Sonntag, 18. November 2018

Inherent Vice - Natürliche Mängel

























Regie: Paul Thomas Anderson

Wenn Philip Marlowe kifft...

"Natürliche Mängel" oder Paul Thomas Andersons "Inherent Vice" kommen dabei heraus, wenn man es wagt den klassischen Detektivstoff ala Phil Marlowe (Raymond Chandler) oder Sam Spade (Dashiell Hammett) mit Cheech und Chong oder "Fear and Lothing in Las Vegas" zu vermischen.
Andersons Verfilmung der Novelle von Thomas Pynchon ist ein extrem schräger Krimi mit starkem Hippie-Einschlag, der nicht jeden Zuschauer erreichen wird. Zu absurd sind die Handlungsabläufe in dieser Geschichte, die sehr stark an Robert Altmans "Der Tod kennt keine Wiederkehr" - ebenfalls eine Chandler Verfilmung - erinnert, aber um ein vielfaches verrückter ist.
Die Geschichte spielt in den frühen 70er Jahren in Südkalifornien, alles ist geprägt von der Hippiezeit, von den 68ern und die Verbrechen der Manson Familie steckt noch in den Köpfen der Menschen.
Dort in dem sonnigen Klima arbeitet der Kiffende Privatdetektiv Larry Sportello (Joaquin Phoenix), den alle Doc nennen immer mal wieder an kuriosen Fällen. Früher war er der Eintreiber für eine Inkassofirma und Doc hat auch eine Praxis. Er selbst lebt in Gordita Beach (fiktiv), sehr idyllisch am Strand von Los Angeles. Freundin Sortilege (Joanna Newsom) übernimmt in dem Film den Part der Off Stimme, ansonsten hat der coole und ständig bekiffte Schnüffler noch ein Verhältnis mit der Staatsanwältin Penny Kimball (Reese Witherspoon). Eines Abends taucht bei ihm überraschend seine Ex Shasta Fay Hepworth (Katherine Waterston) auf, die hat mit dem Millionär Michael Wolfmann (Eric Roberts) eine Liason. Sie befürchtet aber, dass dessen Frau (Serena Scott Thomas) und deren Lover Wolfmann in die Klapse zwangseinweisen werden, um an das Geld heranzukommen. Doc verspricht ihr sich mal umzuhören und tatsächlich verschwindet der Millionär und auch Shasta ist bald wie vom Erdboden verschwunden. Turbulent gehts aber weiter: Doc bekommt einen Auftrag von einem M Mitglied der Black Guerilla Group und die Spür führt dann überraschend in die Kreise der arischen Bruderschaft. Es gibt einen Toten - damit ist auch Detective Christian Bigfoot Bjornsen (Josh Brolin) mit im Geschehen und eine Frau namens Hope Harlingen (Jena Malone) sucht ihren verschwundenen Mann, den Musiker Coy (Owen Wilson). Dann taucht auch noch die attraktive Asiatin Jade (Hong Chau) auf, die Docs Augenmerk auf "Golden Fang" lenkt. Was ist aber Golden Fang ? Eine Vereinigung von Zahnärzten aufgrund von Steuervorteilen ? Oder ein international vernetzter Drogenhändlerring ? Doc gibt sich alle Mühe dieses Gewirr an Fällen zu einer Einheit zu bringen, doch leider ist er ständig zugekifft und dies macht die Aufklärung sehr schwierig...




Natürlich erinnert man sich bei diesem schrägen Szenario auch an "The Big Lebowski" der Coen Brothers - Andersons Film ist genauso reich, tief und lustig. Der Film lebt natürlich von seinen schrägen und entspannten Charakteren und einer unvergleichlichen Atmosphäre. Kameramann Robert Elswitt liefert mal wieder eine großartige Leistung ab. Auch der Soundtrack passt perfekt zu dieser unbekümmerten Way of Life Story über Exzentriker, Anderson gelingt damit sogar ein politisches und historisches Bild jener Zeit.
Joaquin Phoenix ist schon eine perfekte Vorstellung gelungen - er spielt diesen Doc nicht nur, er ist es - dieser zottelige Typ, der mit voller Leidenschaft Hippie ist, dazu ein bisschen vulgär, aber im Grunde hoch anständig. Sehr gut gelungen auch die seltsame Beziehung zu seinem Spezi Bigfoot. Ein Polizist, der einem typisch amerikanischen Klischee entsprungen scheint und unter seiner rauen Schale ein sensibles Inneres verbirgt. Man staunt schon manchmal wie gut Anderson diese Figurenzeichnung gelungen ist.
Man wird sich natürlich fragen um was es hier in "Ineherent Vice" eigentlich geht ? Keine Ahnung. Dennoch fügt sich alles irgendwie am Ende zusammen und auch für den Zuschauer, der Schwierigkeiten hatte den Überblick zu erhalten, gibts ein HappyEnd. Der Weg war das Ziel.
Zeitgleich mit dem doofen Humor und den absurden Aschweifungen entsteht aber auch ein enormes Gefühl von Sehnsucht, ein Gefühl etwas verloren zu haben, was man gar nicht so benennen kann. Man fragt sich, wo die Zeit vergangen ist.




Bewertung: 8,5 von 10 Punkte. 
 

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