande, der alle Männer an Bord positiv stimmt. So auch Chases besten Freund Matthew Joy (Cillian Murphy) und auch Pollards junger Cousin Henry Coffin (Frank Dillane). In Chase findet auch der junge Thomas Nickerson einen Mann, der ihn fördert und das raue Handwerk des Walfangs beibringt. 
Nach diesem Anfangserfolg vergehen aber 3 Monate ohne Fang...eine echte Flaute. Im Atlantik ist nichts zu holen, so segelt die Essex in Richtung pazifischer Ozean. In Atacames, Ecuador bekommen sie den Tipp - aber auch die Warnung - das 200 Meilen westwärts riesige Jagdgründe sein sollen. Unzähle Wale, aber auch ein echtes Ungeheuer. Ein weißer Wal, der erst vor kurzem ein Schiff zerstört hat, wo 6 Seeleute den Tod fanden. Alle Warnung schlagen die Männer der Essex in den Wind und als sie das Jagdgebiet erreichen starten sie ihre Walfangboote. Und tatsächlich taucht dann ein massiver Albino Pottwal auf...



Die Geschichte hat sich tatsächlich so ereignet und ist eine der tragischsten Geschichten der Seefahrt dieser Tage. Regisseur Ron Howard hat sich aber einige Freiheit herausgenommen. So sprach Melville nicht mit dem Schiffsjungen von einst, sondern kannte die Geschichte bereits aus dem Erfahrungsbericht von Obermaat Owen Chase, der die Ereignisse bereits im Jahr 1821 im Buch "Der Untergang der Essex" (Original: Narrative of the Most Extraordinary und Disstressing Shipwreck of the Whale Ship Essex" niederschrieb.  Ein Mitglieder der Besatzung hat Melville daher nie getroffen. Allerdings begegnete er dem Sohn von Owen Chase. Ron Howard hat diese Geschichte mit modernen CGI Effekten inszeniert, aber die Erzählweise seines Films ist klassisch und orientiert sich auch am Aufbau und Spannungsbogen des legendären John Huston Klassikers. Der Zuschaer fühlt sich streckenweise wie dabei und schon die erste Jagd auf die imposanten Tiere zeigt die Gier und den Jäger im Menschen, obwohl dieser alles damit rechtfertigt die Krone der Schöpfung zu sein, der das Ungeheuer jagt. Sehr klassisch und schön herausgestellt ist die Präsenz des riesigen Kontrahenten, der die Menschen lehrt wer Herr des Meeres ist. In einer Szene leistet sich Ron Howard sogar einen Moment den weißen Wal so darzustellen, als würde er die Gesinnung der Menschen erkennen und durch den sichtlichen Rückzug des Feindes Gnade walten lassen. Das mag zwar für manche kitschig und unglaubwürdig erscheinen, mir hat das als Tierfreund sehr gut gefallen und ich fand diesen Moment erhaben. Insgesamt machen auch die Darsteller einen guten Job, Tom Holland ist bereits durch seine gute Leistung aus dem Tsunami-Film "The Impossible" ein zwar noch sehr junges, aber durchaus bekanntes Kinogesicht.



Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.