Regie: Oliver Stone
Mickey und Mallory...
Auch beim jetztigen zweiten Ansehen mag ich Oliver Stones "Natural
Born Killers" immer noch nicht und es liegt höchstwahrscheinlich an den
überzogenen Darstellungen der Filmfiguren. Egal ob Serienkillerpaar,
Fernsehmann oder Gesetzeshüter, sie sind alle "Over the Top" und bieten
in den meisten Szenen Overacting bis zum Umfallen.
Das verschafft "Natural Born Killers" sicherlich den Sprung in die
Satire, aber für mich geht dadurch viel verloren, was Regisseur Oliver
Stone mit diesem Film vorhatte: Eine treffende Analyse über die
zunehmende Gewalt in den 9ßerm - vor allem auch in den Medien - und er
wollte dem Zuschauer mal einen Spiegel vorhalten.
Immerhin muss ich aber die äusserst gewagte und raffinierte
Kameraarbeit von Robert Richardson hervorheben. Der Mann, der oft mit
Oliver Stone zusammengearbeitet hat, bekam auch für einen dieser Filme
den Oscar. Die Academy verlieh ihm den begehrten Filmpreis im Jahr 1992
für "JFK - Tatort Dallas". Den zweiten bekam er einige Jahre später für
Martin Scorseses "Aviator" und Oscar Nr. 3 gabs für "Hugo Cabret".
Robert Richardson ist auch einer von Quentin Tarantinos bevorzugten
Kameramänner.
Neben dem eher schwachen Gesamturteil für den Film bietet "Natural
Born killers" aber eine ganz Menge von guten Einzelszenen, die mit
Innovation ausgestattet sind. Beispielsweise kommt nach dem ersten
Gewaltexzess in einem Drugstore im Stil einer Sitcom eine wirklich
geniale Rückblende, die das Leben von Mallory (Juliette Lewis) im Kreis
ihrer missratenen Familie (Rodney Dangerfield; Edie Mclurg, Ross
Malinger) zeigt. Es wird gleich klar, dass das junge Mädchen ständig vom
Vater missbraucht wurde und daher hat sie die Hölle, die man Zuhause
nennt, gründlich satt. Sie verliebt sich sofort in den Fleischergesellen
Mickey Knox (Woody Harrelson), der dem Vater eine Lieferung abgibt. Die
beiden Liebenden fliehen mit dem Auto des Vaters, das bringt Mickey
leider Gefängnis ein. Doch er flieht und gemeinsam bringen sie dann die
Rabeneltern um. Gejagt von den Bullen werden Mickey und Mallory zu einem
populären Serienkillerpaar, die Medien vermarkten sie als Nachfolger
von Charles Manson. Und das Publikum liebt die Aussenseiter. Von den
Gesetzeshütern wie Detektive Jack Scagnetti (Tom Sizemore) allerdings
weniger - er verfolgt die beiden hartnäckig. Und tatsächlich gelingt der
Zugriff nach über 40 Opfern. Im Gefängnis, dass von Warden Dwight
McLusky (Tommy Lee Jones) geleitet wird, kommt es einige Zeit nach der
Festnahme zu einer Anfrage eines US-Fernsehsenders, der bekannte
Fernsehmoderator Wayne Gale (Robert Downey jr) bekommt die Genehmigung
für ein Interview mit Mickey - zur gleichen Zeit entsteht allerdings
eine größere Revolte unter den Gefangenen. Im Zuge dieses Chaos bekommt
Mickey eine Knarre in seine Hände...
Oliver stones Film war sicherlich einer der umstrittensten Filme
des Jahres 1994 und er wurde auch rasch zum Gewalt-Kultfilm der 90er
Jahre, ähnliches gelang Brian de Palma mit seinem Remake "Scarface" in
den 80ern. Einige Verbrechen sollen wohl begangen worden sein, nachdem
der Film angeschaut wurde und es so zu einer Nachahmung kam. Der Film
ist sicherlich keine reine Gewaltorgie, dazu platzierte Stone zuviele
interessante Sequenzen mit ein. So bleibt auch die Szene mit dem
Indianer und Schlangenbändiger Warren Red Cloud im Gedächtnis. Dieser
Schamane wird von Russell Means gespielt und ist für mich die beste
Darstellerleistung des Films. Lewis und Harrelson sind mit zu
übertrieben durchgedreht und Robert Downey jr. gespielter Fernsehmensch
wirkt genauso künstlich. In einer kleinen Szene als Tankwart ist
Balthazar Getty (Lost Highway, Herr der Fliegen) zu sehen. Er darf sich
der Serienkillerin hautnah nähern - überlebt den Geschlechtsakt aber nur
eine Minute. Die eingestreuten Interviews mit normalen Bürgern gehören
ebenfalls auf die Positivliste von "Natural Born Killers".
Bewertung: 5 von 10 Punkten.
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