Freitag, 8. Januar 2016

Der Morgen stirb nie

























Regie: Roger Spottiswoode

Chinesinnen wollen zuerst mal erobert werden...

Nach Pierce Brosnans gelungenem James Bond Einstand in "Golden Eye" durfte er auch im 18. offiziellen Bond Abenteuer erneut den Superhelden verkörpern. "Der Morgen stirbt nie" entstand 1997 unter der Regie von Roger Spottiswoode (Monster im Nachtexpress, Under Fire, Mörderischer Vorsprung). Der Titelsong "Tommorrow never dies" von Sheryl Crow wurde zum Hit und konnte sogar eine Golden Globe Nominierung erreichen. Der Film selbst spielte 346 Millionen Dollar weltweit ein, damit war er nur geringfügig schwächer als der Vorgänger. In Deutschland gabs auch die Goldene Leinwand für mehr als 3 Millionen Kinobesucher. Dabei waren die Bewertungen für den Film aber insgesamt etwas kritischer. Man sah einen gewissen Rückschritt nach "Goldeneye", der insgesamt so wirkte, als würde er der Reihe einen neuen Stil verpassen. In "Der Morgen stirbt nie" war vieles wieder sehr altbekannt. Wenn man "Goldeneye" vielleicht als den spannendsten Film der Brosnan Phase ansehen kann und "Stirb an einem anderen Tag" den überzeichnetsten mit parodistischen Elementen, dann ist "Der Morgen stirbt nie" der fernöstlichste der vier Filme. Dies liegt sicherlich nicht nur an Michelle Yeoh, der sehr dominant agierenden Bondgespielin, sondern der ganze Film macht deutlich eine Verbeugung vor dem actionbeladenen Hongkong-Kino der 90er Jahre. Auch die Bösen haben sich verändert: Sie sind nicht mehr nur die Welteroberer, die die Supermächte gegeneinander ausspielen, sondern sie sind auf ihr Image als moralische Weltinstanz bedacht. Der britische Medienmogul Elliot Carver (Jonathan Pryce) sieht sich vor allem als Herrscher der Informationen. Mithilfe seines riesigen Medien-Imperiums will er die Macht durch von ihm manipulierte Massen erreichen. Dies klappt dann, wenn er ein Monopol auf die Nachrichten dieser Welt hat. Natürlich will er auch die führenden Nationen in einem von ihm forcierten Krieg aufeinanderhetzen. In einem ersten Schritt versenkt er - im Schutz seines Steath-Schiffs - eine Fregatte der britischen Marine. Den Verdacht hat er dabei geschickt auf die Chinesen gelenkt und berichtet auch exklusiv in seinen Nachrichten von dem drohenden Krieg. Natürlich hat er damit Erfolg. Aber dennoch verhalten sich Briten und Chinesen noch vorsichtig, denn vor dem Krieg lässt man noch die besten Agenten ermitteln. Für die Briten wird von M (Judi Dench) natürlich Bond (Pierce Brosnan) ins Rennen geschickt, die Chinesen setzen auf die Fähigkeiten von Wai Lin (Michelle Yeoh). Die treffen sich dann auch zum ersten Mal persönlich in Carvers neuem Medienzentrum in Hamburg. Dabei sieht Bond auch seine Verflossene Freudin Paris (Teri Hatcher) wieder, von der er sich vor einigen Jahren mit den Worten "went to the Store" verabschiedete und sich seither nicht mehr blicken ließ. Inzwischen ist die hübsche Lady mit Carver verheiratet, doch bei Bond wird sie wieder schwach. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte, denn der irrsinnige Gatte bestraft Ehebruch mit dem Tod. Zu den Bösen gehören ausserdem der Cyber-Terrorist Gupta (Ricky Jay) und einmal mehr der große, blonde deutsche Hüne (Götz Otto), der in "Der Morgen stirbt nie" auf dem Namen "Stamper" hört...


Zu den Highlights von "Der Morgen stirbt nie" zählt auch der BMW 750il mit Raketen, selbst-aufpumpenden Reifen, Reifentöter zum Abwerfen auf die Verfolger, erweiterter Diebstahlsicherung durch heimtückische Elektroschock-Elektroden an den Türgriffen oder Tränengas-Düsen sowie eine extrastarke Titan-Panzerung. Die spektakulärste Szene des Films ist aber wohl Bonds Flucht - gemeinsam weil angekettet mit Wai Lin - auf einem Motorrad durch die Straßen und über den Dächern von Saigon. Als Kameramann wurde Robert Elswitt (Last Exit Reno, There will be blood, Good Night and good luck)verpflchtet. Mit weniger als 2 Stunden Laufzeit ist "Der Morgen stirbt nie" für einen Bond Film eher kurz und knackig. Die düsteren Anflüge, die noch bei "Golden Eye" zu spüren waren, sind hier ganz außen vor gelassen. Was der Film an Tiefe vermissen lässt, macht er durch die nahezu ununterbrochene Action wieder wett. Im ausgedehnten Finale an Bord des Stealth-Bootes wird das wahrhaft sündhaft teure Setting komplett in seine Einzelteile zerlegt, aber Hauptsache dem sehr unsympathischen Schurken wird endlich das Handwerk gelegt. Vielleicht einer der rasantesten und auch krawalligsten Bond Abenteuer aller Zeiten. Der Medienmogul und Schurke, dargestellt von Jonathan Pryce, führt nicht nur enthemmte Monologe über seine irrwitzigen Monopolideen, sondern wird von seinem Darsteller beinahe schon als grelle Karikatur angelegt. Natürlich bräuchte er für seine Macht nicht auch noch die Anzettelung eines Krieges, es würde ja die gezielte Manipulation durch sein Medienmonopol reichen. Aber ohne das Säbelrasseln der Weltmächte wäre der Superschurke in einem Bondfilm dramaturgisch nur halb so viel wert, daher die phantasievollen Auswüchse der Drehbuchautoren. Mit der toughen Michelle Yeoh kommt auch ein Novum ins Spiel, denn bis zum Schluß widersteht die Chinesin dem Anbaggern von Bond. Erst unter Wasser, kurz vor dem Ertrinken, kommt es zu einer Rettung und damit auch zu einem ersten Filmkuss. Reichlich spät für den Frauenhelden.


Bewertung: 7 von 10 Punkten.

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