Regie: Cyrill Boss und Philipp Stennert
Der Antiheld...
Das Nibelungenlied wurde Mitte des 13. Jahrhunderts niedergeschrieben und gilt als das germanische Heldenepos schlechthin. 2024 haben sich die Filmemacher Cyrill Boss und Philipp Stennert an den Stoff gewagt und wählten als literarische Vorlage den 1986 von Wolfgang Hohlbein veröffentlichten Roman "Hagen von Tronje", der die wichtigste Nebenfigur des loyalen Königsdieners ins Zentrum der Geschichte rückt. Gijs Naber verkörpert Hagen mit einer starken körperlichen Präsenz und stellt ihn eben nicht als heimtückisch und rücksichtslos dar, sondern offenbart ihn als empfindsamen Mann, der seine Gefühle, die er für Kriemhild hegt, verbirgt und in uneigennütziger Loyalität alles tut, um seine Familie - die Königsfamilie - zu beschützen, die ihn als Waisen damals aufgenommen hat. Selbst wenn dieses Handeln sein eigenes dramatisches Schicksal besiegelt. Damit ist sein Blickwinkel ein anderer wie die beiden wichtigsten vorherigen Verfilmungen von Fritz Lang (1924) und Harald Reinl (1966), die beide äusserst erfolgreich im Kino liefen. Manch einer mag enttäuscht sein, dass einer der großen Höhepunkte des Nibelungenliedes - der Drache - nur ganz kurz in der Geschichte vorkommt. Einmal als Retter des kleinen Jungen Hagen, der aber erst von Alberich, dem Zwerg aufgeklärt wurde, dass der Drache nicht die Ursache für das verheerende Feuer war, das Hagen zur Waise machte, sondern sein Retter. In der zweiten Drachenszene wurde das Fabelwesen bereits von Siegfried getötet und er taucht ein in das Blut des besiegten Tieres. Wie aus dem Nibelungenlied bekannt, fungieren die einzelnen Figuren eher als Stellvertreter für gewisse Eigenschaften (Gunter als der Schwache, Kriemhild als die Sanfte, Brunhild als die Kriegerin, Siegfried als der Held), doch dem Cast gelingt es im Zusammenspiel, die Figuren über diese Eindimensionalität zu erheben. Die Inszenierung ist sehr edel. Der Burgunder Waffenmeister Hagen von Tronje (Giis Naber) hält mit Pflichtbewusstsein und eiserner Härte das von Krisen geschüttelte Königreich Burgund zusammen. Dabei unterdrückt er die heimliche Liebe zur Königstochter Kriemhild (Lilja van der Zwaag) und verdrängt seine eigene dunkle Vergangenheit. Als der berühmte Drachentöter Siegfried von Xanten (Yannis Niewöhner) mit seinem Gefolge in Worms auftaucht und mit seiner Unberechenbarkeit die alten Strukturen gefährdet, kommt es zu einem Duell der Gegensätze. Hagen versucht den unerfahrenen König Gunter (Dominic Markus Singer) und dessen beiden Brüder Giselher (Allesandro Schuster) und Gernot (Bela Gabor Lenz) vor Fehlern zu bewahren, doch Gunter sieht ausgerechnet in dem sprunghaften Siegfried eine Chance das Reich zu retten. Er bittet ihn außerdem um Hilfe, die Walküre Brunhild (Rosalinde Mynster) zu freien.Er soll ihm den Weg nach Isenland zeigen, wo Gunter um die Hand der gefährlichen Frau anhalten will. Auf dem Weg dorthin freunden sich Hagen und Siegfried an, was den tragischen Konflikt verschärft. Als sich Kriemhild in Siegfried verliebt, muss Hagen sich endgültig zwischen Liebe und Königstreue entscheiden...
Der Film ist trotz viel Dialog sehr spannend inszeniert und braucht den Vergleich mit ähnlichen internationalen Produktionen nicht zu scheuen. Ein Fantasyfilm mit uralten Wesen - Alberich wird von Johanna Kolberg verkörpert - Wesen, die in den dunklen geheimnisvollen Wäldern lauern und die die ureigensten Ängste der Menschen hervorbringen. Helden wie die Walküre Brunhild als Tochter der Götter und Siegfried, der durch den Sieg gegen den Drachen unbesiegbar wird - mit Ausnahme einer Stelle an seinem Rücken. Und es ist interessant, dass gerade die tragische Hauptfigur Hagen letzlich unwissentlich den Plänen von Alberich folgt. Die Darsteller sind sehr gut gewählt und die Bilder sind Philip Peschlow sind sehr gelungen. Das Einspielergebnis im Kino war enttäuschend, was aber sicher nicht an der Qualiät dieses sehr gelungenen MIttelalterfilm lag.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.