Freitag, 22. Februar 2013

Fellinis Satyricon



Regie: Federico Fellini

Leben und Tod...

Satyricon" ist ein nur in Teilen erhaltener, satirischer Roman von Titus Petronius Arbiter, der zur Zeit Neros lebte und in dieser Zeit auch erschien.
Das Werk ist so vielseitig und faszinierend, dass sich Generationen von Gelehrten und Künstlern immer wieder mit ihm befasst haben. So beflügelte Satyricon die Phantasie der Lesers. 1970 inszenierte Federico Fellini seine pralle Version des Werkes und lässt voller Lust die beiden Studenten und Helden Encolpius (Martin Potter) und Ascyltus (Hiram Potter) auf  unzählige Monstern, skurrile Gestalten und Kuriositäten treffen, die von Anbeginn der Szenen so zahlreich sind, daß man sie bald als völlig normal akzeptiert und die inzwischen filmhistorisch als Fellinis schräges Panoptikum so ähnlich auch in anderen seiner Werke auftreten und daher geniales Beiwerk sind. Die beiden jungen Männer, die ausschliesslich der Lust verpflichtet sind,  tauchen ein in das alte Rom voller haariger Zwerge, fetten Huren, Krüppel, Lahme, Blinde, Riesen, Hermaphroditen und allerlei Wüstlingen und geschminkten Dirnen. ,
Fellini gab an, dass er all das in den Film hineinbrachte, was seine Phantasie mit diesen Zeiten alter Kulturen aus Rom oder Byzanz in Verbindug bring.
So erscheint Satyricon“ ein riesiger fragmentarischer Bilderbogen, ein Mischung aus Welttheater und Mythenzirkus, voller Schleichwege, Labyrinthe und Nebenstraßen und bleibt zuerst mal recht irritierend, dann mysteriös und faszinierend und es gelingt Fellini den Zuschauer perfekt in eine andere Epoche eintauchen zu lassen. Eine Epoche, voller Verrücktheiten und Perversionen - es gibt zwischendurch Erdbeben, groteske Theatervorstellungen, ein wüstes Freß und Saufgelage, ein gespenstisches Sklavenschiff, archaische Kämpfe mit Fabelwesen wie dem Minotaur.



Dreh- und Angelpunkt ist aber die Lust auf Leben und an dem Vergnügen, dass die beiden Studenten antreibt und beide buhlen um die Gunst des 16jährigen Knaben Gitone (Max Born), der ebenfalls die Lust erkundet - mal hier, mal dort.
Während seiner Suche nach Gitone, wird Encolpius aber erstmal Gast in einer Villa in der Nähe von Cumae, dort findet das Gastmahl des Trimalchio (Mario Romagnoli) statt, ein ungebildeter Neureicher. Es wird keine Facette der Dekadenz ausgelassen.
"Satyricon" ist sicherlich kein Film für Jedermann. Er fungiert rein oberflächlich als schrille Odyssee nach dem menschlichen Vergnügen. Fellini schafft es aber spielend seine Helden, die voll im Saft des Lebens stehen, mit einer inneren Leere auszustatten und am Ende dieser Reise (der Weg ist das Ziel) steht sogar der Tod vor der Tür und macht auf fasznierende Weise bewusst, dass zwischen prallem Leben und dem Tod nur eine Sekunde steht. Aber immerhin hat ein Künstler der damaligen Zeit diese Menschen als Graffiti auf einem Stein der Nachwelt hinterlassen - als Indiz einer gelebten Vergangenheit.
"Satyricon" markierte in Fellinis Schaffen damals eine Kehrtwende seines filmischen Schaffens.
Das mag durchaus auch dem gesellschaftlichen Umbruch der 68er geschuldet sein, möglicherweise kann man den Film auch als Reaktion oder Kommentar zum kulturellen Umbruch dieser Dekade ansehen, da ja auch damals dieser Wandel der gesellschaftlichen Wertvorstellungen stattfand und interessanterweise finden sich heute in unserer vergnügungsorientierten Zeit immer mehr Parallelen zum Lebensstil der Müßiggänger einer längst vergangenen Epoche.
Einer meiner Filmlieblinge - Fellini bekam dafür auch eine Oscarnominierung als bester Regisseur.
Genauso üppig wie die Zeit, die Fellini skizzierte, sind auch die Bilder, die der Film den Zuschauern präsentiert. Kein Wunder, an der Kamera arbeitete der Meister Giuseppe Rotunno (Der Leopard, Hinter dem Rampenlicht, Stendhal Syndrom, Casanova).



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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