Dienstag, 13. November 2018

52 Pick up

























Regie: John Frankenheimer

Die Erpresser...

In den 80er Jahren hatte Hollywood-Regisseur eine echte Durststrecke, doch sein 1986 entstandener und eher unbekannter Neo Noir "52 Pick up" ist eine Entdeckung wert. Roy Scheider spielt hier Harry Mitchell, einen eher arroganten Industriellen, der mit seinem Geld protzt, seinen tollen Wagen zeigt und damit auch junge Frauen versucht zu beeindrucken - er lebt in Los Angeles. Die Ehe mit Frau Barbara (Ann Margret) hält seit 23 Jahren, aber sie sind irgendwie fremd geworden. Sie interessiert sich für eine politische Karriere und ist engste Vertraute des populären Lokalpolitikers Mark Arveson (Doug McClure). Die Zweisamkeit leidet darunter und Ehemann Harry geht fremd mit der 22jährigen Cini (kelly Preston), die er im Rotlichtmilieu aufgegabelt hat. Es nährt seine Eitelkeit, dass die junge Frau mit ihm Sex hat ohne Geld dafür zu verlangen. Ein paar Wochen dauert diese Liebschaft, dann ebbt die Leidenschaft wieder etwas ab. Doch durch ihre Zugehörigkeit in einem gefährlichen Milieu wird die junge Geliebte zu echter Gefahr für den wohlhabenden Bürger. Er soll aufgrund dieser Affäre Geld zahlen...drei Erpesser wollen 105.000 Dollar von ihm. Diese drei Männer könnten unterschiedlicher nicht sein. Bobby Shy (Clarence Williams III) ist der einfach gestrickte Mann fürs Grobe, dunkelhäutig und lange Jahre Knasterfahrung. Einem, dem es leicht fällt seine Freundin Doreen (Vanity) kurzerhand zu erwürgen, wenn die ihm nicht sagt, was er hören möchte. Der andere heißt Leo Franks (Robert Trebor), ein schwuler Pornokinobesitzer, der mit seinem jüngeren Lover Grady (William John Grady) zusammen lebt. Der dritte ist der Drahtzieher dieser scheußlichen Erpressung: Alan Raimy (John Glover) ebenfalls im Pornogeschäft tätig und zu allen Schandtaten entschlossen. Harry wird von den drei Erpessern in Cinis Wohnung erwartet, doch zeigen sie ihm das von ihnen gefilmte belastende Material. Wenn es an die Öffentlichkeit kommt, wäre die politische Karriere seiner Frau sofort beendet - auch sein Imageschaden wäre immens.
Sein Anwalt gibt ihm den Tipp nicht zu zahlen, da er sich sicher ist, dass die Erpresser sich nicht mit den geforderten 105.000 Dollar zufrieden geben werden. Und Harry hört auf den Rat. Das hat fatale Folgen. Um ihrer Forderung noch mehr Nachdruck zu verleihen, wird Cini von den drei Verbrechern getötet - die Hinrichtung wird gefilmt und sie haben Beweise in der Hand, die Harry als Mörder seiner Geliebten entlarven würden. Nun geht es um Alles, um Leben und Tod...



"52 Pick up" bezieht sich auf einen weiteren Deal der Geschichte. 52.000 kann Harry besorgen und mit diesem Betrag müssten die Erpresser wohl oder übel Vorlieb nehmen, denn mehr Geld ist nicht aufzutreiben. Aber besser die Hälfte als gar nichts...zumindest scheint dieser Kompromiss machbar für beide Seiten. Der Film basiert auf dem Roman von Elmore Leonards und ist als 80er Jahre Neo Noir Beitrag perfekt, denn er vereint die Stilmittel des Film Noir, diese düsteren, stilisierten und amoralischen Krimigeschichten der 40er Jahre aus dem Dschungel der Großstadt mit einem hohen Anteil des Exploitation Genre. Dabei ist in den 80er Jahren der Untergrund der Großstadt um einiges verkommener geworden und man kann als Regisseur der 80er natürlich aus dem Vollen schöpfen und muss keine Zensur fürchten. So wird das Rotlichtmilieu zum Spielplatz einer gefährlichen Begegnung zwischen Gangstern und einem für diese perfekten Opfer. Zumindest erscheint dieser Harry Mitchell als optimale Geldquelle, doch Harry ist auch mit allen Wassern gewaschen und im Grunde seines Herzens auch ein Schurke. Als diese dunkle Seite wieder in ihm erwacht, entflammt seine Frau auch wieder für ihn. Man mag den Film vordergründig ein bisschen plump finden, doch das Gegenteil ist der Fall. Viele Szenen geben dem Zuschauer Raum für eigene Interpretationen und die Figuren dieser Geschichte sind durchweg interessant und vielschichtig angelegt.
"52 Pick up" ist eine Produktion der damals sehr erfolgreichen Menahem Golan und Yoram Globus. Auf deren Konto gehen die meisten Chuck Norris Reißer, auch Charles Bronson mit seiner "Death Wish" Reihe wurde von diesen beiden Producers am Leben gehalten. Ausserdem waren die beiden verantwortlich für den weltweiten Ninja Boom im Kino. Interessanterweise haben sich Golan und Globus aber damals auch an Stoffe herangewagt, bei denen die größeren Studios eher abgesagt hätten. "52 Pick up" ist so ein Stoff. Er war vielleicht seiner Zeit voraus. 12 Jahre später war es dann schon eher möglich, einen Film zu machen, der im gleichen Milieu angesiedelt ist und dort die Verkommenheit des Menschen zum Thema hat. Die Rede ist von Joel Schumachers "8 mm", auch dort taucht ein ganz normaler Bürger in diese Welt des Rotlichts ein und entdeckt grauenhafte Verbrechen. Mit "52 Pick up" gelang John Frankenheimer ein rasantes Portrait eines Mannes, der wieder versucht Kontrolle über sein Leben zu erlangen. Natürlich hat Frankenheimer auch ein paar Widerhaken eingebaut. So sind sich Opfer und Haupttäter manchmal gar nicht so unähnlich. Die Gutbürgerliche Fassade des Industriellen ist nur noch hauchdünn und jederzeit einsturzgefährdet.




Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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