Regie: Paul Thomas Anderson
Wenn Philip Marlowe kifft...
"Natürliche Mängel" oder Paul Thomas Andersons "Inherent Vice"
kommen dabei heraus, wenn man es wagt den klassischen Detektivstoff ala
Phil Marlowe (Raymond Chandler) oder Sam Spade (Dashiell Hammett) mit
Cheech und Chong oder "Fear and Lothing in Las Vegas" zu vermischen.
Andersons Verfilmung der Novelle von Thomas Pynchon ist ein extrem
schräger Krimi mit starkem Hippie-Einschlag, der nicht jeden Zuschauer
erreichen wird. Zu absurd sind die Handlungsabläufe in dieser
Geschichte, die sehr stark an Robert Altmans "Der Tod kennt keine
Wiederkehr" - ebenfalls eine Chandler Verfilmung - erinnert, aber um ein
vielfaches verrückter ist.
Die Geschichte spielt in den frühen 70er Jahren in Südkalifornien,
alles ist geprägt von der Hippiezeit, von den 68ern und die Verbrechen
der Manson Familie steckt noch in den Köpfen der Menschen.
Dort in dem sonnigen Klima arbeitet der Kiffende Privatdetektiv
Larry Sportello (Joaquin Phoenix), den alle Doc nennen immer mal wieder
an kuriosen Fällen. Früher war er der Eintreiber für eine Inkassofirma
und Doc hat auch eine Praxis. Er selbst lebt in Gordita Beach (fiktiv),
sehr idyllisch am Strand von Los Angeles. Freundin Sortilege (Joanna
Newsom) übernimmt in dem Film den Part der Off Stimme, ansonsten hat der
coole und ständig bekiffte Schnüffler noch ein Verhältnis mit der
Staatsanwältin Penny Kimball (Reese Witherspoon). Eines Abends taucht
bei ihm überraschend seine Ex Shasta Fay Hepworth (Katherine Waterston)
auf, die hat mit dem Millionär Michael Wolfmann (Eric Roberts) eine
Liason. Sie befürchtet aber, dass dessen Frau (Serena Scott Thomas) und
deren Lover Wolfmann in die Klapse zwangseinweisen werden, um an das
Geld heranzukommen. Doc verspricht ihr sich mal umzuhören und
tatsächlich verschwindet der Millionär und auch Shasta ist bald wie vom
Erdboden verschwunden. Turbulent gehts aber weiter: Doc bekommt einen
Auftrag von einem M Mitglied der Black Guerilla Group und die Spür führt
dann überraschend in die Kreise der arischen Bruderschaft. Es gibt
einen Toten - damit ist auch Detective Christian Bigfoot Bjornsen (Josh
Brolin) mit im Geschehen und eine Frau namens Hope Harlingen (Jena
Malone) sucht ihren verschwundenen Mann, den Musiker Coy (Owen Wilson).
Dann taucht auch noch die attraktive Asiatin Jade (Hong Chau) auf, die
Docs Augenmerk auf "Golden Fang" lenkt. Was ist aber Golden Fang ? Eine
Vereinigung von Zahnärzten aufgrund von Steuervorteilen ? Oder ein
international vernetzter Drogenhändlerring ? Doc gibt sich alle Mühe
dieses Gewirr an Fällen zu einer Einheit zu bringen, doch leider ist er
ständig zugekifft und dies macht die Aufklärung sehr schwierig...
Natürlich erinnert man sich bei diesem schrägen Szenario auch an
"The Big Lebowski" der Coen Brothers - Andersons Film ist genauso reich,
tief und lustig. Der Film lebt natürlich von seinen schrägen und
entspannten Charakteren und einer unvergleichlichen Atmosphäre.
Kameramann Robert Elswitt liefert mal wieder eine großartige Leistung
ab. Auch der Soundtrack passt perfekt zu dieser unbekümmerten Way of
Life Story über Exzentriker, Anderson gelingt damit sogar ein
politisches und historisches Bild jener Zeit.
Joaquin Phoenix ist schon eine perfekte Vorstellung gelungen - er
spielt diesen Doc nicht nur, er ist es - dieser zottelige Typ, der mit
voller Leidenschaft Hippie ist, dazu ein bisschen vulgär, aber im Grunde
hoch anständig. Sehr gut gelungen auch die seltsame Beziehung zu seinem
Spezi Bigfoot. Ein Polizist, der einem typisch amerikanischen Klischee
entsprungen scheint und unter seiner rauen Schale ein sensibles Inneres
verbirgt. Man staunt schon manchmal wie gut Anderson diese
Figurenzeichnung gelungen ist.
Man wird sich natürlich fragen um was es hier in "Ineherent Vice"
eigentlich geht ? Keine Ahnung. Dennoch fügt sich alles irgendwie am
Ende zusammen und auch für den Zuschauer, der Schwierigkeiten hatte den
Überblick zu erhalten, gibts ein HappyEnd. Der Weg war das Ziel.
Zeitgleich mit dem doofen Humor und den absurden Aschweifungen
entsteht aber auch ein enormes Gefühl von Sehnsucht, ein Gefühl etwas
verloren zu haben, was man gar nicht so benennen kann. Man fragt sich,
wo die Zeit vergangen ist.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkte.
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