Regie: Andre Techine
Verwirrende Gefühle...
Mit seinem Film "Mit 17" (Originaltitel: Quand on a 17 Ans) ist dem
französischen Regisseur Andre Techine ein echter Überraschungsfilm
gelungen. Thematisch knüpft "Mit 17" an seine 90er Jahre Erfolge "Ich
küsse nicht" und vor allem "Wilde Herzen" an. Für letzteren bekam er
1995 auch den begehrten Cesar als bester Regisseur. Andre Techine hat
ein sehr glückliches Händchen für Filme über Jugendliche. Sehr sensibel
und einfühlsam setzt er sich mit den Themen des Heranwachsens und auch
der Suche nach der sexuellen Identität auseinander. So auch in "Mit 17",
der sich auf eine Textpassage eines Gedichts von Arthur Rimbaud bezieht
"man ist nicht ernsthaft, wenn man 17 Jahre ist" und die Konjunktur
schwuler Coming Out Storys erfolgreich fortsetzt, in diesem Jahr bekam
der US-Film "Moonlight" sogar den Oscar als bester Film des Jahres
zugesprochen. Dort ist einmal mehr eine homophobe Umwelt ein
signifikantes Problem, Andre Techine ist aber an einer anderen Baustelle
tätig. Sein Augenmerk gilt den Irrungen und Wirrungen der beiden
Jugendlichen auf ihrem weiten Weg zur iner Selbstfindung.
Es ist auch die Geschichte von zwei Aussenseitern. Damien (Kacey
Mottet Klein) ist ein bisschen Muttersöhnchen, etwas intellektuell und
genauso wie der dunkelhäutige Naturbursche Tom (Corentin Fila) hat er
einen schweren Stand im Klassenverbund. Beim Mannschaftssport sind es
immer diese beiden, die als letzte von den Spielmachern ins Team
ausgewählt werden. So sollten die beiden eigentlich ganz gut
zueinanderpassen, aber das Gegenteil ist der Fall. Sie sind geradezu
brutal voneinander abgestoßen. Nach Damiens Vortrag eines Gedichts vor
der ganzen Klasse, wird ihm beim Zurücklaufen auf seinen Platz von Tom
ein Bein gestellt. Er fällt zu Boden, doch die Revanche folgt schnell.
Die beiden prügeln sich ständig. Während Damien ein gutes wohlsituiertes
Zuhause hat - die Mutter (Sandrine Kiberlain) ist Ärztin, der Vater
(Alexis Loret) ist Pilot in einem ausländischen Kriegsgebiet - wurde Tom
von Bauern adoptiert. Mit seinen Pflegeeltern wohnt er hoch oben auf
den Bergen. Sein Schulweg hin und zurück beträgt mehrere Stunden Laufen
und Weiterfahrt mit dem Bus. Seine Adoptivmutter fühlt sich krank und so
kreuzen sich die Wege von Tom und Damiens Mutter, die als Ärztin nach
der kranken Frau schaut. Diese ist nach mehreren Fehlgeburten schwanger
und da Marianne den jungen Tom sympathisch findet und zudem erfährt,
dass er mit Damien in einer Klasse ist, macht sie den Vorschlag, dass
Tom solange seine Mutter im Krankenhaus sein muss, ein Zimmer bei ihnen
bewohnen kann. So hätte er es viel leichter das Abitur zu schaffen. Den
Jungs passt das natürlich nicht oder doch ?
Denn irgendwie merkt man, dass die beiden Jungs immer und jedesmal
aufeinander reagieren - am Anfang vor allem durch Gewalt und Prügel, im
Grunde raufen sich die beiden was das Zeug hält. Und eigentlich führt
die Mutter rein zufällig die beiden jungen Männer zusammen. Techine hat
hier alles richtig gemacht - eine Geschichte, die das Leben schreibt.
Und von der man auch nicht weiß, wohin sie am Ende führen wird. Die
beiden Jungs sind 17 und lieben sich, aber sie wissen es lange Zeit
nicht. Das ist auch das große Plus von "Mit 17" , der trotz der Vielzahl
seiner filmischen Verwandten eigenständig und überaus originell bleibt.
Die beiden jungen Darsteller sind perfekt ausgewählt und stolpern als
Narren durch ihre Welt. Sie sind irgendwie blind, aber irgendwann öffnen
sie beide ihre Augen.
Bewertung. 9 von 10 Punkten.
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