Dienstag, 28. Juli 2015

Y tu mama tambien


























Regie: Alfonso Cuaron

Der Ausflug zum Strand...

Bereits im letzten Filmjahrzehnt schufen mexikanische Regisseure herausragende Filme. So begeisterte Guillermo del Toro mit faszinierenden Geschichten in "Devils Backbone" und "Pans Labyrinth". Alejandro Gonzales Inarritus großartiger Episodenfilm "Amores Perros" blieb kein Einzelfall, er konnte mit "Babel" diesen großen künstlerischen Wurf wiederholen. Zu der Riege dieser Regiehoffnungen gehörte auch Alfonso Cuaron, der inzwischen - genauso wie Landsmann Inarritu - den Regie-oscar gewinnen konnte. "Gravity" machte es möglich - sein 2001 in Mexiko gedrehtes Roadmovie "Y tu mama tambien" wurde damals von Kritikerpapst Roger Ebert als die Geburtsstunde des neuen mexikanischen Films bezeichnet und gefeiert und ist für mich nach wie vor sein bester Film - trotz "Gravity" oder "Children of Men".
Der Film gehört für mich neben Monte Hellmanns "Two Lane Blacktop", Walter Salles "Die Reisen des jungen Che", Federico Fellinis "La Strada",  Kathryn Bigelows "Near Dark", Sean Penns "Into the Wild", Jonathan Glazers "Under the Skin" und Sam Peckinpahs "Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia" zu den besten Roadmovies überhaupt.
Einen riesigen Anteil an dem Erfolg ist die grandiose Kameraarbeit von Emmanuel Lubezki, der in diesem Jahr mit seiner Leistung in "Birdman" seinen zweiten Oscar als bester Kameramann erhielt. Ein Jahr vorher wurde ihm der Preis bereits für Cuarons "Gravity" zugesprochen. Auf das Konto des mexikanischen Ausnahmekünstlers gehen Filme wie "Tree of Life" (Terrence Malick), Sleepy Hollow (Tim Burton), "Bittersüße Schokolade" (Alfonso Arau) oder "Burn after Reading" (Coen Brothers). Seine Kamera steht in "Y tu Mama Tambien" eigentlich nicht still. Während der Autofahrt im Dodge Dart schaut die Kamera einfach aus dem Fenster und zeigt dem Zuschauer interessante Details. Szenen bitterer Armut in Mexiko, immer wieder Straßensperren durch die Polizei, Autounfälle oder Bauern, die verhaftet werden. Die drei Hauptfiguren sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie gar nicht alles mitbekommen, was da draussen während ihrer Fahrt so alles passiert.
So ist bei "Y tu mama tambien" nicht nur eine interessante Sicht nach aussen erkennbar,  die Protagonisten gewähren während der Reise an einen wunderbaren Strand auch eine Innenschau mit viel Melancholie. Road Movies funktionieren immer dann am besten, wenn die Reise auf der Straße zur Metapher für die Lebensreise wird. Und diese zeigt ein paar Sommertage voller Lust und Freiheit, am Ende steht aber wie in Dennis Hopper und Peter Fondas "Easy Rider" dem berühmtesten aller Roadmovies das Ende und der Tod.
Solche Gedanken sind aber den beiden lebenslustigen Freunden Tenoch Iturbide (Diego Luna) und Julio Zapata (Gael Garcia Bernal) sehr fern. Die beiden Jungs wollen einfach leben, Spass haben und die Sexualität hat im sehr jungen Leben natürlich einen hohen Stellenwert. Die Herkunft der beiden Freunde ist sehr unterschiedlich. Während Julio aus sehr einfachen Arbeiterverhältnissen stammt, ist Tenoch der Sohn eines hohen Regierungsbeamten. Die Freundinnen der beiden Jungs reisen gemeinsam für eine längere Zeit nach Italien. Es ist der Sommer 1999 und zwischen Schulabschluß und dem Beginn des Studiums liegt eine vielversprechende Ferienzeit. Auf der Hochzeit einer Verwandten lernen die beiden die 28jährige Luisa kennen, die mit Tenochs Cousin Jano (Juan Carlos Remoina) verheiratet ist.
Um die attraktive erfahrene Frau zu beeindrucken, phantasieren die beiden großmäuligen Jugendlichen von ihren Reiseplänen zu einem der traumhaftesten Strrände von Mexiko, dieser legendäre Fleck soll an der Pazifik Küste von Oaxaxa liegen. Also weit weg von Mexico City. Als Luisa nach einem Arztbesuch kurz später von der Untreue ihres Mannes erfährt, erinnert sie sich an die beiden Freunde, die mit ihr geflirtet haben. Sie ruft an und bittet darum mitfahren zu dürfen. Kurz entschlossen brechen die drei auf. Von der Hauptstadt geht es in den Süden Mexicos und sehr schnell kommt man sich näher...




 natürlich wird auch auf dieser lebensbejahenden Reise vor allem auch der Sex und die Erotik groß geschrieben. Als es nach einer gewissen Zeit tatsächlich zum Sex zwischen Julia und Tenoch kommt, entsteht in der Freundschaft eine gewisse Schieflage, die sich auch nicht bessert als Luisa den Versuch unternimmt die Balance wieder herzustellen, indem sie auch mit Julio intim wird. Die Eifersucht führt zu Geständnissen, die man hätte besser für sich behalten sollen. So hatte Julio auch etwas mit Tenochs Freundin. Dieser ließ aber auch nichts anbrennen und outet sich als Liebhaber von Julios Mädchen. Um Ende kommt es sogar zu einem Dreier, bei dem auch die beiden Jungs sich küssen. Am anderen Morgen hätte man dieses Erlebnis vielleicht gerne rückgängig gemacht. Julio und Tenoch fahren wieder zurück nach Mexico City, Julia hat sich entschlossen noch ein bisschen an der wunderschöenen Küste zu bleiben. Nach diesem Ausflug sehen sich die Freunde immer weniger oft. Nach einem Jahr treffen sie sich aber zufällig in einem Cafe wieder. Dort erzählt Tenoch vom Tod Julias, die wohl bereits zur Zeit des Ausflugs unheilbar an Krebs erkrankt war und dies auch wußte. Einen Monat später starb sie. Die beiden ehemaligen Freunde verabschieden sich voneinander und sagen ein baldiges Wiedersehen zu, doch sie werden sich nie mehr wieder treffen. Insofern ist dieses Erotik-Roadmovie zwar voll von praller Lebensenergie, aber immer wieder schimmert die Erkenntnis durch, dass alles vergänglich ist und jeder Moment in vollen Zügen genossen werden sollte. Dies tun die Protagonisten auch und es ist eine Freude ihnen dabei zuzusehen. Die noch etwas unreifen Jungs sind immer für ein bisschen unfreiwillige Komik gut, aber man schließt als Zuschauer auch sehr schnell eine gewisse Freundschaft mit den Beiden. Der Film funktioniert auch gut als Coming of Age Beitrag, denn die Reise in den Süden entpuppt sich auch als gewisser Reifeprozess. Für Julia ist es noch einmal ein letztes Mal das Leben zu genießen, für Tenoch und Julio hat die Reise auch einen schnellen Schub in Richtung Erwachsenwerden.
Der Film gewann ca. 30 internationale Filmpreise, darunter den Golden Globe als bester Auslandsfilm. Die beiden Hauptdarsteller Gael Garcia Bernal und Diego Luna bekamen bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig den Marcello Mastroianni Preis als beste Nachwuchsdarsteller verliehen.





Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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