Regie: Franz Beyer
Letzte Hoffnungen im Ghetto...
Regisseur Frank Beyer (1932 bis 2006) war einer der wichtigsten
Regisseure der DEFA, insbesondere seine Romanverfilmungen "Nackt unter
Wölfen" (1963), "Spur der Steine" (1966) und "Jakob, der Lügner" (1974)
wurden zu wichtigen Klassikern der deutschen Filmgeschichte. 1991
erhielt der Filmemacher das Filmband in Gold des Deutschen Filmpreises
für sein Lebenswerk.
"Jakob, der Lügner" schaffte es auch
als erster und einziger DDR Film im Jahr 1977 eine Oscar-Nominierungen
in der Kategorie "Bester ausländischer Film" zu bekommen, er musste sich
aber am Ende durch die Elfenbeinküste, die mit Jean Jacques Annauds
"Sehnsucht nach Afrika" ins Rennen ging, geschlagen geben. Immerhin war
der Film auch in den USA so beliebt, dass Hollywood 1999 ein Remake mit
Robin Williams in der Hauptrolle nachschob.
Es ist eine
Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jurek Becker, der in seiner
Geschichte die aufkeimende Hoffnung in einem namenlosen Ghetto des
Jahres 1944 beschreibt. Ursprünglich sollte sogar Heinz Rühmann die
Rolle von Jakob Heym übernehmen, doch dies gefiel Erich Honecker gar
nicht und er setzte den tschechischen Schauspieler Vlastimil Brodsky
durch, der seine Rolle aber auch vorzüglich gestaltete.
Vermutlich
liegt es nahe, dass es sich bei dem namenslosen Ghetto um das Ghetto
Lodz handelt, da es auch in Jurek Beckers Biografie eine große Rolle
spielte. In diesem Ghetto im von den Deutschen besetzten Polen lebt
Jakob Heym, der eines Abends von einem Posten aufgefordert wird sich im
nahe liegenden Revier der Deutschen zu melden, da er die Ausgangssperre
missachtet habe. Der Eintritt in dieses Revier ist zwar den Juden
strengstens verboten, doch Heym soll sich dort auf Geheiß des
Wachpostens die gerechte Strafe für dieses Vergehen abholen. Wer die
Ausgangssperre missachtet, der wird erschossen. Doch soweit kommt es
nicht. Der Wachhabende ist kein böser Mensch und lässt ihn laufen. Zumal
es erst kurz nach 1/2 8 ist. Aber Jakob hat beiläufig aus einem Radio
gehört, dass die rote Armee bereits bis kurz vor die Stadt Bezanika
vorgerückt ist. Diese hoffnungsvolle Nachricht stimmt ihn hoffnungsvoll.
Denn die Lage der hier eingepferchten Juden wird zunehmend
aussichtsloser. Selbstmorde sind an der Tagesordnung. Jakob kümmert sich
auch rührend um die 8jährige Waise Lina (Manuela Simon), die bei ihm
auf dem Dachboden lebt. Er selbst arbeitet mit anderen Ghetto Bewohnern
zusammen auf dem Güterbahnhof. Sein Arbeitskollege Mischa (Henry
Hübchen) ist mit der hübschen Rosa Frankfurter (Blanche Kommerell)
befreundet, die noch bei ihren Eltern (Dezso Garas/Zsuzsa Gordon) lebt.
Micha will Kartoffeln stehlen, da der Hunger so groß ist und versucht
sie aus einem Container, der auf dem Bahnhof lagert, zu entwenden. Eine
gefährliche Absicht, Jakob kann sie verhindern, indem er Mischa vom
Vormarsch der Russen erzählt. Dieser glaubt ihm aber erst als Jakob ein
Radio erfindet. Diese Notlüge hat aber Folgen. Denn der Besitz eines
Radios ist den Juden im Ghetto bei Todesstrafe verboten. Mischa hat auch
das Herz auf der Zunge und erzählt im Ghetto von Jakobs geheimen
Besitz. Die Nachricht verbreitet sich rasend schnell, sodass Jakob
bereits beim Mittagessen des gleichen Tages von seinem alten Freund
Kowalski (Erwin Geschonneck) angesprochen wird. Obwohl das Radio, das
gar nicht existiert, gefährlich ist und möglicherweise auch
Durchsuchungen im Ghetto zur Folge hat, wird es dennoch zum
Hoffnungsschimmer...
Der Film wirkt leise und bescheiden. Aber
durch die bedrückende Atmosphäre wird der Film immer stärker, je länger
er läuft. Es sind vor allem auch die Darsteller, die den Film tragen.
Dabei geben der Tscheche Vlastimil Brodsky als Jakob Heym und Erwin
Geschonneck als Jakobs Freund Kowalski eine besonders gute Vorstellung.
Letzterer wird zu einer völlig tragischen Figur, der voll auf die
Zeichen der Hoffnung springt und umso drastischer einen Weg wählt als
die Realität die Ghettobewohner wieder einholt. Gespenstisch wirkt die
Räumung einer Straße des Ghettos, die Menschen laufen mit ihrem 5kg
Gepäck die Straße entlang - hinein in die Züge. Auch am Ende sitzen
wieder Menschen im Zug, auch wenn die Hoffnung bereits tot scheint,
flackert sie am Himmel wieder auf. Ein tief wirkender und zutiefst menschlicher und bewegender
Film.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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