Samstag, 29. Oktober 2016

Jan der Söldner

























Regie: Roland Verhavert

Der Wehrpflichtige....

Der belgische Historienfilm "Jan, der Söldner" (Originaltitel: De Loteling) von Regisseur Roland Verhavert enstand 1974 und hatte seine Premiere bei den 24sten Filmfestspielen in Berlin. Er nahm am Wettbewerb um den goldenen Bären teil. Wenig später schickte Belgien diesen sehr authentischen Film ins Oscar-Rennen in der Kategorie "Bester ausländischer Film". "Jan der Söldner" schaffte es aber am Ende leider doch nicht zu den fünf offiziellen Nominierten zu gehören. Federico Fellinis "Amarcord" ging bei diesen 47sten Academy Awards in dieser Kategorie als Sieger hervor.
Wenig später hatte der Film auch beim ZDF als "Der besondere Film" Fernsehpremiere. Seitdem ist dieser sehr schöne, aber auch sehr brutale Film leider in Vergessenheit geraten.
Die Geschichte basiert auf dem gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1850 des Schriftstellers Henrik Conscience, der damit ein stimmungsvolles Portrait seiner Zeit entwarf. In Belgien des Jahres 1833 befürchtet das junge belgische Königreich immer noch eine holländische Invasion. Deshalb ist Aufrüstung angesagt.
Arme Bauern werden deshalb rekrutiert. Das damals gängige Verfahren sah vor, dass sich alle jungen Männer am Dorfplatz versammeln musste. Dort war das Militär anwesend und bestimmte durch eine Losziehung welcher Bursche in den Krieg ziehen soll und welcher zuhause bei seiner Familie bleiben darf. Jan Braems (Jan Decleir) hat Glück, denn die Losfee meint es gut mit ihm. Prima - dann kann ich weiterhin bei meiner Freundin Katrien (Ansje Beentjes) bleiben, die ich schon seit Kindheitstagen kenne, die mich liebt und die ich bald heiraten will. Vor allem könnte Jan auch weiterhin als Bauer tätig sein und dafür sorgen, dass keiner Hunger leidet. Sein kleiner Bruder nicht, sein Großvater (Gaston Vandermeulen), der nicht mehr viel arbeiten kann ebenfalls nicht. Auch nicht seine Geliebte und deren Mutter (Gella Allaert). Doch Jan bekommt gleich noch am Dorfplatz ein raffiniertes Angebot und ein feines Glas Bier spendiert. Man bietet ihm für eine gute Summe Geld an seine Losnummer gegen eine andere einzutauschen. Was soviel heißt: Er müsste für einen reichen jungen Mann in den Krieg ziehen, der sich aber freikaufen will. Das Geld verlockt und so geht Jan auf das Angebot ein. Sagt aber seinen Lieben nichts von dem Deal, den er da einging. Das Geld nimmt er mit und er hat vor einige Anschaffungen für den Bauernhof zu tätigen - wenn er irgendwann wieder zu Hause ist. Doch das Heerleben ist noch härter als das Schuften auf dem Feld. Zudem versteht er seine französisch sprechenden Vorgesetzten nicht. Bald wird auch das Geld gestohlen und er zieht sich eine Geschlechtskrankheit zu. Zuhause kann die Pacht nicht gezahlt werden und die Gläubiger pfänden große Teile von Jans Hab und Gut...
 



Eine sehr schöne Geschichte über eine einfachen Bauerntölpel, dessen größte Stärke die Treue seiner Freundin Katrien ist. Denn dieses Mädchen setzt alle Hebel in Bewegung und nimmt alle Gefahren auf sich, dass sich das Schicksal dennoch wendet. Sie ist fest im Glauben verankert was ihr hilft - auf dem Höhepunkt dieses beeindruckenden Historienfilms über die einfachen Leute - dass sich das böse Schicksal vielleicht noch einmal wendet, auch wenn man mehrmals gescheitert ist. Kameramann Ralf Boumans hat diese einfache, aber sehr eindrückliche Geschichte, die in eine Odyssee mündet, mit zwar kargen, aber dennoch atmosphärisch dichten Bildern bestückt. Man fühlt sich tatsächlich in diese zeit hineinversetzt - was alle geglückten Historienfilme auszeichnet. Umso bedauerlicher ist es, dass dieser sehr gute Film im Lauf der Zeit völlig in Vergessenheit geriet. Dass er einmal als deutschsprachige DVD erscheint ist ein Wunder und gibt Anlass zur Hoffnung, dass noch ein weiterer sehr guter Historienfilm "Die Pforten des Paradieses" des kürzlich verstorbenen polnischen Regisseurs Andrzej Wajda ebenfalls in einer würdigen DVD Ausgabe erscheint, denn dieser Film war fast zeitgleich mit "jan der Sölder" ebenfalls ein von dem ZDF gezeigter Beitrag in der von mir sehr schmerzlich vermissten Serie "Der besondere Film". 




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Donnerstag, 27. Oktober 2016

Love Exposure

























Regie: Sion Sono

Entblößung der Liebe...

Einer der interessanten Filmemacher Japans ist sicherlich der 1961 in Toyokawa geborene Regisseur, Schauspieler, Drehbuchautor und Produzent Sion Sono. Seine mit viel Poesie angereicherten Avantgardefilme sind mit viel surrealen Elementen gewürzt.  Zu seinen bekantesten Werken zählen "Suicide Circle" (2002), "Strange Circus" (2005), "Love Exposure" (2008) und "Cold Fish" (2010). Dabei gehört "Love Exposure" (Entblößung der Liebe) schon alleine wegen der imposanten Laufzeit von 237 Minuten zu den ultimativen Leinwandepen und Monumentalfilmen. Aber interessanterweise vergeht die Zeit beim Anschauen wie im Flug, denn Sion Sono schafft es mit seinem Potpourri aus Comedy, Lovestory, Psychothriller und Sexklamotte gleich von Anfang an zu begeistern und kann diesen Level locker durchgehend halten. Die ständige Unvorhersehbarkeit dieses eigenartigen Coming of Age Films ist seine große Stärke.
Im Zentrum der Handlung steht der Teenager Yu (Takahiro Nishijima), der seine geliebte Mutter schon im Kindesalter verliert. Nach dem Tod der geliebten Frau wendet sich der Vater (Atsuro Watabe) der Religion zu und wird katholischer Priester. Und Yu hat seiner Mutter versprochen, dass er später, wenn er groß ist, sich in eine "Maria" verlieben wird und diese auch heiratet und mit ihr glücklich wird. Als die aufdringliche Kaori (Makiko Watanabe) in der Kirche auftaucht, ist es um den Vater geschehen. Die sexuell aggressive Frau steht auf ihn und obwohl er versucht der Sünde des Fleisches zu widerstehen, wird er eines Tages schwach. Doch wegen des Priestergelübdes kann er auch nicht heiraten, was Kaoris Wunsch ist. Sie verlässt ihn nach einigen Wochen des sexuellen Glücks und dies lässt den Vater merklich verändern. Er lässt ab diesem Tag seinen Sohn täglich mit seinen Sünden beichten. Doch Yu sündigt nicht und kann folglich auch nicht viel beichten - etwas was der Vater nicht glauben kann und in irgendwann der Lüge bezichtigt und ihn zu schlagen beginnt. Nun beginnt der Sohn absichtlich Sünden zu begehen, um seinem Vater zu gefallen und ihm wieder näherzukommen. Er sieht eines Nachts ein paar Jungs einen Automaten aufbrechen und hilft ihnen spontan bei der Straftat. Dies gefällt der Diebesgang, die ihn bei sich als Kumpel aufnimmt. Gemeinsam werden die vier Freunde und als "Perverse" werden sie zu heimlichen Unterhöschen-Fotografen. Mit ausgefeilten Techniken und enormer Akrobatik, wie man unter die Röcke fotografiert, werden sie zu echten Profis in ihrem Metier.  Eines Tages trifft Yu auf das Schulmädchen Yoko (Hikari Mitsushima), die gegen eine Überzahl von schlägern kämpfen muss. Er hilft ihr - allerdings als Frau Sasori verkleidet, weil er eine Wette verloren hat. Yoko verliebt sich in ihre Helferin, weiß aber nicht, dass Saori ihr neuer Mitschüler Yu ist. Es kommt noch dicker. Der Vater versöhnt sich wieder mit ihm, nachdem dieser wieder kontakt zu seiner Exgeliebten hat. Diese sorgt aber inzwischen für Yoko, denn die war die Tochter eines ihrer Liebhaber. So ziehen nun die zwei Frauen wieder in das Kirchenhaus und fortan sollen Yu und Yoko Bruder und Schwester sein. Yoko hat einen Hass auf alle Männer und schwärmt von ihrer neuen Flamme Saori. Im Hintergrund spinnt die raffinierte Aya Koike (Sakura Ando), die Leiterin einer ominösen religiösen Sekte, die ihre Mitglieder einer Gehirnwäsche unterzieht, ebenfalls Fäden. Sie ist interessiert am "Perversen" Yu und versucht die gesamte Familie als neue Sektenmitglieder anzuwerben. Durch eine List gibt sie sich als Saori aus..




Eine recht obskure Handlung - und Religion spielt in dem coolen Drama eine zentrale Rolle. Im Grunde ist "Love Exposure" ein sehr religiöser Film, auch wenn gerade viele Szenen sehr lustig sind. Der "Perverse" Yu ist in Wirklichkeit so naiv und rein wie eine Jungfrau. Er erkennt in Yoko sofort seine Maria, nach der er lange gesucht hat. Und auch wenn er Höschen fotografiert, er bekommt keine Erektion bei diesen Handlungen. Einzig und allein wenn er Yoko sieht, dann gehts richtig ab. Im Grund spart er sich den Sex auf für seine wahre Liebe, die ihn aber leider hasst. Es gibt in Sion Sonos Film natürlich einige erotische Szenen und auch einige Blutfontänen. Aber es überwiegt die poetische Note mit viel philosophischen Gesichtspunkten. Am Ende der Suche nach der Wahrheit steht die Liebe, so die Botschaft dieses Films. Aber auch andere Themen werden angeschnitten: 
disfunktionale Familienverhältnisse, ein verklemmtes Verhältnis zur eigenen Sexualität, Glauben und falsche Religion, abweichende Sexualität, Orientierungslosigkeit, Trauer, Gewalt, traumatische Erlebnisse und und und.
Im Mittelpunkt steht aber die erste Liebe, für die man kämpft ohne Wenn und Aber. Und mit Takahiro Nishijima hat Sion Sono eine total guten Darsteller für die Rolle des Yu gefunden.
Die Story ist voller Power, es ist tatsächlich ein Filmerlebnis, dass man nicht jeden Tag so genial serviert bekommt . dazu ein opulenter Soundtrack mit Beethoven und "Bolero" - wie es sich für solch eine Filmoper gehört. Ich bin begeistert.






Bewertung: 10 von 10 Punkten.

Batman v Superman - Dawn of Justice

Regie: Zack Snyder

Trouble in Metropolis...

Nach seinem Spielfilmdebüt "Dawn of the Dead" (das Remake des legendären Zombiefilms von George A. Romero) im Jahr 2004 ging es für Regisseur Zack Snyder steil nach oben. Sein nächster Film "300" spielte weltweit über 445 Millionen Dollar ein und etablierte ihn im Genre der Comicverfilmung. Es folgten "Watchmen", "Die Legende der Wächter" und "Suckerpunch" bevor er "Man of Steel" - eine Superman-Neuverfilmung realisierte. 668 Millionen Dollar, so das weltweite Einspielergebnis - Comiicverflilmungen sind die derzeit die ultimativen Blockbuster-Garanten. Daher war der Nachfolgefilm, bei dem die Superhelden Batman und Superman zusammentreffen nur allzu logisch. Und es zahlte sich finanziell mehr als phänomenal aus. Mit 873,3 Millionen Dollar Einspielergebnis liegt der Film momentan auf Platz 47 der Top 100 Blockbuster aller Zeiten. Dennoch wurde dieses klasse Ergebnis von den Machern etwas enttäuscht aufgenommen, da die Fusion Batman/Superman hinter den Ergebnissen des konkurrierenden Marvel Cinematic Universes blieb. Aber ich denke das ist Jammern auf ganz hohem Niveau.
Die Kameraarbeit von Larry Fong bringt natürlich einen wesentlich düsteren Touch als die neuen Marvel Filme und orientiert sich am Noir Style der Nolan Verfilmungen über die beliebteste Fledermaus des Kinos. Und Ben Affleck ist ein guter Ersatz für Christian Bale. Lediglich an Jeremy Irons muss man sich etwas gewöhnen, denn Michael Caine gab Alfred Pennyworth schon ein unverwechselbares Gesicht. In der Rolle von Superman ist zum zweiten Mal nach "Man of Steel"  Henry Cavill zu sehen und er macht seine Sache äusserst gut.
"Batman v Superman Dawn of Justice" lebt natürlich von den Bildern und von der Atmosphäre und es gelingt Snyder die Geschichten der beiden Helden mühelos miteinander zu verweben. Bruce Wayne erlebt als Kind, wie seine Eltern ermordet werden. Er fällt in eine Höhe und wird dort von Fledermäusen herausgetragen. So zumindest beschreibt es die Legende, Bruce ist sich selbst nicht mehr ganz so sicher, ob das wirklich genauso war. Jahre später ist er der Held in Gothom City. Doch in der Nachbarstadt Metropolis wüten Kämpfe, weil dort Superman gegen den Schurken Zod agierte. Es kam zu massiven Schäden und viele mussten ihr Leben lassen. Batman gibt Superman die Schuld und plant nun gegen den Superhelden der Nachbarstadt in den Kampf zu ziehen. Tatsächlich hat Superman derzeit kein gutes Image, obwohl er seine Lois (Amy Adams) gerade wieder mal aus den Klauen eines Warlords retten konnte. Durch ein Komplott wird dadurch Superman erneut dafür verantwortlich gemacht, dass Zivilisten bei diesem Einsatz ums Leben kamen. Die Senatorin June Finch (Holly Hunter) leitet eine Untersuchung ein, bei der Superman erscheinen soll. Als er vor dem Ausschuß erscheint, kommt es zu einem Bombenattentat. Natürlich hat der Erzschurke Lex Luthor (Jesse Eisenberg) die Hände im Spiel, aber das Drehbuch sieht vor, dass Superman erneut schuldig dasteht und einem Duell der Superhelden steht nun nichts mehr im Wege...



In weiteren kleinen Rollen sind Laurence Fishburne, Diane Lane und Kevin Costner zu sehen. Jesse Eisenberg ist ein cooler Fiesling und agiert beinahe genauso psychopathisch wie der Joker aus "Dark Knight". Der Film hat eine imposante Laufzeit von gut 2 1/2 Stunden und lediglich beim Showdown (Kampf der Helden gegen das Monster Doomsday) hätte man vielleicht ein bisschen kürzen können, denn hier fahren die CGI-Tricks Achterbahn und scheinen nicht mehr aufhören zu wollen. Mit der Amazone Wonder Woman, gespielt von der Israelin Gal Gadot, etabliert sich eine neue coole Heldenfigur. Leider hat "Batman v Superman" nicht ganz diese Geschichte, die beim Clinch zwischen den Helden ein bisschen mehr in die Tiefe geht. Es ist auch nicht der klare Faden von "Dark Knight" und dessen Subtexte zu erkennen. Aber dennoch gefällt der Film auch durch die aggressive und verbitterte Performance, die Affleck seiner Figur verleiht. Dies macht ihn zu einem gebrochenen und müden Helden - passend zu dem Neo-Noir Style. Dies hätte man sicherlich noch markanter darsteller können. Alles in allem ist der Film aber im Bereich der Comicverfilmungen über dem Durchschnitt, mir gefiel er auch aufgrund seiner dunklen Aura etwas besser als die letzten Blockbuster aus dem Hause Marvel.



Bewertung: 7 von 10 Punkten.

Samstag, 22. Oktober 2016

Ewige Jugend


















Regie: Paolo Sorrentino

Melancholie im Sanatorium...

Der italienische Regisseur Paolo Sorrentino ist zweifelsohne ein begeisterter Fan von Federico Fellini. Zumindest hat er schon vor längerer Zeit beschlossen, dessen filmisches Erbe anzutreten, was bereits in den skurrilen Roadmovie "Cheyenne" sichtbar war. Noch klarer sind die Ähnlichkeiten zwischen seinem preisgekrönten Rom-Epos "la grande Belezza" aus dem Jahr 2013. Hier wurden Erinnerungen an Fellinis "Roma" und auch an diessen "8 1/2" wach. Dafür gabs auch einen Oscar als bester fremdsprachiger Film des Jahres und auch bei der Vergabe der europäischen Filmpreise kassierte Sorrentinos Film gleich 4 Auszeichnungen. "Ewige Jugend" ist natürlich auch wieder sehr an Fellini orientiert und es ist vielleicht Sorrentinos tiefster und bewegendster Film geworden. Auch wenn der deutsche Verleihtitel m.E. schlecht gewählt wurde, der Originaltitel "Youth" trifft die Thematik besser. Denn von ewiger Jugend kann in "Ewiger Jugend" kaum die Rede rein, wenn man die Schlußsequenz interpretiert, dann geht es auch nicht nur um die Jugend, sondern um das Leben und vor allem um das unweigerliche Ende: den Tod.
Die Geschichte spielt sich in einem exklusiven Wellnesshotel in Davos und man wird an Thomas Manns Roman "Der Zauberberg" erinnert. Denn dieses Bergsanatorium übt sofort eine eigenartige Faszination auf den Zuschauer aus. Dort gehören zwei Greise zu den Hotelgästen, die von Ärzten, Pflegerinnen, Masseusen und den besten Köchen versorgt werden. Fred Ballinger (Michael Caine), der erfolgreiche Komponist der legendären "Simple Songs" verbringt dort seine Wellness-Ferien. Genauso wie sein langjähriger Freund, der Regisseur Mick Boyle (Harvey Keitel), der auch schon flott die Achzig zusteuert und dort mit jungen Mitarbeitern sein Drehbuch zu dem geplanten letzten Film, dass sein Testament werden soll. Die Hauptrolle soll die zweifache Oscargewinnerin und Diva Brenda Morell (Jane Fonda) spielen, die von Boyle auch täglich erwartet wird. Der Schauspieler Jimmy Tree (Paul Dano) gehört auch zu den Gästen, er wurde mit einer Rolle als Roboter weltbekannt - möchte aber viel lieber durch seine anderen Rollen wahrgenommen werden. Er bereites sich für einen neuen Film, der in Deutschland gedreht wird, vor. Ebenfalls im Hotel sind Diego Maradona (Roly Serrano) mit Frau, die Miss Universum (Madalena Diana Ghenea) und Popstar Paloma Faith (Paloma Faith), die mit Julian Boyle (Ed Stoppart), dem Sohn von Mick, ein Verhältnis beginnt. Dabei ist dieser mit Lena (Rachel Weisz), der Tochter von Komponist Ballinger, verheiratet. Es tut sich da allerhand in diesem Kosmos "Sanatorium" in den Schweizer Alpen.  Auch ein buddhistischer Priester, von dem man sich erzählt, dass er in der Luft schweben kann, ist unter den illustren Gästen.
Die beiden Männer trauern der Jugend nach - Die Erotik ist für sie kein Spielfeld der Eroberung mehr, sondern der Betrachtung. Der Anblick der Miss Universum, die sich ihnen in exquisiter Blöße im Schwimmbecken darbietet, ist kein Anlass der Erregung, sondern ein letztes visuelles Paradies. Stattdessen müssen sich die beiden mit Prostata-Problemen herumquälen. Die Jugend...ist auch sichtbar. Da wäre die Masseurin ( Luna Zimic Mijovic) übt Hip Hop am offenen Fenster, Paloma Faith ist eine Kranate im Bett und es darf von der schönen Miss Universe geträumt werden.
Ein elegantes und amüsanten Treiben, dass dann in dem Moment in die Tiefe führt, als Fred Ballinger zum zweiten Mal Besuch vom Abgesandten des Buckingham Palace Besuch bekommt. Noch immer wünscht die Queen zum Geburtstag von Prinz Philipp, dass Ballinger seine "Simple Songs" dirigieren soll. Und noch immer lehnt Ballinger aus "persönlichen Gründen" ab...



Aber er begründet dann erstmal seine persönlichen Gründe, während seine Tochter Lena hinter ihm sitzt und zu weinen beginnt. Denn mit diesem persönlichen Bekenntnis lässt er zum ersten Mal sein Gefühl heraus. Vorher war dies unter einer gewissen Kälte versteckt. Mit dieser Szene wandelt der Film dann sein Gesicht, aber nicht seine Umgebung.
Sorrentino hat eine ganze Menge von grandiosen Szenen in "Ewige Jugend" eingebaut. Da gibts den starken 5-Minuten Auftritt von Jane Fonda, der mit einem Zusammenbruch im Flugzeug endet. Da erscheinen Mick Boyle auf einer Bergwiese plötzlich alle seine Schauspielerinnen seiner Filme den jeweiligen Kostümen und sprechen ihre Dialoge. Am Ende singt dann Sumi Jo die "Simple Songs" und Ballinger sieht seinen Freund in Gedanken. Jugend ist auch ein Gedanke...deshalb rägt jeder Insasse des Berghotels, in dem der Film spielt, neben seinem sichtbaren Ich noch ein unsichtbares, früheres mit sich herum. Der Mann im Pool, dessen Bauch in keine Hose mehr passt, war einmal ein Maradona, ein Fußballgott. Der Hollywood Star, den alle nur auf den Roboter Film herunterreduzieren - er denkt an seine frühere Rolle in einem Low Budget Film da war er mit sich zufrieden. Und auch der Komponist gibt seine Geheimnis preis, dass er tief im Herzen trug. Am Ende besucht er seine Frau in ihrer Klinik in Venedig. Sie ist alt und ihre Gedanken erloschen. Ein trauriger Film...




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

Mustang

























Regie: Deniz Gamsen Ergüven

Rebellion der Jungfrauen...

Neben Dänemark (Krigen), Kolumbien (Der Schamane und die Schlange), Jordanien (Theeb), Ungarn (Son of Saul) war auch Frankreichs Beitrag "Mustang" der türkischen Filmemacherin Deniz Gamsen Ergüven im diesjährigen Oscar-Rennen um den besten ausländischen Film. Am Ende siegte zwar das ungarische NS-Filmdrama von Laszlo Nemes, aber "Mustang" konnte immerhin eine weitere Nominierung für den Golden Globe verzeichnen, sowie einen Preis in Cannes, ausserdem gabs für den ambitionierten Film den Filmpreis des Europaparlaments und sogar den Friedenspreis des deutschen Films - Die Brücke. Ok, eine Brücke für die unüberwindbare Kluft zwischen modernem freiheitlichen und vor allem emanzipierten Leben junger Frauen und den immer noch gepflegten Traditionen eines patriarchischen und von der Religion abgesegneten Systems wird "Mustang" durch seine Einseitigkeit nicht bauen können. Aber muss er das ? Die türkischstämmige und in Frankreich aufgewachsene Regisseurin behandelt das heikle und hochpolitische Thema der Zwangsehen und sie stellt sich klar auf die Seite der fünf Schwestern, die sich langsam für Jungs interessieren. Irgendwie erinnert dieser tragische, aber nie sentimentale Film mit seiner Geschichte an Sofia Coppolas frühes Meisterwerk "The Virgin Suicides", unterschiedlich aber deshalb, weil Coppolas Film eine sonderbare, aber dennoch typisch amerikanische Story erzählt und "Mustang" dem europäischen Kino entstammt und schon von Anfang an als wie eine trügerische, aber sonnendurchflutete Parabel wirkt. "Mustang" hat die Regisseurin ihren Film genannt, weil der Mustang als Wildpferd das perfekte Symbol für die fünf jungen Heldinnen ist - für das zügellose und ungestüme Termperament. Kameratechnisch wurde "Mustang" von David Chizallet und Ersin Gok veredelt und die Geschichte bleibt konsequent auf der Sichtweise der fünf Mädchen.
Die fünf Geschwister Nur (Doğa Zeynep Doğuşlu), Ece (Elit Iscan), Selma (Tugba Sunguroglu) Sonay (Ilayda Akdogan) und Lale (Günes Nezihe Sensoy) sind Vollwaise und wachsen bei ihrer Großmutter (Nihal Coldas) auf. Deren Sohn Erol (Ayberg Peczan) ist ledig und lebt auch noch im selben Haus, in einem kleinen Dorf am Schwarzen Meer. Am Ende des Schuljahres verabschiedet sich die beliebte Lehrerin Dilek (Bahar Kerimoglu) von der Klasse und ausgelassen laufen die Mädchen nach Hause. Auch ein paar Jungs begleiten sie. Alle sind froh, dass die Ferien begonnen haben, es herrscht eine ausgelassene Stimmung. In ihren Schuluniformen fangen sie ein Spiel mit den Jungs an, die Teenager landen dadurch im Wasser und machen sich die Kleider naß. Als sie heim kommen ist der Teufel los, denn Oma wurde von einer aufmerksamen Nachbarin bereits unterrichtet, dass dieses obszöne unanständige Verhalten sofort unterbunden werden muss. Die Strafe folgt und Erol lässt gemeinsam mit der Großmutter das Haus immer mehr eine Gefängnisatmosphäre aufkommen. Mauern werden hochgezogen, es wird alles abgeschlossen...schließlich will man nicht, dass eins der Mädchen ihre Jungfräulichkeit verliert. Da das sexuelle Interesse aber bereits aufgekeimt ist, versucht die Familie die Mädchen so schnell wie möglich mit Zwang zu verheiraten. Vor allem das Nesthäkchen Lale erweist sich bald als treibende Kraft eines Widerstandes - sie interessiert sich mehr für Fußball als für Kochrezepte. Sie findet auch Schleichwege aus dem auf allen Seiten verriegelten Haus...


Und tatsächlich ist es auch die junge Günes Sensoy, die man einfach lieben muss. Ein Mädchen, dass schon sehr früh weiß was sie nicht will...nämlich sich dem ungerechten Patriarchat zu beugen. Dabei freundet sie sich mit dem Fahrer Yasin (Burak Ygit) an, der ihr irgendwann im Lauf der Handlung beibringt wie man ein Auto startet und wie man fahren kann. Der Film ist sehr geglückt, weil er ein Plädoyer für Freiheit ist und eben gegen jede Unterdrückung steht. Wie im richtigen Leben zeigt die Geschichte zwar auch die Tiefen, aber auch einige Höhen werden gezeigt. In Katar wurde der Film verboten - das zeigt natürlich wie brisant dieser Film tatsächlich ist.



Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.

Macbeth

























Regie: Justin Kurzel

Than von Cawdor, sei gegrüßt....

"Macbeth" ist eine der berühmtesten Tragödien von William Shakespeare. In diesem 1606 verfassten Werk beschreibt Shakespeare den Aufstieg des Heerführers zum König von Schottland, seinen wandel zum Tyrannen und schließlich seinen Fall. Der Stoff wurde mehrfach verfilmt. Die sicherlich bekanntesten und besten Arbeiten waren "Schloß im Spinnwebwald" von Akira Kurosawa, "Macbeth - Der Königsmörder" von Orson Welles und nicht zuletzt die legendäre Version von Roman Polanski aus dem Jahr 1971.
Der Australier Justin Kurzel, der bereits mit seiner wüsten und mörderischen Sozialstudie "Die Morde von Snowtown", einen überzeugenden und unbequemen Film ablieferte, wagte sich jetzt an eine Neuverfilmung. Dabei wird sehr schnell klar, dass Kurzel auf seinen Kameramann Adam Arkapaw (Königreich des Verbrechens) setzt, der in der Geschichte vor allem die Bilder sprechen lassen soll und auf einen hypnotischen Soundtrack (Jed Kurzel) setzt. Diese beiden Komponenten prägen den Film, der dadurch phasenweise sehr meditativ und magisch wirkt. Vor allem im ersten Teil des Films trägt dies zu einem extrem positiven Eindruck bei.
Die Geschichte ist sicherlich bekannt. Der königstreue Macbeth (Michael Fassbender) zieht mit seinen Männern, manche noch ganz junge Soldaten (u.a. Scot Greenan) in die Schlacht für König Duncan (David Thewlis). Es gibt viele Verluste, aber durch das Eingreifen Macbeths auch einen Sieg für den König. Auf dem Weg zu ihm, trifft Macbeth, der mit seinem Freund Banquo (Paddy Considine) reitet, auf vier Hexen (Kayla Fallon, Lynn Kennedy, Seylan Baxter, Amber Rissman), die auf einer Heide schon auf ihn gewartet haben. Sie begrüßen ihn als zukünftigen Than von Cawdor und künftigen König von Schottland.  Dem Begleiter Banquo offenbaren sie, er werde zwar nicht König sein, aber der Ahnvater von Königen. Beide sind von dieser Weissagung sehr irritiert. Dies verstärkt sich auch noch als sie die Boten des Königs treffen, die Macbeth mitteilen, dass er vom König zum Than von Cawdor ernannt wurde. Der erste Teil der Prophezeiung hat sich tatsächlich schnell erfüllt und Macbeth grübelt über den zweiten Teil des Orakels. Als er seine ehrgeizige Frau (Marion Cottilard) davon informiert, drängt diese ihren Mann zum Handeln. Dabei kommt plötzlich der Gedanke ins Spiel Duncan zu ermorden, denn der wird noch an diesem Tag zu Besuch kommen. Die Eheleute beginnen mit den Vorbereitungen, es soll so aussehen als wäre Königssohn Malcolm (Jack Reynor) einer der Mörder. Tatsächlich gelingt die Bluttat, Macbeth wird könig, aber auch wahnsinnig...



Gegen Ende werden viele dramatische Steigerungen nötig sein. So erzeugt die böse Tat eine große Kettenreaktion böser Reaktionen, das mörderische Paar hat mit der Tat auch ihren eigenen Untergang beschlossen. Sie werden nicht mehr glücklich sein. Der Weg des Tyrannen ist vorgezeichnet, so schreckt der ehemals treue und ehrliche Macbeth auch nicht vor Mord der Frau (Elisabeth Debicki) und den Kindern seines Kontrahenten Macduff (Sean Harris) zurück. Fleance (Lochlann Harris),d em Sohn von Banquo gehört die klasse Schlußszene, die das historische und wuchtige Epos beschließt. Zumindest ist es interessant, dass diese sehr bekannte Geschichte immer noch faszinieren kann, auch in dieser Version von Kurzel, der sehr eigenwillig vorgegangen ist und daher auch keine Kopie von Polanski oder Welles abliefert. Seine Bilder wirken archaisch, bei den British independent Film Awards 2015 gabs dafür auch 6 Nominierungen (Bester Film, Fassbender, Cottilard, Sean Harris, Justin Kurzel und Adam Arkapaw).



Bewertung: 8 von 10 Punkten.