Regie: Sean Baker
Willkommen im Magic Castle Motel...
Das American Film Institute wählte Sean Bakers ungewöhnlichen Film "The Florida Project" unter die 10 besten Filme des Jahres 2017. Und Nebendarsteller Willem Dafoe erhielt immerhin gerechterweise jeweils eine Oscar- und eine Golden Globe Nominierung als bester Nebendarsteller des Jahres.
Den noch eher unbekannten Filmemacher Sean Baker, geboren 1971, 
sollte man sich auf jeden Fall merken, denn in seinem Film setzt er 
total auf den Kontrast zwischen den amerikanischen Traumwelten wie 
Disney Land und der Realität der Straße.
Seine vorigen Filme blieben allesamt Geheimtipps. In "Four Letter 
Words" sind junge amerikanische Männer und ihre Einstellung das Thema, 
es folgten "Starlet" und "Tangerine L.A.", den er komplett mit einem 
iPhone 5S. Er feierte damit beim Sundance Film Festival Premiere.
Mit "The Florida Project" drehte er seinen bisher erfolgreichsten 
Film, für den er auch das Drehbuch schrieb. Es ist die Geschichte einer 
Mutter und Tochter aus der Unterschicht, die vorübergehend in einem 
Motel in der Nähe von Disney World in Florida wohnen.
Dabei nimmt der Film vor allem die Perspektive der kleinen Monee 
(Brooklyn Prince) ein, die als Kind noch sehr unbeschwert wirkt. Dabei 
hat ihre junge tätowierte Mutter Halley (Bria Vinaite) vor kurzem ihren 
Job verloren und das Geld ist natürlich mehr als knapp. Nur durch kleine
 Gaunereien, mit Schnorren und gelegentlichem Strippen kann sich die 
junge Mutter die Miete fürs Motel leisten. Geschäftsführer dieses 
rosaroten Wohnkomplexes ist Bobby (Willem Dafoe), der zwar knallhart die
 Miete einfordert, aber dennoch gewisse Sympathien für seine Mieter - 
allesamt Unterschicht, allesamt Verlierer - aufbringt. Die kleine Monee 
hängt mit ihren gleichaltrigen Freunden Scooty (Christopher Rivera) und 
Dicky (Aiden Malik) rum, die Kinder haben ständig Unsinn im Kopf und 
frech und respektlos gegen die Erwachsenen. Als sie auf das Auto von 
Grandma Stacy (Josie Olivo) spucken, findet das Mom Halley eher witzig. 
Aber die drei müssen das Auto zur Strafe putzen und so lernt Monee auch 
die etwa gleichaltrige Jancey (Valeria Cotto) kennen, die später ihre 
beste Freundin wird. Mom Halley geht mit Ashley (Mela Murder), ebenfalls
 alleinstehend und Mutter des kleinen Scooty, am Abend aus. Sie werden 
Freundinnen. Doch nicht für lange. Denn die Kinder verursachen durch ein
 Feuerzeug einen Brand. Ashley verbietet ihrem kleinen Jungen den 
weiteren Kontakt zu Monee. Halley hält sich mit Betrügereien über 
Wasser, doch bald muss sie anschaffen gehen. Das Jugendamt bekommt davon
 Wind. Am Ende soll ihr die Tochter weggenommen. Doch Monee will bei 
ihrer Mom bleiben, sie haut ab und erreicht in Disney das legendäre 
Märchenschloß...
Was dann auch das Schlußbild eines hervorragenden Films ist, der 
ein realistisches Bild der Unterschicht zeigt. Der Regisseur hegt aber 
ebenfalls - ähnlich wie seine Filmfigur Bobby - Sympathien für diese 
Benachteiligten, er zeigt daher nicht nur die Schattenseiten und 
schlechten Eigenschaften. Er zeigt Halley auch wie sie sich bemüht eine 
gute Mutter zu sein, man merkt, dass sie ihre kleine Tochter sehr liebt.
 Für die kleine Monee ist die Motelanlage, die die Kinder Magic Castle, 
nennen. ein Stück weit unbeschwerte Kindheit. Sean Baker zeigt dies 
alles sehr unaufdringlich und phasenweise einfach als Beobachter, der 
die Kamera auf diese Welt am Rande der Gesellschaft hält. Dabei 
verzichtet er auf eine konventionelle Dramaturgie, vielmehr sind es 
Episoden, die am Ende zum Großen Ganzen werden.
Die Umgebung dient als beinahe unwirklicher Katalysator. Der 
Spielplatz ist eine Art Sumpfgelände, der Supermarkt hat die Form einer 
Orange und über die "Straße der sieben Zwerge" erreichen sie ihr 
Zuhause. Gelegentlich essen die Kinder ein Eis aus einem Eisladen, der 
die Form einer Eiswaffel hat. Das Motel ist schäbig, bietet aber Schutz 
und Heimat. Ein Film mit großer Wirkung - ein bisschen verwandt mit 
"American Honey" von Andrea Arnold - fast schon eine Art 
Bestandsaufnahme einer benachteiligten Unterschied und ein Film, der 
eigenartig faszinierend ist - aber aber auch betroffen macht. Als das 
Jugendamt auftaucht ist das ähnlich intensiv wie Ken Loachs "ladybird". 
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.

















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