Regie: Paul Verhoeven
Auf der Suche nach dem Maskenmann...
"Elle" - der neue Film des holländischen Filmemachers Paul Verhoeven wurde
als offizieller französischer Kandidat für eine Oscar-Nominierung in
der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" ausgewählt. Er schaffte es
aber nicht in die Endrunde der fünf Besten. Dennoch bekam Isabelle
Huppert eine Nominierung als beste Schauspielerin und dem Film gelang
der Sieg bei der Golden Globe Verleihung. Ausserdem waren Film,
Regisseur und Hauptdarstellerin für den Europäischen Filmpreis nominiert
und bei der Cesar Wahl gabs auch noch zwei Preise, einmal für den
besten Film und natürlich wurde Isabelle Huppert als beste Darstellerin
ausgezeichnet.
Die ist auch in der Rolle der skrupellosen Michele Leblanc eine
Wucht und auch Regisseur Verhoeven hat lange nicht mehr einen so
interessanten Film gemacht.
An dem spannenden Erotik Thriller waren auch deutsche Produzenten
beteiligt und die Geschichte basiert auf dem Roman "Oh..." von Philippe
Dijan. Gleich in der ersten Szene geht es extrem grauenhaft zur Sache.
Die Katze der selbstsicheren Geschäftsfrau Michele Leblanc ist zu sehen,
sie beobachtet still aus einer gewissen Entfernung wie ein unbekannter
Maskenmann über Michele herfällt, sie schlägt und brutal vergewaltigt.
Danach folgt ein sehr sonderbares, beinahe schon märchenhaft anmutendes
Drama über diese Zeit nach der drastischen Tat - ganz anders als
beispielsweise in Bergmans bekanntem "Vom Angesicht zu Angesicht" mit
Liv Ullman, wo diese Tat zu einer vielfältigen Konfliktsituation für das
Opfer führt, begleitet von Selbstmordversuchen und
Nervenzusammenbrüchen.
Aber die knapp 50jährige Chefin eines erfolgreichen
Computerspielunternehmens reagiert anders. Als Tochter eines in ganz
Frankreich bekannten Massenmörders meidet sie den Gang zur Polizei. Sie
lässt sich in einer Mittagspause auf HIV und Hepatitis untersuchen und
kauft sich Pfefferspray und einen kleinen Hammer als Waffe. Und sie
führt auf eigene Faust Ermittlungen, ob der Unbekannte einer ihrer
jungen Angestellten wie Kurt (Lukas Prisor) oder Kevin (Arthur Mazet)
aus der Firma sein könnte. Das Leben geht aber weiter und so ist sie
auch mit ihrem Sohn Vincent (Jonas Bloquet) beschäftigt, der sich von
seiner schwangeren Freundin Josie (Alice Isaaz) ausnützen lässt. Mit
ihrem Exmann Richard Casamayou (Charles Berling) verbindet sie nach wie
vor eine Freundschaft, sie reagiert aber etwas eifersüchtig als der
seine neue Freundin Helene (Vimala Pons).
Ebenbürtige Geschäftspartnerin im Unternehmen ist ihre Freundin
Anna (Anne Consigny), mit der sie schon lange Jahre befreundet ist. Das
hält Michele allerdings nicht davon ab, dass sie seit etwa einem halben
Jahr eine Sexaffäre mit Annas Mann Robert (Christian Berkel) begonnen
hat. Auch der neue Nachbar Patrick (Laurent Lafitte) gefällt ihr gut.
Doch der ist mit der sehr gläubigen Rebecca (Virginie Efira) verheiratet. Auch mit ihrer Mutter Irene (Judith Magre) gibts
Streit, da die alte Dame einen viel jüngeren Liebhaber (Raphael Lenglet)
finanziert und Michele bittet ihren Vater im Gefängnis zu besuchen...
Der Film ist vor allem durch die Familien- und
Figurenkonstellation immer wieder interessant und wird von einem
großartigen Ensemble getragen. Die Vergewaltigung bleibt dennoch
Mittelpunkt der Geschichte und bietet Isabelle Huppert endlich wieder
eine ebenbürtige Rolle wie in ihren Chabrol Filmen "Violette Noziere",
"Biester" oder "Süßes Gift" und annähernd so verstörend wie in Hanekes
"Die Klavierspielerin". Kameramann Stephane Fontaine begeistert durch
die stimmungsvollen Bilder eines scheinbar friedlichen Wohngebiets im
nächtlichen Paris.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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