Regie: Joseph Losey
Die Geschäfte des Kunsthändlers...
Frankreich startete am 27. März 1942 seinen ersten Zug mit
jüdischen Deportierten - die Endstation war das KZ Auschwitz im von den
Deutschen besetzten Polen. Insgesamt fuhren 79 Züge mit über 75.000
Juden in den fast sicheren Tod - nur 2.500 Menschen konnten im Jahr 1945
befreit werden.
Bereits 1942 wurden im besetzten Frankreich strikte Judengesetze
eingeführt, ohne dass die Besatzer alle Gesetze gefordert hätten. Es gab
auch sehr starke Eigeninitiativen, der Antisemitismus war stark.
Zunächst sprach die deutsche Militärverwaltung von der Evakuierung der
unerwünschten Juden in Arbeitslager, die im Osten liegen, daher waren
die ersten Züge ausschließlich mit arbeitsfähigen Männern bestückt. Sehr
schnell wurde dies aber aufgeweicht und als im August 1942 selbst alte
Menschen und Kinder jeden Alters in die Güterwaggons getrieben wurden,
war klar, dass es hier um ein System der Ausrottung einer Rasse ging. In
Frankreich fand ebenfalls eine regelrechte Menschenjagd statt - eine
davon erzählt der beklemmende Film "Mr. Klein".
Besonders erschütternd ist die Szene fast am Ende des Films, wenn
die Menschenmenge in die Zugwaggons gedrängt wird, die in den sicheren
Tod fahren. Darunter ist auch der Elsässer Robert Klein, gespielt von
Alain Delon in einer seiner großartigsten Rollen, für die er im Jahr
1977 eine Cesar-Nominierung erhalten hat - aber gegen den gleich starken
Michel Galabru in "Der Richter und sein Mörder" von Bertrand Tavernier
knapp verlor.
Insgesamt war "Monsieur Klein" aber mit 7 Nominierungen und 3
Siegen in wichtigen Kategorien (Bester Film, beste Regie, bestes
Szenenbild) der Gewinner des Abends und Joseph Loseys Meisterwerk war in
Frankreich auch im Kino gut besucht. Trotz des schweren Stoffes
interessierten sich beim Kinostart mehr als 700.000 Franzosen für den
Film und kauften sich eine Kinokarte.
Paris 1942: Die Stadt wird von den Deutschen besetzt und dadurch
erleidet die jüdische Bevölkerung auch zunehmend offene Diskriminierung.
Das Tragen des Judensterns ist Pflicht und darüberhinaus wird das
Eigentum der Juden beschlagnahmt. Robert Klein (Alain Delon), ein
Elsässer, lebt seit vielen Jahren in der Hauptstadt und verdient als
Kunsthändler seinen Lebensunterhalt. Es geht ihm gut, er hat eine
hübsche Geliebte (Juliet Berto), treibt es auch heimlich mit Nicole
(Francine Berge), der Frau seines Freundes Pierre (Michael Lonsdale),
der auch sein Anwalt ist. Mit dem inzwischen faschistischen System hat
er sich prächtig arrangiert, er profitiert extrem davon, dass die Juden
ihre Wertgegenstände für einen Spottpreis verkaufen müssen.
In der ersten Szene des Films wirkt Klein auch recht zynisch und
unerbittlich, als ihn ein Jude (Jean Bouise) aufsucht und ihm ein altes
Gemälde eines holländischen Malers verkaufen will. Das Gemälde ist viel
mehr wert, aber Klein nutzt die Notlage des Mannes schamlos aus und der
muss extem unter Wert verkaufen. Alle Bitten einen fairen Preis zu
machen, sind vergebens.
Dann findet Klein vor seiner Wohnungstür eine jüdische Zeitschrift,
die er abonniert haben soll. Natürlich weiß er um die Brisanz und sucht
sofort den Kommissar (Fred Personne) auf, um klarzustellen, dass es
sich bei dieser Zustellung um einen Fehler, ja vielleicht sogar um eine
Denunzination handeln muss - er wäre ja kein Jude.
Dieses Vorsprechen macht ihn aber auf der Präfektur verdächtig und
so ist der Fall natürlich noch nicht abgeschlossen. Es soll einen
zweiten Robert Klein geben - einen, der seinen Namen angenommen,
missbraucht und benutzt hat und im Widerstand tätig ist. Klein will
herausfinden, wer dieser Mann ist und findet heraus wo der gewohnt hat.
Doch er ist weg. Nur seine Concierge (Suzanne Flon) gibt widerwillig
Auskünfte und im Zug seiner eigenen Ermittlungen trifft er auch Florence
(Jeanne Moreau), eine heimliche Geliebte des Gesuchten. Immer wieder
begegnet er auf der Suche nach dem Mann auch der Polizei, denn er hat
sich inzwischen immer mehr in den Mittelpunkt deren Ermittlungen
gemacht...
Das ist einer der besten und bedrückendsten Filme der 70er Jahre
und neben "Der Mittler" auch Joseph Loseys bester Film. Und der hat sehr
viele Topfilme hinterlassen. Ein US-Regisseur, der als Sympathisant der
kommnunisten Partei, in den frühen 50er Jahren im Zuge der McCarthy
Hexenjagd sein Heimatland verließ und sowohl in England als auch in
Frankreich als Regisseur arbeitete.
"Monsieur Klein" ist durch und durch kafkaesk und meisterhaft
inszeniert. Die Schauspielerleistungen sind großartig und die Kamera von
Gerry Fisher unterstreicht die morbide Atmosphäre, die den Antihelden
umgibt und die immer auswegsloser wird. Die letzte Einstellung könnte
vielleicht auf eine Erklärung hindeuten - aber im Grunde spielt das auch
keine Rolle. Egal wie, der Zug ist ein Zug des Verderbens und setzt
sich eindrücklich mit der Kollaboration der Vichy-Regierung bei der
deutschen Judenvernichtung auseinander. Ein dunkles, schwarzes Kapitel
der Menschheitsgeschichte.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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