Regie: Steven Spielberg
Shoa...
Regisseur Steven Spielberg wurde bereits 1982 auf die Geschichte
des Fabrikanten Oscar Schindler aufmerksam. Doch es verzögerte sich und
so kam es erst 1993 dazu, dass er seinen geplanten Film nach dem Roman
von Thomas Kenelly auch umsetzen konnte. Gedreht wurde an
Originalschausplätzen im polnischen Krakau, eine der wenigsten
polnischen Städte, die im 2. Weltkrieg nicht zerstört wurden. Daher
waren viele Originalschauplätze noch so wie damals in den Kriegsjahren
erhalten: Die elegante Wohnung von Schindler sowie das Gebäude, wo sich
damals die Deutsche Emailwarenfabrik (DEF) befand.
Der 194 Minuten lange Film ist im übrigen - neben Costners "Der
mit dem Wolf tanzt" - der einzige Oscargewinner der 90er Jahre, der auch
als historisches Dokument bestehen kann. Macher Spielberg setzte auf
höchstmögliche Intensität und strafte alle Kriiker Lügen, die ihn lange
Zeit ausschließlich als den Blockbusterregisseur spektakulärer
Kindereien unterschätzt hatten.
"Schindlers Liste" war 1994 für insgesamt 12 Oscars nominiert - 7
Siege konnte gefeiert werden: Der Hauptpreis "Bester Film", Spielbergs
erster Regieoscar, das beste adaptierte Drehbuch, Bestes Szenenbild,
Beste Filmmusik, bester Schnitt und die geniale Kameraarbeit von Janusz
Kaminsiki. Der Film wurde ganz in Schwarz-Weiß gedreht, was natürlich
ganz besondere Herausforderungen mit sich brachte. Der Kontrast der
Bilder muss durch die Beleuchtung hergestellt werden. Seine Arbeit
verstärkt den Doku-Charakter des Holocaust Films enorm, aber auch alles
andere - Ausstattung und Kostüme - ist authentisch. Kaminski drehte über
40 % des Films mit Handkamera.
Für einen Film mit solch einem bedrückenden Thema spielte
"Schindlers Liste" weltweit 321 Millionen US-Dollar ein. Er landete im
Jahrgangsranking auf Platz 5 (Platz 1 ging an Spielbergs
Saurier-Spektakel "Jurassic Park) und auch in Deutschland lockte das
Thema über 6 Millionen Zuschauer in die Kinos.
"Schindlers Liste" ist es auch zu verdanken, dass sich der
Rollentypus vom "Bösen Nazi" nachhaltig im US-Kino veränderte. Die Figur
des Hasardeuren Schindler, der sich vom Lebemann zum Lebensretter
wandelt, steht auch für eine gewisse Versöhnung fast 50 Jahre nach den
schrecklichen Ereignissen in Krakau.
Liam Neeson spielt diesen charmanten Unternehmer, der es versteht
die Nazigrößen durch geschickte Manipulation und durch üppige Geschenke
auf seine Seite zu ziehen. Am Ende hat er rund 1100 Juden vor der
sicheren Ermordung in den Gaskammern der Konzentrationslager gerettet.
Die Schlußsequenz ist sehr ergreifend, denn sie macht einen
Zeitsprung von 1945 ins Jahr 1993. Dort am Grab von Oscar Schindler auf
dem Franziskaner Friedhof von Jerusalem. Die wirklichen "Schindlerjuden"
legen dort Steine und Blumen auf sein Grab.
Abgesehen von der vielleicht zu rührseligen Abschiedszene
Schindlers in seiner Firma bei Kriegsende verzichtet Spielberg auf all
die dramaturgischern und technischen Effekte, die man hätte auffahren
können. Sein Film ist angenehm nüchtern, aber so ungeheuerlich, dass
sich viele Szenen so drastisch ins Gedächtnis sezten. Spielberg gelingt
es durch diese intensiven Einzelszenen eine Vorstellung von der Realität
des Grauens zu vermitteln. Am schrecklichsten wirkt die ausufernde
Szene von der Räumung des Krakauer Ghettos. In der Stadt herrrscht ein
mörderisches Inferno und inmitten dieses Schreckens nimmt der Zuschauer
ein kleines Mädchen (Oliwia Dabrowska) wahr. Ein rotes Kleid, inmitten
der Schwarzweiß-Szenerie. Immer wieder sieht man das Kind mit dem roten
Mantel ziellos zwischen den mordenden Horden umherirren. Dieses Bild ist
poetisch und erschreckend zugleich. Verzweifelte Menschen flüchten in
Todesangst in ihre Verstecke, sei es unter Dielen, in Klavieren oder in
den Abflußrohren oder Katakomben. Auch die Bilder mit dem großen
rauchenden Todesturm von Ausschwitz brennen sich ins Gedächtnis, ganz zu
schweigen von der Szene, wenn die nackten Frauen in die Dusche
getrieben werden. Angstvoll erwarten sie ihren Tod durch die Gaskammer.
Die Erleichterung ist auch für den Zuschauer da, als tatsächlich Wasser
aus den Duschen kommt.
Liam Neeson spielt großartig und Ralph Fiennes ist beeindruckend
als SS-Lagerkommandant und Soziopath Amon Göth, der einfach aus Spass
und Machtgefühl Juden vom Balkon seiner Villa abschießt. Zu Recht wurde
der britische Shakespear-Darsteller, ebenso wie Liam Neeson, mit einer
Oscarnominierung bedacht. Leider blieb die großartige Darstellung von
Ben Kingsley bei der Oscarwahl unberücksichtigt. Schade, denn seine
Rolle als jüdischer Buchhalter Itzhak Stern ist nicht nur Oscar
Schindlers rechte Hand, sondern auch sein stilles Gewissen. Zuerst
angewidert von der Art des Lebemannes, der aus dem Leid der
Zwangsarbeiter richtig viel Geld machen will, werden die beiden Männer
im Laufe der Jahre immer mehr zu Freunden. Am Ende ist es sogar Stern,
der Schindler warnt, dass seine Rettungsambitionen von den Nazis
entdeckt werden. Diese Geschichte des unheiligen Heiligen berührt auch
heute noch.
10 von 10 Punkten.
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