Regie: Lenny Abrahamson
Gefangen in der kleinsten Welt...
2014 wurde Lenny Abrahmasons Musikkomödie "Frank" zu einem Überraschungserfolg. Auch der Nachfolgefilm "Raum", der lose vom Kriminalfall des Josef Fritzl inspiriert wurde und auf Emma Donoghues gleichnamigem Roman basiert, wurde ein Erfolg. Vier Oscarnominierungen können sich sehen lassen. Der Hauptdarstellerin Brie Larson gelang sogar der Triumph zur besten Hauptdarstellerin gekürt zu werden. Wenn man ihre Leistung mit der Konkurrenz vergleicht, dann ist dieser Preis sicherlich nicht unverdient - man muss aber anmerken, dass Brie mit dem Jungdarsteller Jacob Tremblay einen perfekten Verstärker und Stichwortgeber in "Raum" hatte. Leider ging der 9jährige Junge sowohl bei den Oscarnominierungen als auch bei den Golden Globes komplett leer aus - lediglich den Critics Choice Movie Award als bester Jungdarsteller wurde ihm zugesprochen. Schade eigentlich, denn seine überragende Leistung als fünfjähriger Jack dürfte ihn vermutlich unvergessen machen.
Schon alleine aufgrund seiner Thematik, dass eine Frau auf neun Quadratmeter seit 7 Jahren eingesperrt ist, hat der Film einen stark destruktiven Einschlag und macht betroffen. Im Vergleich zu ihren 7 Mitkonkurrenten in der Oscar-kategorie "Bester Film" schneidet Abrahahamsons Film recht gut ab. Lediglich "The Revenant" oder "Spotlight" waren vielleicht preiswürdiger. Der erste Teil von "Raum" spielt sich lediglich auf diesen 9 Quadratmeter ab. Dort lebt Joy Newsome (Brie Larson), weil sie vor 7 Jahren von einem fremden Mann, den sie Old Nick (Sean Bridgers) nennt, entführt wurde. Seit dieser Zeit hält der Peiniger sie gefangen. Joy hat inzwischen einen Sohn. Der fünfjährige Jack (Jacob Tremblay) wurde in der Gefangenschaft gezeugt und geboren. Der Raum beinhaltet ein Bett, eine Toilette, eine Badewanne und eine rudimentäre Küche. Für Joy hat sich aber das Leben im Raum verändert, seit sie das Kind an ihrer Seite hat. Der Junge kennt nur den Raum, die Welt draußen hat er nie gesehen und kann sie sich auch nicht vorstellen. Einziger Kontakt zu draussen sind die Fernsehprogramme. Aber Jack kann sich nicht vorstellen, dass die Menschen in diesem Gerät real sind. Nur seine Mom ist real, er ist real, Old Nick und das Bett, die Toilette, das Oberlicht oder der Schrank sind real. Und auch Old Nick, der seine Mom öfters besucht ist real. Der kleine Junge muss sich dann im Schrank verstecken und merkt, dass das Verhältnis zwischen Mom und Old Nick nicht gut ist. Eines Tages versucht Joy schließlich die Flucht, die allerdings nur gelingen kann, wenn der kleine Jack mitspielt. Der muss sich in einem eingerollten Teppich totstellen und so soll ihm draussen, wenn Old Nick die Kinderleiche entsorgen muss, die Flucht auf der Ladefläche von Old Nicks rotem Pickup gelingen. Und tatsächlich gelingt diese riskante Aktion...
und damit beginnt auch der genauso interessante zweite Teil des Films, der Mom und Jack zeigt, wie schwierig die Integration nach so langer Gefangenschaft ist. Eine Frau, die sieben Jahren Martyrium erlebte und ein Junge, der nichts anderes kennt als den Raum. Bewegend ist die eine Szene als Jack auf der Ladefläche des Pick ups den Teppich aufrollt und zum ersten Mal den blauen Himmel erblickt. Ein erhabener und zugleich sehr trauriger Moment. Jack ist total geflasht von diesem Moment, der alles - die gesamte Wahrnehmung seiner bisherigen fünf Jahre auf den Kopf stellt. Dieser Augenblick sorgt auch für soviel Staunen, dass er beinahe seine Mission außer Acht lässt. Der Junge muss dann auch weiterhin sein komplettes Weltbild umstellen. Interessanterweise scheint ihm das nach einiger Zeit viel besser zu gelingen als seiner traumatisierten Mom, die dann zu ihrer Mutter, gespielt von Joan Allen; sagt, dass sie eigentlich glücklich sein müsste, aber es gar nicht ist. Da die Ehe der Eltern in die Brüche ging, kann man auch erahnen, wie sehr das Verschwinden ihrer Tochter auch ihre Familie und ihr Umfeld belastet haben. Der Vater (William H. Macy) hat Mühe mit Jack, weil er ja auch der Sohn des Verbrechers ist. Dem neuen Mann der Mutter (Tom McCamus) gelingt es besser einen Draht zu jack zu bekommen. Ein Hund fungiert dabei als Helfer. Nach einer Talkshow, die viel Geld bringt, stürzt Joy durch die Fragen der Talkmasterin in eine große Krise. Alle diese Ereignisse bauen sich logisch auf und sind nachzuvollziehen. Das Leben draussen gilt es zu meistern und man hofft am Ende, dass es Mutter und Sohn gelingen wird. Dies geschieht ohne Pathos, sehr realistisch - aber intensiv, eindringlich und alptraumhaft.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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