Samstag, 3. November 2018

Beach Rats

























Regie: Eliza Hittman

Junge Welt aus dem Fugen geraten...

"Wenn zwei Frauen miteinander rummachen, dann ist das heiß. Wenn das zwei Männer tun, dann sind sie einfach nur schwul" - diese Aussage stammt aus einem Dialog zwischen dem jungen Frankie (Harris Dickinson) und seiner neuen Freundin Simone (Madeline Weinstein) aus dem Independent Film "Beach Rats" von Eliza Hittman
"Beach Rats" spielt auf der Insel Coney Island und seinen Stränden. Ein Teil von Brooklyn, der zwischen Vergangenheit und Gegenwart festzustecken scheint. Es ist ein Ort, der eine Geschichte der Gewalt hat, in denen noch immer häufig Verbrechen gegen Schwarze und Schwule vorkommen. Im Medium Film wurde Coney Island vor allem durch Walter Hills "Die Warriors" mit dem Bild des berühmten Denos Wonder Wheel des dortigen Vergnügungspark geprägt.
In Eliza Hittmans Film begegnen wir einer jungen Welt voller Emotionen, Begierden, Sorgen und Normen. Damit muss sich der junge Frankie, der meistens mit seinen drei besten Kumpels Nick (Frank Hakaj), Alexej (DAvid Ivanov) und Jesse (Anton Selyaninov)abhängt, erst mal auseinandersetzen. Er sieht sich überhaupt nicht als schwul an, doch er möchte Sex mit etwas älteren Männern haben. Die Kontakte knüpft er in aller Heimlichkeit mit seinem Laptop.
Zuhause muss sich die Familie mit dem langsamen Sterben des an Krebs erkrankten Vater auseinandersetzen. Für Mutter Donna (Kate Hodge) keine leichte Aufgabe in dieser Zeit eine echte Stütze für ihre Kids Frankie und Carla (Nicole Fyus) zu sein.
Dem Feuerwerk am Strand von Coney Island kann der Teenager schon lange nichts mehr abgewinnen. Mit den Freunden werden Drogen ausprobiert, aber dies verstärkt vermutlich nur noch seine innere zerissenheit und fördert kaum die Auseinandersetzung mit sich selbst. Nach aussen hin pflegt er ein Image, das mit ihm selbst wohl kaum etwas zu tun hat. Für seine Mutter und Schwester muss er nun die Rolle des "Mann im Haus" übernehmen, für seine Kumpels spielt er den coolen Typen ohne Verletzlichkeit und für die frisch kennengelernte Simone den harten Bad Boy. Im Grunde ist Frankie aber ein Junge auf der Suche nach der eigenen Identität. Keiner darf wisen, dass er sich nachts online in der reichhaltigen Homo-Szene rumtreibt und sich mit anderen Männern heimlich am Strand zum anonymen Sex verabredet.
Irgendwann kann diese vielen widersprüchlichen Eindrücke seines jungen Lebens nicht mehr trennen und das Treffen mit dem etwa gleichaltigen schwulen Jeremy (Harrison Shehan) wird womöglich sein ganzes Leben verändern...



Möglicherweise wird es Zuschauer geben, die das offene Ende enttäuscht bemängeln werden. Mein erster Eindruck war da ähnlich, aber je mehr man darüber nachdenkt umso mehr macht es Sinn und gehört zum perfekten Konzept dieses Jugendfilms. Der 1996 in London geborene Harris Dickinson ist die perfekte Besetzung für die noch nicht ausgereifte Persönlichkeit, die er darstellt. Dickinson macht die Unsicherheit spürbar, er strahlt diese Verletzlichkeit aus und der Zuschauer wird aus diesen Jungen auch selbst nicht schlau. So sind sie nicht mehr im Bilde wie die Figur selbst.
Was die Regisseurin konsequent vermeidet ist das übliche Schema der gängigen Coming of Age bzw. Coming out Storys, bei dem der junge Mensch die Widerstände überwinden muss, ehe er zu sich selbst finden kann. Deshalb endet die Geschichte offen am Strand. Es könnte ein Ereignis eingetreten sein, dass über seine Zukunft entscheidet, ohne dass er jetzt noch Einfluss darauf nehmen könnte. Es könnte aber auch alles harmlos ausgegangen sein. Das Wasser in der dunklen Nacht legt die Antwort nicht frei. Befürchtungen und Hoffnungen sind in Frankies Gesicht abzulesen. Eliza Hittman wandelt auf den Pfaden von Larry Clark, bleibt aber insgesamt zugänglicher. Mit "Beach Rats" gelang ihr ein Film der Zeigt was für ein enormer Druck auf jungen Männern lastet, die traditionell maskulinen Lebensbildern folgen sollen und denen zunächst keine anderen Rollenmodelle angeboten werden. Sie müssen sich auf die Suche machen.



Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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