Regie: Francois Ozon
Begegnung mit Julie...
1998 drehte er mit der schrängen Familiencomedy "Sitcom" seinen
ersten Spielfilm und es folgten drei sehr erlesene und interessante
Arbeiten wie "Ein kriminelles Paar", "Tropfen auf heiße Steine" und
"Unter dem Sand" bevor ihm mit "8 Frauen" der ganz große Durchbruch -
nicht nur im Heimatland Frankreich - gelang. Diese Mischung aus "Die
Regenschirme von Cherbourg" und Cukors "Die Frauen" wurde insgesamt für
11 Cesars nominiert und die acht Darstellerinnen Catherine Denueve,
Isabelle Huppert, Emmanuelle Beart, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen,
Danielle Darrieux, Ludivine Sagnier, Firmine Richard bekamen gemeinsam
den Europäischen Filmpreis als beste Darstellerinnen. Der Nachfolgefilm
"Swimming Pool" wurde ebenfalls ein riesiger Erfolg. Mit einem
weltweiten Boxoffice von über 23 Millionen Dollar spielte er mehr als
das Dreifache seiner Produktionskosten wieder ein. Erneut ist die
attraktive Ludivine Sagnier zu sehen, die an der Seite von Charlotte
Rampling spielt. Beide Schauspielerinnen spielten derart überzeugend
ihre Rollen, dass eine Cesar-Nomienierung dabei heraussprang. Dies war
im Jahr 2004 und inzwischen hat der französische Regisseur in vielen
weitere überzeugende Arbeiten bewiesen, dass er einer der wichtigsten
zeitgenössischen französischen Filmemacher ist. Dennoch ist "Swimming
Pool" immer noch mein persönlicher Ozon Favorit. Vor allem das
absichtlich mehrdeutige Ende ist ihm ausserordentlich gelungen und
meisterhaft hat er in der Geschichte Realität und Phantasie miteinander
vermischt.
Erst sehr spät entwickelt "Swimming Pool" sich zu einer Art
Schauergeschichte und offenbart auch seine subtilen Thrillerqualitäten.
Sehr lange wird der Zuschauer mit zwei sehr unterschiedlichen Frauen
konfrontiert und aus dieser schwierigen Begegnung entsteht eine
erotische Atmosphäre, denn die junge Julie (Ludivine Sagnier) ist stark
sexuell aktiv, während die Schriftstellerin Sarah Morton (Charlotte
Rampling) zugeknöpft und introvertiert ist. Als englische
Mystery-Autorin ist sie populär geworden und ihr Verleger John Bosload
(Charles Dance) wartet schon auf das nächste Buch ihrer erfolgreichen
Kriminalroman-Serie. Doch die Frau mittleren Alters hat eine
Schreibblockade. Bosload bietet ihr deshalb an, dass sie das Buch in
aller Ruhe und Entspannung und in einer idyllischen Umgebung schreiben
sollte. Er bietet ihr sein Landhaus in der Nähe von Lacoste in
Frankreich an. Dort angekommen wird sie von dem alten Gärtner Marcel
(Marc Favolle) in Empfang genommen, der ihr das Anwesen im Grünen zeigt,
Sarah genießt die dort vorherrschende Einsamkeit und die Sonne. Mit den
Menschen im Ort nimmt sie keinen Kontakt auf, lediglich mit dem kellner
Franck (Jean-Marie Lamour), der im örtlichen Cafe bedient, wechselt sie
hin und wieder ein paar Worte. Doch bald ist mit der Ruhe vorbei, denn
eines Nachts kommt Julie, die Tochter des Verlegers, nach einer längeren
Reise zurück nach Hause. Von ihrer Existenz wusste Sarah noch nichts.
Die junge Frau ist lebenshungrig und hat beinahe jeden Tag eine
One-Night Stand mit einem anderen Mann, ihre Lieblingsbeschäftigung ist
das Baden im Swimming Pool. Die Verschiedenheit der beiden Frauen sorgt
für Konfliktstoff. So nervt sich Sarah an den nächtlichen Abenteuern,
die sehr laut vonstatten gehen, aber sie kann sich der voyeuristischen
Faszination kaum entziehen. Der Lebensstil von Julie scheint ihr immer
mehr zu gefallen. Heimlich schleicht sie sich in Julies Zimmer und liest
deren Tagebuch, um den Inhalt für ihr neues Buch zu verwenden. Bald ist
die zugeknöpfte Autorin auch erotisch aufgeladen. Als Julie mit dem
Kellner eines Abends im Haus auftaucht, nimmt eine unerwartete Tragödie
ihren Lauf....
Die beiden Frauen passen nicht zusammen, aber die Gegensätze hat Ozon
überaus faszinierend nebeneinander gestellt. Der Swimming Pool hat
dabei eine starke Funktion, er wechselt auch sein Gesicht. Mal ist eine
Schicht von Blättern darauf zu sehen, dann ist er völlig abgedeckt. Wenn
Julie darin badet oder sich sonnt, dann erscheint alles türkisfarben
klar. Dem Zuschauer wird so vermittelt, dass er bis auf den Grund sehen
könnte - doch das ist natürlich ein Trugschluß. Am Ende bleiben viele
Fragezeichen. Ozon schafft es vorzüglich, das Vertrauen der Zuschauer in
die eigene Wahrnehmung zu erschüttern. Kameramann Yorick Le Saux
(Personal Shopper, Only Lovers left alive, Chanson d´amour) liefert
ebenfalls eine hervorragende Arbeit. Wunderbare sonnige Bilder, dazu
wird die attraktive Ludivine Sagnier unheimlich schön als junge Femme
Fatale fotografiert.Bewertung: 9,5 von 10 Punkte.
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