Samstag, 30. Dezember 2017

Paterson

























Regie: Jim Jarmusch

Die gesammelten Werke des Busfahrers....

Bei den Filmfestspielen in Cannes 2016 wurde Jim Jarmuschs Film "Paterson" für die goldene Palme nominiert. Die englische Dogge Nellie erhielt für ihre Rolle als Marvin den Palm Dog Award, aber Adam Driver ist als Gedichte schreibender Busfahrer Paterson aus der Stadt Paterson in New Jersey leider nicht als bester Hauptdarsteller für einen Oscar nominiert worden, was verdient gewesen wäre.
Der Film selbst ist in seiner Aussage wunderschön und darf schon jetzt zu einem der besten Filme des Independent-Directors gezählt werden.
Wobei aber gar nicht viel passiert in "Paterson" und mit "Paterson", denn der Mann wacht jeden Morgen in den Armen seiner Frau Laura (Golshifteh Farahani) auf, frühstückt und geht aus dem Haus zur Arbeit. Täglich fährt Paterson mit dem Bus durch die Stadt und beobachtet dabei seine Fahrgäste. Er hört ihnen interessiert bei ihren Gesprächen zu. Vieles wiederholt sich, fast alles scheint Routine zu sein. Scheinbar immer das Gleiche, aber Paterson erkennt darin die Schönheit und die Unterschiede.
Bevor er morgens mit dem Bus losfährt, schreibt er noch kurz ein paar Gedanken in sein Notizbuch, und auch jede Arbeitspause nutzt er für seine Gedichte. Nach der Arbeit kehrt er heim, liebevoll erwartet ihn seine Frau. Während er sehr ruhig ist, hat Laura immer neue kreative Ideen, die sie verwirklichen möchte. In "Paterson" wird eine ganze woche des Paares aufgezeichnet, innert dieser 7 Tage entscheidet sich Laura eine Gitarre zu kaufen, weil sie eine Countrysängerin wie Tammy Wynette oder Patsy Cline werden möchte. Oder sie beschäftigt sich mit dem Gedanken eine Cupcake Bäckerei zu eröffnen. Die Ehe der beiden ist glücklich, gegenseitig geben sie sich Halt. Laura ermutigt Paterson die Gedichte zu kopieren und vielleicht auch zu veröffentlichen - denn sie sind nicht schlechter als die Lyrics des bekannten William Carlos Williams, der zwischen 1946 und 1958 in fünf Bänden das epische Gedicht "Paterson" veröffentlichte - natürlich ist der Prosa-Autor Patersons Lieblingsdichter.
Abends geht Paterson mit Hund Marvin Gassi und trinkt in seiner Stammkneipe noch ein Bier. Dort unterhält er sich mit dem Wirt Doc (Barry Shabaka Henley) oder mit anderen Stammgästen wie Everett (William Jackson Harper), der vergeblich in Marie (Chasten Harmon) verliebt ist. Am Wochenende verkauft Laura ihre selbst gemachten Cupcakes und verdient gutes Geld. Sie lädt ihren Mann ins Kino ein. Gemeinsam schauen sie einen alten Horrorfilm. Als sie nach Hause kommen, hat der freche Marvin Patersons Notizheft zerfetzt - und damit auch Patersons Gedichte...




Doch die Niedergeschlagenheit ist in "Paterson" nur von kurzer Dauer, der Zufall oder das Schicksal will es, dass Paterson von einem Touristen ein Buch mit vielen leeren Seiten geschenkt bekommt. Damit heißt es "Auf ein Neues" und der Zuschauer wird mit der Erkenntnis das Kino verlassen, dass der normale Held des Alltags wieder schreiben wird und sich das Banale mit der Poesie verbindet.
Auf Montag folgt Dienstag folgt Mittwoch - ein Film über gewöhnliche Menschen wie Du und ich.
Man hat das Gefühl, dass über dieser ganz normalen Stadt ein gewisser Zauber schwebt - wahrscheinlich festgehalten und bemerkbar durch die Lyrik. Paterson selbst ist ein Träumer, er hängt noch an den vergangenen Zeiten. Daher hat er auch kein Smartphone, sondern er schreibt Gedichte über Streichhölzer und Streichholzschachteln. Dabei trifft er auf Seelenverwandte - ein kleines Mädchen, dass auf ihre Mutter wartet oder ein Rapper, der in einem Waschsalon seine Lyrics übt.
Jarmusch ist einmal mehr ein sehr ruhiger und harmonischer Film gelungen, ein Loblied auf die Poesie des Alltags.





Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 

Montag, 25. Dezember 2017

Amarcord

























Regie: Federico Fellini

Ich erinnere mich....

Federico Fellini gewann 1975 den Oscar für seinen Episodenfilm "Amarcord" - es war nach "La Strada", "Die Nächte der Cabiria" und "8 1/2" sein 4. Sieg in der Kategorie des besten Auslandsfilms.
Insgesamt strahlt der Film eine große Lebensfreude aus und die Erzählstruktur besteht aus Anekdoten, Erlebnissen, Erfahrungen und auch Träumen. Der Titel "Amarcord" bedeutet "Ich erinnere mich" im Dialekt von Rimin, der Küstenstadt in der Fellini im Jahr 1920 geboren wurde. Hier sammelte der Regisseur Legenden seiner Jugend und stattet diese Erinnerungen auch mit einer Fantasie und mit Verklärung aus. "Amarcord" ist auch ein Bilderfilm, die von Kameramann Giuseppe Rotunno (Das letzte Ufer, Der Leopard, Satyricon, Die Bibel, All that Jazz) gemacht wurden und der damit eine seiner stärksten Leistungen überhaupt abliefert.
Aus einer tumultartigen Szene im Schnee entsteht beispielsweise ein Bild von vollkommener Schönheit, wenn der Pfau eines Grafen entkommt, in die Lüfte steigt und sich dann seine blendenden Schwanzfedern an einem Brunnen ausbreitet - und genau in diesem Moment schneit es auch in der ansonsten sonnigen Stadt.
Es sind die Erlebnisse des jungen Titta Biondi (Bruno Zanin), mit denen der Zuschauer ins Reich der Nostalgie und der Freude abtaucht. Gemäß der Erkenntniss, dass wir das lieben und begehren, was wir sehen, schwärmt er für die begehrenswerteste Frau der Stadt. Es ist die Friseuse Gradisca (Magali Noel) für die alle Männer und auch die ganz jungen Männer des Ortes schwärmen. Sicherlich hat sich Giuseppe Tornatore in seinem "Der Zauber von Malena" von diesem großen Fellini Klassiker inspireren lassen.
Natürlich findet er den Busen der drallen Tabakverkäuferin (Maria Antonietta Beluzzi) einfach geil und er hat auch schon näheren Kontakt zu der nymphomen wie verrückten Prostituierten Volpina (Josiane Tanzilli). Diese Zeit zwischen dem Frühjahr 1933 und dem Frühjahr 1934 steht für die sexuelle Neugier von Titta, der davon träumt mit der städtischen Schönheit zu schlafen.
In der ersten Szene wird der Winter durch ein Brauchtumsfest vertrieben, dort auf der lebnhaften Piazza werden die Figuren der Geschichte eingeführt.
Fellini inszenierte originell, so ist zum Beispiel eine ganze Galerie karikaturistischer und überzeichneter Lehrer zu sehen, die die Schüler unterrichten. In der Familie Biondi geht es meistens lautstark zu. Der Vater Aurelio (Armando Brancia) ist ein Gegner der immer stärker werdenden Faschisten, was ihm bei einem Fest der Partei mächtigen Ärger einbringt. Er wird verdächtigt die Veranstaltung sabotiert zu haben und bekommt nach dem Verhör eine Portion Rizinusöl eingeflößt. Die Mutter Miranda (Pupella Maggio) ist besonders temperamentvoll und streitet sich sehr oft mit dem Vater. Die Wortgefechte finden meistens beim gemiensamen Essen statt. Mirandas Bruder Lallo (Nando Orfei), der Großvater (Giuseppe Ianigro) und Tittas kleinerer Bruder (Stefano Proietti) lassen sich allerdings durch die heftigen Wortgefechte nicht stören.  Der geistig behinderte Onkel Teo (Ciccio Ingrassioa), der in der Irrenanstalt lebt, wird wie jeden Sommer von der Familie zu einem Ausflug nach Hause geholt. Doch diesmal läuft das Familientreffen nicht reibungslos ab. Der Onkel klettert auf einen Baum, schreit über 5 Stunden lang von dort "Ich will eine Frau" herunter, bis eine kleinwüchsige Nonne es schafft ihn wieder auf den Boden der Realität zu bringen..








Fellini zeichnet dieses eine Jahr mit sehr viel Melancholie und die Rituale dieses Dorfjahres sind unterlegt mit der grandiosen Filmmusik von Nino Rota. Eine strengere Struktur hat Fellini dabei vermieden, aber sein Kaleidoskop lebt hervorragend von meisterhafen und effektvollen Bildern. Dabei lotet der Regisseur auch die Geschmacksnerven seines Publikums aus, denn in "Amarcord" wird uriniert, masturbiert und heftig an einem Busen gesaugt. Dieser letzte kommerziell richtig erfolgreiche Film des Italieners kanalisiert durch die Verstärker wie Ausstattung, Farbgestaltung, Kostüme und Szenenbildern den perfekten Anteil an reiner Poesie zum Zuschauer.
Ein Advokat (Luigi Rossi) fungiert als Erzähler. Neben der unvergesslichen Pfauenszene bietet der Film noch weitere gleichwertige Highlights, wenn Titta im Schnee seiner Angebeteten auflauert, sie verfolgt und versucht ihr rein zufällig zu begegnen - er findet sie aber nicht mehr. In einer Totalen wird nur dem Zuschauer gezeigt, dass sich die beiden begegnet wären, aber er lief etwas zu schnell, sie zu langsam. Eine traurige Szene bietet das Ende - Gradisca heiratet einen Offizier der Carabinieri am Strand. Nach und nach verlassen die Hochzeitsgäste den Strand, auch Gradisca verlässt mit ihrem Gatten die Stadt. Der Strand leert sich nach und nach, bis er menschenleer ist. Ein wehmütiger Ausklang und das Ende einer Epoche.







Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Vergiss mein nicht !

























Regie: Michel Gondry

Liebe aus dem Gedächtnis streichen...

Der französische Filmregisseur Michel Gondry drehte zunächst Videoclips für Künstler wie Massive Attack, Björk, Sinead O´Connor, Radiohead, White Stripes, Daft Punk. IAM, Cibo Matto oder Chemical Brothers bevor er sich 2001 mit "Human Nature" an seinen ersten Kinofilm heranwagte. Die Komödie nach einer Vorlage von Charlie Kaufman konnte in Frankreich einen passablen Erfolg verbuchen, in den meisten anderen Ländern floppt der Film allerdings. Aber die zweite Regiearbeit war "Vergiss mein nicht !" (im Original: Eternal Sunshine of a spotless mind und heißt soviel wie der Ewige Sonnenschein eines makellosen Geistes) wurde ein durchschlagender Erfolg und gehört mit zu den überzeugendsten Arbeiten des letzten Kinojahrzehnts. Bei der BBC Umfrage über die 100 größten Movies des noch neuen 21. Jahrhunderts belegte "Vergiß mein nicht" den phänomenalen 6. Rang.
Bevor es mit dem Hauptfilm losgeht, zeigt Gondry dem Publikum einen Werbespot der Firma Lacuna Inc. - um diese medizinische Firma geht es auch im Film, denn der Firmeninhaber Dr. Howard Mierzwiak (Tom Wilkinson) löscht für seine Kunden auf deren Wunsch schmerzhafte Erinnerungen.
Meistens wollen die Menschen ihre Partner aus dem Gedächtnis streichen, die sie immer noch lieben. Auch wenn die Beziehung schon auseinanderging. An einem kalten Februartag erwacht Joel Barish (Jim Carrey), er muss zur Arbeit. Er geht wie immer an den Bahnhof, doch dann entscheidet er sich um und nimmt den Zug nach Montauk am Meer. Als er dort sein Tagebuch zur Hand nimmt, stellt er fest, dass einige Seiten fehlen. Er kann sich aber nicht daran erinnern, dass er sie herausgerissen hat. Irgendwie sind dadurch einige Monate seines Lebens verschwunden und er hat auch keinen Bezug zu dieser Zeit.
Diese Szene wird am Ende des Films wieder eine große Rolle spielen. Aber es ist der Tag, an dem er dort am Strand auf eine junge Frau mit orangerotem Sweatshirt aufmerksam wird. Tatsächlich wird er von der Fremden (Kate Winslet) später auf der Heimfahrt im Zug angesprochen. Sie heißt Clementine und flirtet mit ihm und aus der zufälligen Begegnung entsteht eine Liebesbeziehung.
An diesem Glück nimmt der Zuschauer aber nicht lange teil, denn irgendwann sieht man einen weinender Joel verzweifelt in der Nacht im Auto umherfahren. Dann wird klar, dass die impulsive Freundin nicht nur Schluß mit ihm gemacht hat, sondern auch bei Lacuna Inc. war und ihren Lover aus dem Gedächtnis hat löschen lassen. Als Joel in der Buchhandlung auftaucht, in der sie arbeitet, erkennt sie ihn überhaupt nicht und küsst einen jungen Typen. Er erfährt allerdings von der Löschung und entscheidet nun für sich, dass auch er Clementine aus seinem Gedächtnis verbannen will. Der Arzt arbeitet mit drei Angestellten zusammen. Seine Sekretärin ist die hübsche Mary (Kirsten Dunst) und die beiden wissenschaftlichen Techniker Stan (Mark Ruffalo) und Patrick (Elijah Wood.
Der eigentliche Löschvorgang findet Nachts in Joels Wohnung statt. Er wird mittels Medikamenten in einen Tiefschlaf versetzt und von Stan und Patrick an ein Gerät angeschlossen, das die Erinnerungen im Gehirn lokalisiert und löscht. Doch dies ist bei Joels schwieriger als gedacht...



Was in dieser Nacht in Joels Wohnung geschieht, wird auf einer äußeren und einer inneren Ebene erzählt, die einander überschneiden und beeinflussen. Und auch die Lacuna Crew ist mit an den weiteren Geschehnissen beteiligt - Gondry jongliert mit dem Themen Erinnerungen und menschliches Gedächtnis, er inszenierte dabei äusserst innovativ und phantasievoll in seinem romantischen Liebesfilm, der gleichzeitig auch eine äusserst interessante Science Fiction Variante anbieten kann. Daher wandert nicht nur Joel durch seine Phantasien und durch sein Gedächtnis, sondern auch der Zuschauer erlebt einen wendungsreichen bis aberwitzigen Genremix. Dabei schreckt er auch nicht vor einer sehr chaotischen Erzählweise zurück, die Zeit bewegt sich vorwärts, dann rückwärts - aber keine Angst: Gondry führt die Geschichte zu irgendwann wieder zu einer Einheit aus Zeit und Raum.
Von der Idee her, lässt sich eine gewisse Verwandtschaft zu Filmen wie Gaspar Noes "Irreversible", zu Christopher Nolas "Memento" oder zu Cameron Crowes "Vanilla Sky" nicht leugnen. Der Film 2005 bekam 2 Oscarnominierungen, eine ging an die Hauptdarstellerin Kate Winslet, die aber Hillary Swank in "Boys don´t cry" unterlag. In der Kategorie "Bestes Original-Drehbuch", das Michael Gondry gemeinsam mit Charlie Kaufman und Pierre Bismuth schrieb,  wurde aber ein Sieg eingefahren.
"Vergiß mein nicht !" ist neben "Die Truman Show" und "Der Mondmann" der dritte Film, in dem Jim Carrey auch sein Können als Charakterdarsteller zeigen konnte. Leider wurde er in allen drei Fällen von der Academy übergangen - er wartet bis heute auf eine Nominierung in der Actor-Kategorie.




Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

Samstag, 23. Dezember 2017

Fanny und Alexander

























Regie: Ingmar Bergman

Laterna Magica...

"Fanny und Alexander" entstand 1982 und war Ingmar Bergmans letzter Kinofilm mit einer Laufzeit von 188 Minuten. Im TV lief dagegen noch eine deutlich längere Version, diese Fassung dauert 326 Minuten. Danach drehte Bergman seine Filme nur noch ausschließlich fürs Fernsehen. "Fanny und Alexander" kann man in 3 Bilder oder Stimmungen einteilen. Die erste strahlt Lebensfreude gemischt mit Tradition aus. Der Zuschauer nimmt teil an einem schwedischen Weihnachtsfest des Jahres 1907 in Upsalla.
Das zweite Bild könnte krasser kaum sein: Mit dem Auszug aus dem Hause Ekdahl ist die sinnlich-heitere Welt vorbei und so geraten die Geschwister Fanny (Pernilla Allwin) und Alexander (Bertil Guve) in eine Art Gefängnis, in dem Askese und Strenge ständig präsent sind. Das dritte Bild wird durch einen äusserst interessanten cineastischen Kunszgriff eingeleitet, der den Zuschauer zuerst verwirrt und dann in eine vielschichtige Meditation des Glaubens, der Religion und der Wunder eintaucht. Bergmans Alterswerk vereint auch drei wichtige thematische Blöcke, die in seiner Filmographie schon vorher immer wieder sehr präsent waren: Der Künstler und die Kunst, die Religion und die übersinnliche Ebene.
Gleichzeitig ist "Fanny und Alexander" nicht nur Bergmans Triumph, sondern auch der Höhepunkt im Schaffen des legendären schwedischen Kameramannes Sven Nykvist, der hier diese Zeit vor mehr als 100 Jahren in wunderbaren und unvergesslichen Bildern präsentiert. Für "Fanny und Alexander" bekam er nach "Schreie und Flüstern" seinen zweiten Oscar in der Sparte "Beste Kamera" zugesprochen. Insgesamt konnte der Film vier Oscars gewinnen. Natürlich wurden die beste Ausstattung und die besten Kostüme prämiert - auch der Preis für den besten Auslandsfilm konnte gewonnen werden.
Am Weihnachtstag des Jahres 1907 lädt Helena Ekdahl (Gunn Wälgren) wie jedes Jahr zum Fest ein. Die Vorbereitungen sind präzise und jeder der Dienstboten kennt seinen Aufgabenbereicht. Das ganze Haus erstrahlt im weihnachtlichen Glanz. Seit dem Tod ihres Mannes ist Helena als Großmutter das Familienoberhaupt. Ihre drei Söhne Oscar (Allan Edwall), Gustav Adolf (Jarl Kulle) und Carl (Börje Ahlstedt). Oscar leitet gemeinsam mit seiner jungen Ehefrau Emilie (Ewa Fröling) das städtische Theater. Das Paar hat zwei Kinder....Fanny und Alexander. Mit Kinderaugen beobachten sie genau das festliche Treiben im Haus während sie spielen und schauen was die Erwachsenen alles tun. Dabei fällt ihnen auf, dass Gustav Adolf, verheiratet mit Alma (Mona Mann), heftlg mit dem Dienstmädchen Maj (Pernilla August) flirtet. Tatsächlich ist Gustav Adolf ein richtiger Schürzenjäger. Carl dagegen ist eher dem Alkohol zugetan.
Kurze Zeit später werden die Kinder aber mit einem tiefen Verlust konfrontiert. Das kurze Sterben und der Tod des Vaters verstören vor allem den zehnjährigen Alexander. Emilie geht bald eine neue Ehe mit Bischof Vergerus (Jan Malmsjö) ein, der sie in der Zeit nach Oscars Tod seelisch trösten und auch stabiliseren konnte. Der Witwer, der seine Frau und zwei Kinder durch ein Unglück verlor, verlangt aber von seiner Angetrauten den Bruch mit ihrem alten Leben. Sie soll ins Bischofshaus ohne ihre alten Besitztümer einziehen. Auch die Kinder sollen nach ihrem Willen die Spielzeuge zurücklassen. Alexander gelingt es jedoch seinen alten Teddybären mitzubringen, den er meistens unter der Bettdecke versteckt. Vergerus und seine Familie (Kerstin Tidelius; Marianne Aminoff, Harriet Anderson, Hans Henrik Lerfeld, der als bettlägerige Elsa eine Frauenrolle spielt) führen ein strenges Regiment und Vergerius hat aufgrund von religiösem Fanatismus auch üble Erziehungsmethoden für die Kinder parat: Sie werden eingeschlossen und Alexander mit der Rute gezüchtigt, als er eine Lüge erzählt. Bald ist die Ehe auch am Ende, aber es bedarf der Hilfe des Juden Isak Jacobi (Erland Josephson) und vor allem auch durch ein Wunder Gottes, dass die Kinder aus dem Haus des Despoten entführt werden können. In Isaks Haus trifft Alexander auf den Puppenspieler Aron (Mats Bergman) und auf dessen 16jährigen Bruder Ismael (Stina Ekblad in einer Männerrolle). Ismael gilt als psychisch krank und gefährlich, er konfrontiert den kleinen Alexander mit dessen Hass. Ismael kann gar nicht glauben, dass ein junger Mensch schon soviel an Hass in sich tragen kann. Mit dieser Kraft könne man Menschen töten. Alexander wehrt sich gegen diese destruktiven Mächte im Inneren und hat eine Vision, er sieht dabei einen brennenden Menschen. Tatsächlich wird am anderen Tag bekannt, dass der gehasste Stiefvater bei einem Hausbrand sein Leben verlor...







Diese Szenen sind das Innere dieser Familienchronik, die zuerst sehr ausschweifend und voller Detailreichtum das pralle, aber auch den Normen verpflichtete Leben einer Großbürgerfamilie offenlegt. Alles in dem Bild des harmonischen Weihnachtsfestes, dort werden die menschlichen Eigenheiten und Charakterschwächen auch leise und subtil offenbart. Danach leben die Kinder in einem freudlosen Haus, eigentlich ein Gotteshaus, aber durch den wütenden Hass weit davon entfernt ein Ort der Liebe zu sein. Von der bürgerlich-liberalen Welt hinein ins eine klerikale Hölle, der man nur durch ein Wunder entkommen kann. Und hier mündet "Fanny und Alexander" ein in eine Welt voller Mysterien und Geheimnisse. Und vor allem auch eine Wanderung durch die tiefere, dunkle Seite des menschlichen Geistes. Opulent wie Viscontis "Leopard" hat Bergmans Film aber auch stellenweise die Struktur eines sozialkritischen Märchens, manchmal fühlte ich mich an Charles Dickens erinnert.
Die Brüchigkeit der bürgerlichen Ordnung ist allgegenwärtig und Alexander erkennt dies bereits, flüchtet sich in seine Phantasie.








Bewertung: 10 von 10 Punkten.