Samstag, 29. Juli 2017

Einfach das Ende der Welt

























Regie: Xavier Dolan

Ein Fremder kehrt heim...

Neben Paul Verhoeven gehörte auch der kanadische Regisseur Xavier Dolan zu den Verlierern in der Oscar-Kategorie "Bester fremdsprachiger Film. Auch seinem Filmdrama "Einfach das Ende der Welt" gelang es nicht unter die besten fünf Nominierten zu kommen. Schon bei der Urauffürhung bei den Filmfestspielen in Cannes waren die Kritiken für seine Familiengeschichte eher verhalten, obwohl er am Ende mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde. Aber immerhin gewann "Einfach das Ende der Welt" insgesamt 3 Cesars ins diesem Jahr. Neben Dolan selbst siegte auch Hauptdarsteller Gaspard Ulliel (bekannt aus "Hannibal Rising) und als bester ausländischer Film war man auch siegreich.
Michs selbst hat der Film thematisch und im Aufbau stark an "Lügen und Geheimnisse" von Mike Leigh erinnert, dem es auch meisterhaft gelang den Zuschauer Schritt für Schritt und meisterhaft in die Gefühlswelt und Abgründe einer scheinbar ganz normalen Familie eintauchen zu lassen.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Jean Luc Lagarce und die Herkunft sieht man dem Film schon ein bisschen an. Am Anfang läuft im Hintergrund der Song "Home is where its hurts" und die Familie wartet auf den verlorenen Sohn sozusagen. Denn Louis (Gaspard Ulliel) kommt nach langer Zeit zu Besuch. Der inzwischen 34jährige hat die Familie schon 12 Jahre nicht mehr gesehen, aber immerhin zu jedem Geburtstag und zu den Feiertagen kamen stets Postkarten. Nur der Zuschauer weiß, warum er nach sovielen Jahren ins Heim seiner Lieben zurückkehrt...er ist totkrank und möchte der Familie mitteilen, dass er sterben wird.
Er weiß auch, dass es wieder Konflikte geben wird. Die Mutter (Natalie Baye), sein großer Bruder Antoine (Vincent Cassel) mit dessen Ehefrau Catherine (Marion Cottilard), die er noch nie gesehen hat und die kleine Schwester Suzanne (Lea Seydoux) warten gespannt auf sein Kommen und sind dementsprechend aufgeregt. Dann fährt das Taxi vor dem Haus vor und es ist für alle eine ganz eigenartige Situation, dieses Wiedersehen. Louis ist inzwischen als Schriftsteller bekannt und die Familie verfolgt seinen Werdegang aus den Medien. Aber ansonsten sind sie sich fremd....auch das schwule Leben von Louis ist fremd und unbekannt. Sofort bekommen die Gespräche seitens der Familie einen etwas aggressiven, vorwurfsvollen Touch...vor allem von Vincent und auch Suzanne lässt durchblicken, dass der Bruder wie ein Fremder wirkt. Belanglosigkeiten werden ausgetauscht, dann aber geht es immer mehr ums Eingemachte und die Besuchssituation droht mehrmals zu eskalieren. Am Ende steht die Erkenntnis einer zu großen Distanz nach diesen 12 Jahren Abwesenheit, man hat sich auseinander gelebt...


Xavier Dolans Film ist von einem guten Anteil Melancholie durchzogen. Er zeigt Menschen, die mit der Situation nur schwer umgehen können und gar nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. So wird der geplante Abschied für immer irgendwann auch in den Hintergrund gedrängt, denn Louis selbst erkennt, dass es noch viel wichtigeres im Familienkreis zu klären gibt, als seine Nachricht, dass er bald sterben wird.
Der Autor Lagarce verarbeitete in seinem Stück seine HIV-Infektion, die er nicht besiegen konnte. Er verstarb im Jahr 1995, noch bevor das Stück in Frankreich richtig bekannt wurde. Während der Krankheit in Berlin verfasst, enthält es natürlich autobiographische Züge, diese Geschichte über eine Familie, die sich richtig fremd ist. Natürlich lässt sich die gestörte Familienstruktur nicht auflösen, man bleibt sich weiterhin fremd, lässt aber einen kleinen Hoffnungsschimmer auch nicht ganz sterben. Natürlich wird nicht jedermann den Kriegsschauplatz Familie, den Xavier Dolan hier beschreibt, als spannend und interessant finden. Daher vielleicht auch die unterschiedlichen Urteile zu diesem Film, der aber mit einer grandiosen Ensembleleistung aufwartet. Jeder der fünf Darsteller liefert eine Topleistung in Sachen Schauspielkunst ab. Für mich ist "Einfach das Ende der Welt" sogar einer der bisher besten Filme des kanadischen Regisseurs.


Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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