Donnerstag, 10. Juli 2025

Der Brotverdiener




Regie: Nora Twomey

Parvana...

Die atemberaubenden Bilder von "Der Brotverdiener" werden von einer Geschichte begleitet, die es wagt reale Probleme des wirklichen Lebens klar zu beschreiben und den Zuschauer damit zu konfrontieren. Neben der unheimlichen Schönheit der Animation gibt es eine beruhigende Spur von Humor, die die Schärfe dieser Geschichte mildert und uns daran erinnert, dass – für Kinder – Lachen und Mut Hand in Hand gehen. Die Animation zeigt eine realistische Darstellung der Charaktere sowie das kulturelle Umfeld Kabuls des Jahres 2001. Diese Kanadisch-irisch-luxemburgerische Coproduktion basiert auf dem Roman "Die Sonne im Gesicht" von Deborah Ellis und wurde von Nora Twomey inszeniert. Auch Angelina Jolie hat sich an der Produktion beteiligt.  Im Jahr 2001 lebt Parvana, ein elfjähriges Mädchen, in Kabul im Islamischen Emirat Afghanistan der Taliban, gerade zu Beginn des Krieges gegen den Terror. Ihr Vater Nurullah, ein ehemaliger Lehrer, wurde nach dem Verlust seines linken Beins im Sowjetisch-Afghanischen Krieg Straßenhändler. Eines Tages wird er beim Abendessen zu Unrecht verhaftet, nachdem Idrees, ein junger und unberechenbarer Taliban, sich angeblich von ihm beleidigt fühlte. Da die Taliban Frauen verbieten, ohne einen männlichen Verwandten auszugehen, steht Parvanas Familie ohne Unterstützung da, da ihr älterer Bruder Sulayman vor Jahren starb und sie, ihre Mutter Fattema, ihre ältere Schwester Soraya und ihr jüngster Bruder Zaki, ein Kleinkind, zurückließ. Als Parvana und Fattema ins Gefängnis gehen wollen, um gegen Nurullahs Verhaftung Berufung einzulegen, wird Fattema von einem Mann vor den Augen anderer Männer geschlagen, nachdem sie ihm ein Foto von Nurullah gezeigt und gedroht hat, sie zu verhaften, sollten sie noch einmal das Haus verlassen. Parvana tröstet Zaki mit der Geschichte eines Jungen, der versucht, die Samen seines Dorfes von einem bösen Elefanten namens Elefantenkönig zurückzuholen. Später versucht Parvana, Essen für ihre Familie zu kaufen, doch die Straßenhändler können ihr aus Angst vor den Taliban nichts verkaufen. Ein paar Männer entdecken Parvana und verfolgen sie. Auf der Flucht lässt sie die Tasche fallen, die Fattema ihr gegeben hat. Schließlich schafft es Parvana nach Hause. Um ihre Familie zu unterstützen, beschließt sie, sich die Haare zu schneiden und sich wie ein Junge zu kleiden. Sie nennt sich „Aatish“ und behauptet, Nurullahs Neffe zu sein. Der Plan funktioniert, und Parvana kann sowohl Essen als auch Geld beschaffen. Auf Anraten einer Freundin namens Shauzia, eines anderen jungen Mädchens, das als Junge namens Delowar verkleidet ist, versucht Parvana, einen Gefängniswärter zu bestechen, um Nurullah zu sehen. Doch der Wärter schickt sie fort. So arbeitet sie, um mehr Geld für ein größeres Bestechungsgeld zu sparen, und nimmt zusammen mit Shauzia, die versucht, genug Geld zu sparen, um ihrem gewalttätigen Vater zu entkommen, harte Arbeit an. Unterdessen wird Fattema gezwungen, einem Verwandten in Mazar zu schreiben und Sorayas Heirat im Austausch für Obdach und Schutz zu arrangieren. Parvana trifft auch Razaq, Idrees' ehemaligen Streifenpolizistenpartner. Der Analphabet Razaq bezahlt sie dafür, ihm einen Brief vorzulesen, in dem er über den Tod seiner Frau durch eine Landmine informiert wird. Er freundet sich mit ihr an und trifft sich weiterhin mit ihr, damit sie ihm Lesen und Schreiben beibringen kann....













"Der Brotverdiener" - so der deutsche Filmtitel ist ein Werk des irischen Animationsstudios "Cartoon Saloon" aus dem Jahr 2017. Er schaffte es durch seine Schönheit für den Oscar als bester Animationsfilm nominiert zu werden, unterlag am Ende jedoch der Disney Produktion "CoCo". Weltweit spielte der Film 5 Millionen Dollar ein. 















Bewertung: 9 von 10 Punkten  

Anora

 



Regie: Sean Baker

Turbulente Heirat...

Sean Bakers "Anora" ist eine romantische und irre Dramedy über eine Sexarbeiterin. Eine Art "Pretty Baby" - nur viel krasser und weniger märchenhafter. Er interessierte sich für Konflikte in einer widersprüchlichen Welt. Am Ende kommt eine gewisse Verzweiflung zum Tragen, ein Gefühl der Verlorenheit kommt auf. Dennoch bleibt alles irgendwie leicht in dieser Mischung aus Comedy und Drama. Ein echter Glückgriff ist die Hauptdarstellerin Mikey Madison, die für ihre Rolle als Stripperin und Sexarbeiterin Anora den Oscar als beste Schauspielerin erhielt. Desweiteren gab es auch Auszeichnungen als bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch und bester Schnitt und da Sean Baker bei allen vier Kategorien federführend oder zumindest mitbeteiligt war, hat er am 2. März vier Academy Awards mit nach Hause nehmen können. Der russische Schauspieler Juri Borrisow wurde in der Kategorie "Nebenrolle" nominiert."Anora" feierte am 21. Mai 2024 bei den 77. Filmfestspielen von Cannes Premiere, wurde von der Kritik gefeiert und mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Der Kinostart erfolgte am 18. Oktober 2024 bei Neon. Der Film spielte weltweit 59,9 Millionen US-Dollar bei einem Budget von 6 Millionen US-Dollar ein und war damit Bakers umsatzstärkster Film. Anora „Ani“ Mikheeva (Mikey Madison), eine 23-jährige Stripperin, lebt in Brighton Beach, einem russisch-amerikanischen Viertel in Brooklyn, New York City. Ihr Chef stellt sie Ivan „Vanya“ Zakharov (Mark Eidelschtein) vor, dem 21-jährigen Sohn des russischen Oligarchen Nikolai Zakharov (Aleksei Serebryakov), der sich jemanden mit fließenden Russischkenntnissen wünscht. Obwohl Vanya in den USA studiert, verbringt er die meiste Zeit damit, in Clubs zu feiern und Videospiele in der luxuriösen Villa seiner Eltern in Brooklyn zu spielen. Vanya engagiert Anora für mehrere sexuelle Begegnungen. Er lädt sie zu einer Silvesterparty in die Villa ein und bietet ihr am nächsten Tag 15.000 Dollar, damit sie eine Woche lang seine Freundin ist. Während der Woche feiert Anora mit Vanya und seinen Freunden, und alle machen eine extravagante Reise nach Las Vegas. Am Ende der Reise enthüllt Vanya, dass er dauerhaft nach Russland zurückkehren muss, um in der Firma seines Vaters zu arbeiten, und äußert seine Verachtung für seine Eltern. Er meint, er müsse nicht gehen, wenn er eine Amerikanerin heirate, und macht Ani spontan einen Heiratsantrag. Sie zögert zunächst, willigt aber ein, nachdem Wanja ihr versichert, dass seine Gefühle echt seien. Sie heiraten heimlich in einer Hochzeitskapelle in Las Vegas. Wanja kauft ihr daraufhin einen großen Ehering und einen teuren Pelzmantel. Sie kündigt ihren Job und zieht in Wanjas Villa. Als die Nachricht von ihrer Hochzeit Russland erreicht, beauftragt Wanjas Mutter Galina (Darya Ekamasova) ihren armenischen Paten Toros (Karren Karagulian), die beiden zu finden und eine Annullierung der Ehe zu arrangieren, während sie und sein Vater Nikolai in die USA fliegen. Toros schickt seine Handlanger Garnik (Watsche Towmasjan) und Igor (Juri Borissow) zur Villa. Sie informieren Wanja, dass seine Eltern ihn zurück nach Russland bringen, und erzürnen Anora, indem sie sie eine Prostituierte nennen und andeuten, Wanja habe sie nur wegen einer Green Card geheiratet. Wanja flieht aus dem Anwesen, und Anora gerät in einen heftigen Kampf mit Garnik und Igor, bevor diese sie festhalten können. Dann überschlagen sich die Ereignisse....









Der Film wirkt mitreissend und bewegt sich im prallen Leben einer Großstadt. Ein moderner Film, der aber auch an ältere Formen des Kinos erinnert, ein bisschen Lubitsch schwingt mit. Auch brodelt unter der Oberfläche all dieser Flirts und Streitereien eine Dunkelheit. Ani wird ständig hin- und hergerissen, erniedrigt und missachtet, doch Madison ist eine Wucht in ihrer Darstellung einer selbstbewussten Frau, die zwar Sexarbeit verrichtet, aber sich keineswegs über ihren Beruf definiert. Sie leistet sich Emotionen und Zielsetzungen für ihre Zukunft. 









Bewertung: 9 von 10 Punkten.  
 

Für immer hier


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Walter Salles

Opfer der Militärdiktatur... 

Der brasilianische Politfilm "Ainda estou aqui" (deutscher Titel: Für immer hier) wurde von Walter Salles (Central Station, Die Reisen des jungen Che, Dark Water, Paris Je´taime) im Jahr 2024 gedreht und ist eng verwandt mit einigen früheren Politfilmklassikern wie "Missing" von Costa Gavras oder "Die offizielle Geschichte" von Luis Puenzo und Jaoquin Calatayut. Filme, die sich mit einer unrühmlichen und noch lange nicht aufgearbeiteten Vergangenheit eines Landes auseinandersetzt. In "Missing" wird der 1973er Putsch in Chile thematisiert, "Die offizielle Geschichte" setzt sich mit dem "Schmutzigen Krieg" in Argentinien der Jahre 1976 bis 1983 auseinander. "Für immer hier" ist zunächst im Jahr 1970 angesiedelt. Im Dezember 1970 wird auch Brasilien von einer Militärdiktatur regiert, die es sich zur obersten Aufgabe machte die Opposition im Lande nicht nur zu unterdrücken, sondern führende Köpfe auch auszuschalten.. Das Filmdrama basiert auf Marcelo Rubens Paivas gleichnamigen Memoiren aus dem Jahr 2015. Fernanda Torres und Fernanda Montenegro spielen Eunice Paiva, eine Mutter und Aktivistin, die mit dem Verschwinden ihres Mannes, des oppositionellen Politikers Rubens Paiva (Selton Mello), während der Militärdiktatur in Brasilien zu kämpfen hat  Der Film feierte seine Weltpremiere am 1. September 2024 bei den 81. Internationalen Filmfestspielen von Venedig, wo er von der Kritik gefeiert wurde, insbesondere Torres' Leistung und gewann den Preis für das beste Drehbuch. Bei den 82. Golden Globe Awards gewann Torres die Kategorie "Beste Hauptdarstellerin in einem Filmdrama“, während der Film für den „Besten fremdsprachigen Film“ nominiert war.  Bei den 97. Academy Awards wurde der Film für die „Beste Hauptdarstellerin (Torres)“ und den "Besten Film“ nominiert und gewann den Preis für den „Besten internationalen Spielfilm“. Damit war er der erste brasilianische Film, der einen Oscar gewann.  Kurz nach seinem Kinostart am 7. November 2024 durch Sony Pictures Releasing International wurde der Film von der brasilianischen extremen Rechten boykottiert, die leugnet, dass das Militärregime eine Diktatur war. Nicht jedes Land hat eine adäquate Aufarbeitung ihrer Vergangenheit. Mit einem Einspielergebnis von 36 Millionen US-Dollar war er der umsatzstärkste brasilianische Film seit der COVID-19-Pandemie. Im Dezember 1970 lebt Rubens Paiva (Selton Mello) mit seiner Frau Eunice (Fernanda Torres) und ihren fünf Kindern (Veroca: Maria Manoella (älter) Valentina Herszage (jünger), Eliana: Marjorie Estiano (älter), Luiza Kozovski (jünger), Nalu: Gabriela Carneiro da Cunha (älter), Barbara Luz (jünger), Babiu: Olivia Torres (älter), Cora Mora (jünger) und Marcelo: Antonio Saboia (älter) Guilherme Silveira (jünger) in einem idyllischen Haus in der Nähe des Strandes von Leblon. Nach der Aberkennung seines Amtes zu Beginn des brasilianischen Staatsstreichs 1964 kehrt Paiva zu seiner zivilen Karriere zurück und unterstützt weiterhin politische Expatriates, ohne seine Aktivitäten mit seiner Familie zu besprechen. Nach der Entführung des Schweizer Botschafters in Brasilien durch revolutionäre Bewegungen droht dem Land politische Instabilität. Ihre Freunde Fernando (Charles Fricks) und Dalva Gasparian (Maeve Jinkings) beschließen, in London Zuflucht zu suchen und nehmen Vera, die älteste Tochter der Paivas, mit. Vera war zuvor auf dem Rückweg vom Kino mit ihren Freunden Zeugin militärischer Gewalt geworden. In Paivas Haus findet eine Militärrazzia statt, die im Januar 1971 zu seiner Verhaftung und seinem Verschwinden führt. Eunices öffentliche Nachforschungen nach Rubens' Aufenthaltsort führen zu ihrer Verhaftung und zwölftägigen Folter. Eliana, ihre jugendliche Tochter, wird ebenfalls inhaftiert, aber nach 24 Stunden freigelassen. Eunice wird gefragt, ob ihr Mann in prodemokratischen Bewegungen aktiv sei, was sie bestreitet. Falsche Zeitungsberichte behaupten, Rubens sei ins Exil geflohen, doch Eunice und ihre Freunde vermuten etwas anderes. Mit Hilfe des Anwalts Lino Machado (Thelmo Fernandez) reicht sie einen Antrag auf Habeas Corpus ein. Sie erfährt sie außerdem, dass Rubens heimlich politische Exilanten unterstützt hatte. Der Vater der Familie bleibt verschwunden und sein Schicksal scheint sich nicht aufzuklären...







Der Film spielt zunächst 1970 und 1971, später 1996 und am Ende 2014.  Die Macher konnten sich zu 100 % auf die großartige und vielschichte Darstellung von Feranda Torres verlassen, die den Film bis zum Schluß vorantreibt.Ihre Figur strahlt eine emotionale Sensibiliät aus, die alles extrem glaubwürdig erscheinen lässt. Sie unterdrückt sowohl Angst und Wut, nur ihrer Familie zuliebe. 






Bewertung: 8 von 10 Punkten.