Regie: Fabrice du Welz
Der talentierte Waffennarr....
Der Belgier Fabrice du Welz ist sicherlich einer der eigenwilligsten,
aber auch interessantesten europäischen Filmemacher. 2004 drehte er
"Calvaire" und ließ sich dann vier Jahre Zeit, um mit "Vinyan" genauso
zu beindrucken. Danach lange Pause, aber in diesem Jahr kann man wieder
zwei neue Filme von ihm bewundern. "Alleluja" ist sein ganz neuer Film -
mit seinem 2012 realsierten "Colt 45" war er nicht ganz so glücklich,
denn die Produzenten entschieden wichtige Szenen einfach rauszuschneiden
und so ist der Film nicht ganz nach seinen Vorstellungen. Auch
Drehbuchautor Fathi Beddiar soll nicht besonders zufrieden mit dem
Ergebnis gewesen sein.
Von diesen Querelen im Hintergrund bekommt der Zuschauer von "Colt 45"
natürlich nicht viel mit und sieht nun einen eiskalt servierten,
knackig kurzen und vor allem bleihaltigen Genrebeitrag mit grimmigem
Unterton. Ein echter Männerfilm also - ein bisschen wie eine knappe
Antwort auf Hollywood und auf einen ähnlichen, aber wesentlich
vielschichtigeren Film wie "Training Day" mit Denzel Washington. Es geht
in beiden Filmen um Männerbünde, die geschlossen werden und um diesen
arglosen jungen Mann, der manipuliert werden soll und lange nichts von
diesem fiesen doppelten Boden ahnt. "Colt 45" ist Fabrice du Welz
sicherlich bislang kommerziellster Film - natürlich erreicht er nicht
die Klasse von "Training Day", aber er kann sicherlich als sparsamere
Midnightmovie Ausgabe des Vorbilds begeistern. Zum tragischen Helden der
Geschichte ist der junge Vincent Miles (Ymanol Perset) auserkoren. Der
junge Mann hat eine große Karriere - nicht nur bei den Bullen - vor
sich. Er arbeitet als geniale Waffenmeister bei der französischen
Nationalpolizei und ist gerade Jahrgangsbester im Schießen geworden.
Daher ist auch das Militär an seinem riesigen Talent (95 % Trefferquote
in einem Schießtest) interessiert. Doch der junge Mann lehnt ab. Er hat
vielleicht auch aus den Fehlern des Vaters gelernt, der ebenfalls
Polizist war und bei einem Sondereinsatz ums Leben kam. Er kann aber auf
Commandant Christian Chavez (Gerard Lanvin), dem Freund seines Vaters
zählen. Aber mit der Bekanntschaft eines Kollegen, der sich Milo Cardena
(Joey Starr) nennt und sich spontan mit ihm am Schießstand messen wird,
ist es aus mit dem ruhigen Leben. Das Duell geht zwar irgendwie
unentschieden aus, aber beide Männer gehen anschließend in der Kneipe
ein Bier trinken. Leider ist dieser Milo aber kein Freund. Er wird sich
als Feind herausstellen, der Böses mit seinem arglosen Gegenüber vorhat.
Nur blöd, dass Waffenfetischist Vincent seiner neuen Bekanntschaft
einen Korb gibt. Dieser wollte ihn für eine Spezialeinheit gewinnen.
Doch das Töten liegt ihm nicht, er bastelt da lieber an den Waffen
herum, als sie auf Menschen abzufeuern. Er verrät Milo an diesem
Treffen, dass er eine neuartige Munition entwickelt hat, die sogar
Kevlar Westen durchdringt. Dies hätte er lieber nicht machen sollen.
Denn Milo lässt nicht locker. Im Nu findet sich der junge Waffennarr in
einer Spirale der Gewalt, die mit Raubüberfällen, Morden einhergehen und
in einen knallharten Polizeikrieg münden. Er lässt sich mitreissen und
steht bald mit einem Bein im Knast. Es kommt noch schlimmer. Um zu
überleben, bleibt ihm nichts anderes übrig. als die dunkle Seite in sich
zuzulassen...
Fabrice du Welz hat "Colt 45"
sehr straff und schnörkellos inszeniert, es gibt keine Ruhepausen in
seinem Szenario. Ein bisschen Gefühl kommt auf, da die Polizistin
Isabelle le Franc (Alice Taglioni), eine alleinerziehende Mutter, dem
jungen Christian zu verstehen gibt, dass sie ihn mag. Aber eh man sich
versieht, hat die Handlung den nächsten katastrophalen Schachzug
eingeleitet. Ein Copfilm mit dem Schwerpunkt auf reiner Action, aber
Noir Anteile können auch entdeckt werden. Als Charakterstudie ist
sicherlich die Wandlung vom naiven Bübchen zur Killermaschine
interessant. Hier könnten vielleicht wirklich einige geschnittene Szenen
fehlen, denn die Wandlung kommt extrem rasant, vielleicht sogar etwas
zu heftig. Aber es geht auch eine gewisse Faszination von dieser
emotional unterkühlten Welt aus, die uns der Belgier hier präsentiert.
Ein Alptraum, den der junge Held erlebt. Er durchläuft die Vorhölle und
am Ende steht der Knast oder vielleicht doch eine rosige Zukunft ?
Bewertung: 7 von 10 Punkten.