Regie: Andrej Swjaginzew
Die Begegnung mit dem Vater...
Bereits sein erster Spielfilm "Die Rückkehr - The Return" (Original: Возвращение Woswraschtschenije) wurde 2003 mit dem Europäischen Filmpreis als bester Nachwuchsfilm ausgezeichnet. Dabei hatte Regisseur Andrek Petrowitsch Swjaginzew nur sehr wenig Geld für die Produktion des Low Budget Films zur Verfügung. Es folgten "Die Verbannung" und "Jelena". 2014 gelang ihm dann mit "Leviathan" sein bisher größter internationaler Erfolg - mehrere Nominierungen für den Europäischen Filmpreis waren der Lohn, ausserdem erhielt er eine Oscar-Nominierung und konnte bei der Vergabe der Golden Globe den Sieg als bester ausländischer Film einfahren. Inzwischen zählt er zu den besten russischen Filmemacher der Gegenwart und sein Debütfilm landete bei der BBC Umfrage nach dem bedeutendsten Film des neuen Jahrhunderts auf dem fantastischen 80. Rang.
Es ist eine Art Road Movie, aber schon zu Beginn hat man das Gefühl, dass die Geschichte ein schwerwiegendes Drama behandelt. Man sieht ein paar Jungs, die an einem See eine Mutprobe veranstalten. Alle müssen von einem hohen Turm aus ins kalte Wasser springen. Auch der vierzehnjährige Andrej (Wladimir Garin) und sein zwölfjähriger Bruder Iwan (Iwan Dobronrawow). Iwan ist als Letzter dran, alle anderen haben die Mutprobe bereits erfolgreich absolviert - doch der Junge bekommt am Ende kalte Füße. Nun gilt er als Feigling. Vor lauter Scham bleibt er oben auf dem Turm, nur mit Badehose bekleidet, bis seine Mutter (Natalia Vdowina) ihn im Dunkeln dort erlöst. Eine ganz andere Mutprobe kommt aber Tage später auf die beiden Brüder zu. 12 Jahre lang war er weg, niemand hat ihnen gesagt warum und nun ist plötzlich der Vater (Konstantin Lawronenko) wieder wie aus dem Nichts aufgetaucht. Ein gravierender Einschlag im Leben der beiden Jungen, die keine Erinnerungen mehr an den Vater hatten. Nun ist der fremde Vater da und sitzt mit ihnen am Tisch - gemeinsam mit der Mutter und mit der Großmutter. Neugierig tasten sie sich an den Fremden heran. Nachts im Bett reden sie darüber und geben zu, dass sie sich freuen. Der Grund für seine Rückkehr wird nicht thematisiert, er will nun seine beiden Söhne auf eine zweitägige Reise mitnehmen. Es soll ein Angelausflug werden. Die Reise beginnt an einem Dienstag und endet am nächsten Sonntag, also länger als gedacht und er endet auch mit dem Ende der Kindheit für die beiden Brüder. Auf der Reise wird sehr schnell klar, dass das Kennenlernen unter keinem guten Stern steht. Der Vater ist unbeholfen im Kontakt mit seinen Kindern, er fordert von ihnen Respekt und wird sehr schnell autoritär. Die Brüder reagieren auch unterschiedlich auf den Vater. Andrej spielt den folgsamen Sohn und buhlt um die Gunst des Vaters, während Iwan den Aufstand probt. Die Konflikte werden verstärkt durch die harten Reaktionen des Vaters auf den Protest. Auf einer Insel, die der Vater den Kindern zeigen will, kommt es schließlich zu einer Katastrophe...Schauplatz ist ein alter Leuchtturm, von dem aus man einen großartigen Blick auf die ganze Insel hat. Aufgrund seiner Höhenangst bleibt Iwan unten...
Die tragische Geschichte vom unglücklichen Versuch einer Annäherung wird von Swjaginzew sehr ruhig erzählt, die Bilder des Kameramanns Michail Kritschman verstärken die eigenartige Atmosphäre dieses eindrucksvollen und hervorragenden Films. Es ist eine mystische Geschichte von einer Angeltour, die eigentlich zum Kennenlernen gedacht ist, doch sich immer mehr als Gewaltmarsch herausstellt, bei dem sich die drei Figuren immer fremder werden. Der ganz große Knall ist angedeutet und geschieht dann auch auf tragische Weise. Ähnlich wie Rob Reiner in seinem Klassiker "Stand by me" konfrontiert auch der russische Regisseur seine jungen Protagonisten mit dem plötzlichen Übergang von der Kindheit zum Erwachsenwerden. In der Szene am Ende mit dem Boot, dass aufs Wasser treibt und versinkt, steckt der ganze tiefe Schmerz der Geschichte zwischen Vater und Söhnen. Beeindruckend und völlig zu Recht als einer der wichtigsten und besten Filme der letzten 15 Jahre benannt. Manche Kritiker verglichen "The Return" mit den Werken von Andrej Tarkowski. Traurig auch das Schicksal des jungen Wladimr Garin - er ertrank kurze Zeit nach dem Ende der Dreharbeiten im Ossinowzkoje See bei Sankt Petersburg, der sich nicht weit vom Drehort befindet. Wie im Film wurde er dazu animiert von einem Turm in den See zu springen. Dabei bekam wer wohl einen Krampf in der kalten Strömung des Sees. Drei Tage später fand man seine Leiche.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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