Regie: Jean Becker
Die Sonne, die täuscht...
Der 1933 geborene Filmregisseur Jean Becker ist der Sohn des
berühmten Jacques Becker, der im selben Metier großartige Klassiker wie
"Goldhelm", "Das Loch" oder "Wenn es Nacht wird in Paris" schuf. Sein
Sohn begann die Karriere beim Film natürlich beim Vater, der ihn als
Regieassistent einsetzte. Die ersten eigenen Filme drehte er in den
frühen 60er Jahren und er war so enttäuscht, dass sich sein Film
"Geliebter Schuft" aus dem Jahr 1966 als Flop erwies. Es folgte daher
eine lange Pause - erst 1983 meldete er sich zurück und mit dem Thriller
"Ein mörderischer Sommer" gelang ihm ein phänomenales Comeback. Als
Lohn gab es neun Cesar-Nominierungen, von denen vier in Siege
umgewandelt werden konnten. So konnte Isabelle Adjani ihren Cesarsieg
vom vorigen Jahr (mit Zulawskis "Possession") wiederholen - ihre Rolle
als psychisch gestörte Eliane Wieck in Beckers Film ist tatsächlich bis
heute eine ihrer besten Leistungen überhaupt. Auch Nebendarstellerin
Suzanne Flon gewann, genauso wie Jacques Wita für den besten Schnitt und
Sebastien Japrisot für das beste Drehbuch. Die fünf weiteren
Nominierungen gabs für Hauptdarsteller Alain Souchon, für
Nebendarsteller Francois Cluzet, für Georges Delerue für die Filmmusik
und natürlich für Becker selbst, der auf den Preis als bester Regisseur
und für den besten Film hoffen durfte.
Interessanterweise steigert sich die Geschichte mehr und mehr und
man könnte beim Showdown tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass alles
etwas zu dick aufgetragen wurde - aber dennoch tut dies dem
Thrillervergnügen keinen Abbruch. Auch nicht der Einfall, dass die
Geschichte dieses mörderischen Sommers immer wieder aus der Sicht
einiger Akteure, die als Ich-Erzähler auftreten, erzählt wird. In vielen
anderen Filmen wirkt dies als störend im Fluß, doch hier passt es zum
starken eigenen Charakter des Films. In vielen Rückblenden wird eine
Rachestory aufgedeckt. Es ist die Geschichte von Eliane, die versucht
ihre deutsche Mutter zu rächen. Diese wurde im Jahr 1955 Opfer eine
Vergewaltigung durch drei Männer. 9 Monate später wird Eliane geboren,
denn Paula Wieck, gespielt von Maria Machado, entscheidet sich das Kind
zu bekommen. Ihr Mann Gabriel Devigne (Michel Galabru) kann dies nicht
akzeptieren und so wächst die kleine Eliane (als Kind wird sie von
Maiwenn LeBesco gespielt) unter dem Mädchennamen der Mutter auf.
Becker hat sehr viel Wert auf typisch französisches Flair gelegt -
auch die Musik macht da keine Ausnahme. Der Titelsong "Trois petites
notes de musique" wird von dem berühmten Yves Montant interpretiert.
Und auch die Location (Sommer, Hitze, durchgehend schönes Wetter) ist im Grunde ein Gegensatz zu den düsteren Entwicklungen, in die sich die Familie Montechiari unfreiwillig verstrickt.
Und auch die Location (Sommer, Hitze, durchgehend schönes Wetter) ist im Grunde ein Gegensatz zu den düsteren Entwicklungen, in die sich die Familie Montechiari unfreiwillig verstrickt.
Frau Montechiari (Jenny Cleve) ist Witwe und Mutter dreier Söhne.
Der älteste Fiorimondo (Alain Souchon) wird von allen in seiner
provencalischen Heimatstadt "Pin Pon" genannt und sehr geachtet. Er ist
Automechaniker und sehr engagiert bei der freiwilligen Feuerwehr. Der
zweitälteste heißt Mickey (Francois Cluzet) ist begeisterter Radsportler
und der jüngste Boubou (Manuel Gelin), der ehrgeizigste unter den
Brüdern, weil er studieren will. Die schwerhörige Tante (Suzanne Flon),
von allen Cognata genannt, lebt ebenfalls im Haus. Der Vater, ein
gebürtiger Italiener, ist schon lange tot.
In diesem besagten Sommer verdreht die attraktive Eliane (Isabelle
Adjani), die mit ihren Eltern (Michel Galabru/Maria Machado) in den Ort
gezogen ist, ausgerechnet Pin Pon den Kopf. Im Ort wird über die junge
Dame heftig spekuliert, sie soll viele sexuelle Abenteuer haben - doch
Eliane und PinPon kommen sich tatsächlich näher und werden ein Paar. Die
junge Frau verlässt daraufhin ihr Elternhaus (der Vater ist auf den
Rollstuhl angewiesen) und zieht zu ihrem Freund. Sehr zum Leidwesen von
Frau Montechiari, die nichts von der neuen Freundin ihres Sohnes hält.
Mit der Tante versteht sich Eliane allerdings sehr gut und auch PinPons
Brüder schließen Eliane ins Herz. Doch die trägt ein Geheimnis mit sich,
dass sich durch verschiedene Konstellationen und Ereignisse irgendwann
zu der größten anzunehmenden Katastrophe entwickeln wird...
Becker schildert dies alles wie ein präzise ablaufendes Uhrwerk,
bei dem am Ende der tragischen Geschichte der Wahnsinn steht. Infolge
einer Besessenheit und vielen Missverständnissen steuert alles
folgerichtig auf den Abgrund zu. Eine sehr düstere Geschichte unter
klirrender Sonne. Ein elektrisches Klavier mit der Aufschrift "M" ist
dabei ein wichtiges Requisit, schließlich führt das Instrument zu einem
Verbrechen, dass über 20 Jahre zurückliegt und wohl nie gesühnt wurde.
Becker füllt seinen Thriller auch mit sehr viel Lebensart aus der
französischen Provinz. "Ein mörderischer Sommer" war im Jahr 1983 mit
insgesamt 5,1 Millionen verkaufter Kinokarten im Heimatland der
zweitgrößte Filmhit des Jahres.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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