Mittwoch, 3. Januar 2018

Ich, Daniel Blake

























Regie: Ken Loach

Einer der Abgehängten...

Der britische Regisseur Ken Loach ist so etwas wie das soziale Gewissen des Kinos und ein Filmemacher, der den einfacher Arbeiter portraitiert. Zweimal gewann er in der Kategorie "Bester Film" den europäischen Filmpreis (1991: Riff-Raff/1995: Land and Freedom) und zweimal erhielt er die begehrte Palme von Cannes (2006: The Wind that Shakes the Barley/ 2016: Ich, Daniel Blake).
Sein populärster Film ist "Kes" - der berühmte dokumentarische Film aus dem Jahr 1969, der die Freundschaft eines 15jährigen Arbeiterjungen Billy Casper mit einem Falken zum Thema hat. "Kes" wurde vom British Film Institute auf Platz 7 der besten britischen Filme aller Zeiten gewählt.
Sein neuer Film "Ich, Daniel Blake" erinnert mit seinem zornigen Touch etwas an seine 90er Film "Ladybird" oder "Raining Stones" und muss ebenfalls zu seinen besten Arbeiten gezählt werden.
Klar und deutlich vermittelt Ken Loach die Mißstände unserer Zeit und seine Sympathien gelten stets dem kleinen Mann, der irgendwann den Kampf David gegen Goliath ausfechten muss, um seine Rechte durchzusetzen. Dabei inszeniert Loach stets wohltuend schnörkellos und sein realistisches Sozialdrama vermittelt nicht nur viel Empathie, sondern auch düsterste kafkaeske Bürokratie. Die ist übrigens heute allgegenwärtig und in unseren System nicht mehr wegzudenken - viele Erlebnisse des arbeitsunfähigen Schreiners Daniel Blake aus dem nordenglischen Newcastle sind daher sicherlich jedem sehr bekannt, sofern  er auch schon mal mit Arbeitsamt, medizinischem Dienst oder gar dem Sozialamt konfrontiert war.
Gespielt wird der 59jährige Schreiner von Dave Johns. Nach einem schweren Herzinfarkt ist sein Arzt der Meinung, dass er noch lange nicht arbeitsfähig ist. Doch eine vom Amt eingesetzte "Gesundheitskraft", die seinen Sozialhilfeantrag per Telefon zu überprüfen hat, kommt durch den Standartfragebogen zum Schluß, dass er so fit ist, dass ihm keine Sozialhilfe zusteht. Er kann zwar über diesen Bescheid klagen, doch das zieht sich zeitlich in die Länge und ohne Geld geht gar nichts. Er hat somit nur die Möglichkeit Arbeitslosenhilfe zu beantragen. Die wird jedoch nur dann gewährt, wenn er arbeitsfähig ist und sich täglich um eine Arbeitsstelle bemüht.
Mit seinen 59 Jahren ist Daniel Blake auch keine Leuchte am PC und ist völlig überfordert diesen Antrag am Computer auszufüllen. Die Arbeitsamtsangestellte Anne (Kate Rutter) erkennt zwar, dass der Arbeiter enorme Schwierigkeiten mit der neuen Technik hat, darf aber wegen ihrer Vorgesetzten nicht weiter behilflich sein. Auch Daniels Arbeitsvermittlerin Sheila (Sharon Percy) ist unfreundlich und arbeitet streng nach den neuen Vorschriften und er bekommt erst mal einen Bewerbungskurs "Wie schreibt man einen Lebenslauf" aufbebrummt. Gesunheitlich fühlt sich Daniel immer noch nicht wohl, er blüht aber etwas auf als er die junge alleinstehende Mutter Katie (Hayley Squires) und deren Kids Daisy (Brianna Shann) und Dylan (Dylan McCiernan) kennenlernt. Auch sie kommt von ganz unten und führt täglich den Kampf gegen die Armut. Die Kinder hungern, sie hat aber vom Sozialamt endlich eine Wohnung zugewiesen bekommen. Während sie eine Putzstelle sucht, kämpft sich Daniel durch den Wahnsinn der Behörden. Doch der tägliche Streß fordert den gesundheitlichen Tribut. Am Tag, an dem über Daniels Ansprüche entschieden werden, bekommt er einen zweiten Infarkt...



Man ahnt es schon lange vor dem Schluß. Der Film bzw. die Geschichte geht nicht gut aus und so entlässt uns Ken Loach mit dieser traurigen Logik. So gesehen ist "Ich, Daniel Blake" einmal mehr ein Werk mit politischen Ambitionen. Sehr nüchtern, aber extrem realistisch zeigt Loach diese abgehängten Menschen, die keine Lobby haben und die sich vielleicht - und das ist das Schlimme daran - heute nur noch mit einer Proteststimme bei den Wahlen Gehör verschaffen können. Dringender Handlungsbedarf ist geboten, dass die Armut nicht noch zunimmt und dass die Schere zwischen Reich und Arm weiter auseinanderdriftet. So gesehen ist "Ich Daniel Blake" sicherlich einer der wichtigsten Filme dieses Kinojahres.


 Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

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