Samstag, 17. Juli 2021

Der Nebelmann


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Donato Carrisi

Das verschwundene Mädchen... 

Der besondere Thriller "Der Nebelmann" von Donato Carrisi entstand 2017 und war im Heimatland Italien ein riesiger Erfolg. In Deutschland kam er nicht ins Kino, was angesichts der guten Qualität des Films sehr schade ist. "The Guardian" lobte den Film und sprach von einem Thriller mit Verwandtschaft zu Stieg Larsson und Jo Nesbo und war begeistert von dem Ende, das sprachlos macht.
Regisseur Donato Carrisi schrieb die gleichnamige Romanvorlage "La ragazza nella nebla" (Das Mädchen im Nebel) und auch das Drehbuch zu seinem Film.
Als Lohn für seine Ambitionen erheilt er 2018 den David di Donatello Awald als bester Nachwuchsregisseur. Bei den Globo d`Oro wurde auch sein Hauptdarsteller Tony Servillo als bester Schauspieler geehrt. Tony Servillo liefert als Ermittler mit äusserst fragwürdigen Methoden auch eine hervorragende Leistung ab. Servillo war bisher eher für minimalistische Darstellungen bekannt und beliebt, die ihm Vergleiche mit der Kintopp Legende Buster Keaton einbrachten - mit diesem Können wurde er beim Europäischen Filmpreis für seine Leistung in Matteo Garrones "Gomorrha" ausgezeichnet und diesen Erfolg konnte er mit "La Grande Belezza" von Paolo Sorrentino wiederholen.
Der Film beginnt damit, dass der Psychiater Flores (Jean Reno) ins Krankenhaus von Avechot gerufen wird. Auf ihn wartet ein Mann, der durch einen Autounfall, den er unversehrt überstanden hat, etwas in Verwirrung geraten ist. Der Arzt erkennt den Mann - es handelt sich um den bekannten wie berüchtigten Inspektor Vogel (Toni Servillo), der sich schon seit längerem mit dem mysteriösen Verschwinden des Teenagers Anna Lou Kastner (Ekaterina Buscemi) befasst ist und in dem abgelegenen Bergdorf in den italienischen Alpen ermittelt. Am 23. Dezember verschwindet das Mädchen auf dem Weg in die Kirche. Seither ist sie verschwunden. Mit seinem Kollegen Borghi (Lorenzo Richelmy) befragt er die Eltern. Von ihnen erfährt er deren Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft und auch vom recht kargen Leben der Verschwundenen. Vogel ist bekannt dafür, dass er gerne mit den Medien arbeitet, so ist inzwischen auch die karrieresüchtige Journalistin Stella Honer (Galatea Ranzi) angereist, die für mächtig Publicity sorgt. Durch Amateuraufnahmen eines autistischen Jungen könnte ein weißer Geländewagen wichtig werden, der mehrmals zum Tatzeitpunkt im Ort gesehen wurde. Es stellt sich heraus, dass der Wagen dem beliebten Literaturprofessor Louis Martini (Alesso BoniI gehört. Damit wird er zum Hauptverdächtigen, was ihn und seine Familie auf eine harte Probe stellt. Und auch Vogel ist sich schon sicher. Er erfährt aber, dass in dieser Gegend bereits seit 30 Jahren immer wieder junge Frauen verschwunden sind, die Menschen erzählen von einem "Nebelmann"....





Der Film ist ruhig aufgebaut und lässt sich viel Zeit für die Einleitung und für die Vorstellung der seltsamen Dorfgemeinschaft und auch der Ermittler, die ebenfalls nicht unbedingt konventionell arbeiten. Vogel ist ein fieser Zyniker, der nicht immer fair agiert und die Sensationsgier der Medien ist allgegenwärtig. Geschickt verbindet der Regisseur mehrere Handlungsstränge und den daraus entstehenden Konflikten. Dabei erweist sich Donato Carrisi als ein begeisterter Freund von doppelten Böden. Die verschiedenen Blickwinkel, die die Geschichte zu bieten hat, machen aus "Der Nebelmann" ein kleines Meisterwerk.





Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 
 

Ich - die Nummer Eins


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Claude Pinoteau

Zwischen den Fronten...

Der Spionagethriller "Ich - die Nummer eins" aus dem Jahr 1973 war die erste Regiearbeit von Claude Pinoteau (1925 bis 2012), der in den 80er Jahren mit den beiden Teeniefilm "La Boum" und "La Boum 2" seine größten Erfolge feiern konnte. In "Ich - die Nummer eins" spielt Lino Ventura die Hauptrolle. Seine Figur heißt Anton Hallakov und ist Atomphysiker mit einem extrem sonderbaren Lebenslauf. Denn der Experte lebt seit 16 Jahren in der Sowjetunion. Dies geschah nicht auf freiwilliger Basis, sondern er wurde damals entführt und arbeitet nun für die Sowjets. Bei einem Besuch eines Kongresses in London wird er aber als "russischer Spion" geltend vom britischen Geheimdienst gefangen genommen und offiziell für tot erklärt. Im Austausch gegen den Verrat einiger Informanten wird ihm aber die Freiheit angeboten. Hallakov heißt eigentlich Clement Tibere und ist Franzose. Zunächst weigert sich der Mann auf das Angebot, dann entschließt er sich doch zwei sowjetische Spione, die an der Delegation teilnahmen, zu denunzieren. Mit neuer Identität wird ihm die Freiheit geschenkt, doch es ist eine trügerische Freiheit. Tibere weiß, dass der KGB ihm ab nun im Nacken sitzen wird, ihn irgendwann ausfindig machen wird, um ihn zu töten. Trotz zwei neuer Pässe, genügend Geld und einer Waffe, die ihm von dem Chef des britischen Geheimdienstes (Leo Genn) zugesichert wurden, muss Tibére nun ständig um sein Leben fürchten, denn an jeder Ecke lauern Spione, die nichts lieber sehen würden, als einen toten Wissenschaftler. Nur durch einen selbstständig geplanten Austausch kann Tibére nun verhindern, dass seine Leiche aus dem nächsten Kanal gezogen wird. In Grenoble trifft er seine frühere Frau Maria (Lea Massari), die inzwischen wieder verheiratet und Mutter ist, in einem Restaurant....



Solche Szenen bringen eine gute Portion Tiefgang in die Verfolgungsjagd, die beim Untergetauchten bald paranoide Züge hinterlässt. Die Kameraeinstellungen suggerieren, dass scheinbar an jeder Ecke der Spion lauert, der den Auftrag hat den Überläufer zu exekutieren. Lino Ventura spielt brilliant. Er verleiht dem Protagonisten eine psychologische Tiefe, die den Thriller deutlich aufwertet. Kameramann war Jean Collomb.



Bewertung:  7 von 10 Punkten.

Donnerstag, 8. Juli 2021

Die Jury


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Regie: Joel Schumacher

Selbstjustiz...

Beim Publikum gilt "Die Jury" von Joel Schumacher als einer der besten Grisham Verfilmungen. Das Budget war 40 Millionen Dollar hoch, das weltweite Kassenergebnis fiel mit 152 Millionen Dollar beträchtlich aus. Auch Kritikerpapst Roger Ebert fand den Film sehr gelungen und die schauspielerischen Darbietungen sehr stark und überzeugend. Dem kann ich zwar anschließen, allerdings mag ich den Film nicht besonders. Vielleicht liegt es an der Thematik, jedenfalls hinterlässt der Film bei mir einen leichten negativen Beigeschmack. Vordergründig geht es in diesem Südstaaten-Justizthriller um den Rassenkonflikt, aber mehr und mehr entwickelt sich daraus eine Legitimation für Selbstjustiz. Ähnlich irritierend fand ich auch Alan Parkers Justizkrimi "Das Leben des David Gale", den ich aber noch misslungener finde wie Schumachers Film. Grisham selbst war aber von der Verfilmung seiner "Jury" sehr angetan.
In der Stadt Canton, Mississippi, geschieht ein furchtbares Verbrechen an einer zehnjährigen Afroamerikanerin. Die leine Tonya Hailey (Rae´ven Larrymore Kelly) wird von zwei einheimischen Weißen brutal vergewaltigt. Sie hat Glück, dass sie dieses Verbrechen überlebte. Schnell werden die beiden Täter Billy Ray Cobb (Nicky Katt) und James Willard (Doug Huchinson) gefasst. Doch werden sie im Süden der USA auch vor Gericht eine gerechte Strafe für ihr gemeines Verbrechen bekommen. Tonyas Vater Carl Lee Hailey (Samuel L. Jackson) findet, dass für die beiden Verbrecher nur eine Strafe in Betracht kommt. Sie sollen mit dem Leben dafür bezahlen. Carl befürchtet zu Recht, dass sie aufgrund ihrer weißen Hautfarbe mit einer milden Strafe davon kommen könnten. Er holt sich Rat beim Anwalt Jake Tyler Brigance (Matthew MacConaughy) und kündigt diesem bereits an, dass er selbst für Gerechtigkeit sorgen wird. Am Tag des ersten Gerichtstermin kommt es dann auch zu einem regelrechten Blutbad. Carl stürmt das Gerichtsgebäude mit einem M16 Sturmgewehr und durchlöcher die beiden Angeklagten. Deputy Dwayne Powell Loney (Chris Cooper) wird bei der Schießerei schwer verletzt und landet auf der Intensivstation im Krankenhaus. Durch diese Tat kommt Carl nun selbst auf die Anklagebank und hat beste Aussichten die Todesstrafe zu erhalten. Brigance übernimmt den Fall, wird aber bald in die daraus resultierenden Rassenunruhen mit hineingezogen, denn der Ku Klux Klan wird aktiv und bedroht auch Brigances Familie (Ashley Judd spielt seine Ehefrau Carla)....




In weiteren Rollen als engagierte Jurastudentin Ellen Roark ist Sandra Bullock zu sehen. Vater und sohn Sutherland spielen mit und Kevin Spacey agiert als Staatsanwalt Rufus Buckley, der den Angeklagten in der Gaskammer sehen will. Oscarpreisträgerin Brenda Fricker spielt die Rechtsanwaltgehilfin Ethel Twitty und auch Oliver Platt unterstützt MacConaughey tatkräftig. Samuel L. Jackson wurde für seine Rolle als bester Schauspieler für den Golden Globe nominiert.





Bewertung: 5 von 10 Punkten.

Herr der Fliegen


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Harry Hook

Das Böse breitet sich aus...

"Herr der Fliegen" - damit ist der Teufel gemeint und so heißt auch der Roman von William Golding, der 1983 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde.  Der Roman erschien 1954 und wurde 1963 erstmalig von Peter Brook in atmosphärischen schwarz-weiß Bildern verfilmt. 1990 realisierte Harry Hook ein Remake der düsteren Robinsonade - diesmal in betörenden Farbbildern.Die Geschichte erzählt von dem Schicksal einiger Jungen, die nach einem Flugzeugabsturz unfreiwillig auf einer unbewohnten Insel landet. Diese Gruppe von sechs bis Zwölfjährigen Jungs, sind schlagartig vom Einfluss durch die Erwachsenen abgeschnitten. Lediglich einer der Piloten hat schwerverletzt überlebt. Obwohl die Kinder von Kultur und Zivilisation geprägt sind, werden sie sich im Laufe der Geschichte mehr und mehr gewaltbereit verhalten. Durch die Tatsache, dass die Figuren alle Kinder sin und somit symbolhaft für Unschuld und Reinheit stehen, ist die Dynamik auf der Insel umso verstörender und irritierender auf den Betrachter. Es regiert irgendwann das Recht des Stärkeren, der animalische Charakter ist dominant und Skrupel werden im Dschungel bald verloren gehen. Die Parabel von Goulding gibt dem Geschehen zusätzlich religiöse, psychologische sowie soziologischen Aspekte, der Autor verliert dabei seine anthropologische Fragestellungen nie aus dem Auge. Dies löste der erste Film perfekt, Harry Hooks Remake dagegen begreift sich eher als fesselnde Abenteuergeschichte, er ist weniger symbolgeladen als das Original. Dafür sind die Bilder der Südseeinsel sehr gut getroffen, Kameramann war der Schweizer Martin Fuhrer und die jungen Hauptdarsteller Balthazar Getty und Danuel Pipoly wurden für den Young Artist Award nominiert. Bevor sich ungezügelte Aggression auf der Insel ausbreitet, sind die Gestrandeten 24 Jungs einer amerikanischen Militärschule auf der Dschungelinsel im Pazifischen Ozean recht gesittet und setzen zuerst mal aufs Kollektiv. Pilot Captain Benson (Michael Greene) ist der einzige Erwachsene, der das Flugzeugunglück überlebt hat, doch er ist so schwer verletzt, dass man mit dem Schlimmsten zu rechnen hat und ausserdem ist der Mann im Delir. Der umsichtige und besonnene Ralph (Balthazar Getty) wird von allen zum Anführer gewählt. Auch der etwas aggressivere Jack (Chris Furrh) hat Ambitionen Anführer zu werden, aber er muss sich erstmal geschlagen geben. Der etwas übergewichtige Kadett, den alle "Piggy" nennen (Danuel Pipoly) findet am Strand eine Muschel, die einen starken Laut von sich gibt. Diese Muschel wird von nun an den Jungen als Instrument fungieren. Wenn einer der Jungen etwas sagen möchte, was alle hören sollen, dann mit der Ankündigung durch diese Muschel. Sie machen ein Feuer mit Piggys Brille, um alle vorbeifahrenden Schiffe zu alarmieren. Für eine Weile läuft alles glatt, aber schon bald wachsen die Spannungen zwischen Ralph und Jack. Eines Nachts, während sie schlafen, wandert der wahnhafte Captain Benson von den Jungs weg und in den Dschungel, um schließlich zu einer Höhle tief im Landesinneren zu gelangen. Jack bringt alle seine Jäger mit, um im Dschungel zu jagen, und lässt niemanden, der das Feuer beobachtet. Das Feuer erlischt und verhindert, dass ein vorbeifliegender Hubschrauber sie bemerkt....





Damit eskaliert der Konflikt um die Macht immer mehr. Im Laufe der Geschichte wird es zwei Opfer geben. Der kleine Simon (James Badge Dale) und am Ende wird Piggy mit einem Stein attackiert. Danach rennt Ralph um sein Leben. Am Ende sinkt er vor einem Soldaten zusammen, der am Ufer mit seinen Kameraden steht und das Kriegsspiel, dass hier abläuft, kopfschüttelnd mit ansieht. Insgesamt ein spannendes Abenteuer, doch die beklemmende Intensität des 1963er Films fehlt hier leider.







Bewertung: 7 von 10 Punkten. 

Dreckige Hunde


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Karel Reisz

Auf der Verliererstraße...

Mit seinem 1960 entstandenen Film "Samstagnacht bis Sonntagmorgen" schuf er den ultimativen Klassiker für das sozial-realistische britische Kino und vollzog damit eine konsequente Abkehr von gängigen Kinomustern jener Zeit. Der Film wurde eine Welterfolg und gewann logischerweise den britischen Filmpreis als bester Film des Jahres. Es folgten Arbeiten wie "Isadora" und "Die Geliebte des franzöisischen Leutnants". Im Jahr 1978 wagte er einen Ausflug in den Bereich des Neo Noir mit "Dreckige Hunde". 
Obwohl sein Gesamtwerk nur 10 Filme umfasst, ist der Stellenwert des Regisseurs fürs britische Kino sehr hoch. Seine Arbeiten gelten bis heute als stilbildend. Sein Neo Noir "Dreckige Hunde" wurde kein Kinorenner. Vielleicht lag es an dem sehr nihilistischen Style, der diesen Thriller kennzeichnet. Er erinnert ein bisschen an Arthur Penns "Die heiße Spur" und gab dem Newcomer Nick Nolte die Gelegenheit sein Können zu beweisen. Nolte ist gut als Antiheld Ray Hicks, einem Seemann der Handelsmarine, der in Vietnam stationiert war. Die Darstellung Nolte ist kompromisslos, der Film ist es auch. Der Zuschauer trifft auf eine ganze Reihe von entwurzelter Charaktere, die versuchen das Große Geld zu machen.
Doch alles endet schließlich im Fiasko, was der Urheber des Ganzen - der Kriegsberichterstatter John Converse (Michael Moritary, bekannt aus "Holocaust") eigentlich nie wollte. Er wollte nur auf ganz einfache Art Drogen in die USA schmuggeln und für diesen Job hat er seinen Freund Ray Hicks (Nick Nolte), ein Marineinfanterist auserkoren. Denn für ihn wäre es ein leichtes die Drogen zu verstecken und bei Ankunft des Schiffes durch den Zoll zu bringen. Tatsächlich geht Hicks auf den Vorschlag ein, obwohl er sonst nichts mit Drogen zu tun hat und sich als aufrechten Amerikaner sieht, der das Gesetz achtet. Nun sind die 2 Kilo Heroin sicher von Saigon in die USA gekommen, aber hier fangen die echten Probleme an. Obwohl er die Ware nur noch Converses Ehefrau Marge (Tuesday Weld) übergeben müsste. Dann bekäme er die zweite Hälfte der versprochenen 2.000 Dollar. Doch es kommt anders, denn Ray wird beobachtet und verfolgt. Bald stellt sich heraus, dass ein korrupter FBI Agent (Anthony Zerbe) und seinen zwei Handlangers fürs Grobe (Richard Masur; Ray Sharkey) ebenfalls scharf auf die Drogen sind. So muss die überraschte Marge mit Ray flüchten. Der Showdown der Geschichte findet alsbald in der Chihuahua Wüste im Spden von New Mexiko statt...



Tatsächlich liefert Nolte eine seiner besten Leistungen ab. Unterlegt wird der Neo Noir mit Roadmovie Anteilen mit der Musik von Creedence Clearwater Revival. Deren Tophits wie "Hey Tonight", "You´ll stop the Rain" und "Proud Mary" sind zu hören, ebenso Don McLean, Hank Snow, Jackie de Shannon und die Spencer Davies Group. Aus dem amerikanischen Traum, den die Protagonisten sich so sehr wünschen, wird immer mehr der reinste Alptraum.




Bewertung: 8 von 10 Punkten.