Mittwoch, 25. März 2015
Der Stellvertreter
Regie: Costa Gavras
Amen...
Diesen Kurt Gerstein, Obersturmführer und Hygienefachmann der Waffen-SS, aus dem Costa-Gavras Film "Der Stelllvertreter" gab es wirklich. Ansonsen basiert die deutsch-französische Coproduktion aus dem Jahr 2002 auf dem gleichnamigen 1963 entstandenen Doku-Schauspiel von Ralf Hochhuth. Ansonsten sind etliche Figuren des Stücks fiktiv. Gerstein steigt als Hygienespezialist bei der SS sehr schnell die Karriereleiter hoch. In den Vernichtungslagern Belzec und Treblinka wird er 1942 Augenzeuge des probeweisen Einsatzes von Motorabgasen bei massenorden. Ebenso hatte er Kentniss von der späteren Verwendung des Zyklon B als Alternative für die Massenvernichtung. Kurz nach Kriegsende legte er seine Erkenntnisse in der französischen Gefangenschaft schriftlich nieder. Sein Bericht war auch relevant für den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsvebrecher. Der Bericht belegte die hohen Liefermengen des Blausäure-Gases nach Ausschwitz. Seine Person wurde erst 20 Jahre nach dem Krieg rehabilitiert, gilt aber nach wie vor in der Geschichtswissenschaft umstritten. Für die einen ist er immer noch der Mittäter, der sein immenses Fachwissen zur Verbesserung von Massenmordmethoden zur Verfügung stellen und sich versuchte nachdem der Krieg schon verloren war als Widerstandskämpfer darzustellen. Andere sehen in ihm diesen gläubigen Christen, der erkennen musste, dass das Vaterland Unrecht beging und heimlich versuchte Informationen über das NS-Unrecht zu erlangen und es an weitere Stellen im Ausland weiterzugeben. Costa Gavras Film beginnt etwas holprig und hüpft schnell in der Zeitgeschichte während des 3. Reichs umher. In der Anfangsszene erschießt sich der jüdische Stefan Lux (Ovidiu Concea) aus Verzweiflung im Plenarsaal des Genfer Völkerbundes, um auf die Verfolgung der Juden in Nazideutschland aufmerksam zu machen. Dann folgt eine Szene über den Abtransport von geistig Behinderten aus einem Heim, geleitet wird die Aktion von einem SS-Arzt (Ulrich Mühe). Die geistig Behinderten werden heimlich vergast. Unter den Opfern ist die kleine Nichte des SS-Obersturmführers Gerstein (Ulrich Tukur). Zu dieser Zeit bleibt der Protest der katholischen Kirche bei der Führungsriege der Nazis nicht ungehört, das Euthanasie Programm wird merklich eingeschränkt. Gerstein selbst ist der Hygienespezialist für die richtige Verwendung großer Mengen von Blausäure und wird von der SS protegiert. Er macht Bekanntschaft mit dem einflussreichen SS-Arzt, der auch für die Euthanasie der behinderten Kinder zuständig war. Und lernt die Gaskammern des Regimes kennen. Er ist entsetzt und bereits auf der Rückreise nach Deutschland kontaktiert er den Sekretär der schwedischen Botschaft Baron von Otter (Justus von Dohnanji). Auch versucht er Pastor Dibelius (Günther Maria Halmer) als Vertreter der Kirche zu überzeugen, der bereits erfolgreich den Euthanasie Protest begleitete. Man glaubt ihm nicht. Auch nicht der Nuntius. Mehr noch: Man hat das Gefühl, dass sich die katholischen Christen nicht berufen sehen sich für jüdische Menschen einzusetzen. Man ignoriert Gersteins Beschreibungen. Lediglich von dem jungen Sekretär des Nunzius, Riccardo Fontana (Matthieu Kassowitz) kommt weitere Hilfe. Dieser hat einen Vater im Vatikan, der großen Einfluss auf den heiligen Vater Papst Pius XII (Marcel Iures). Wird der heilige Vater, der Stellvertreter von Jesus Christus, durch einen Protest die Vernichtsmachinerie stoppen können ?
Der düstere Film gibt Aufschluß und befasst sich mit einem unrühmlichen Kapitel der Kirche in diesen Zeiten. Eine bittere Geschichtstunde über die vergeblichen Versuche eines SS-Mannes die katholische Kirche durch ein zeichen des Papstes zum offenen Widerstand gegen Massenvernichtung zu bewegen. Ein starkes Thema, zumal der Protagonist auf beiden Seiten operiert. Zum einen ist er der regimetreue Täter selbst, andererseits ist er so angewidert und entsetzt, dass er heimlich sich dagegen versucht aufzulehnen und aktiv für seine Opfer Risiken eingeht. Der Film braucht ein bissel zeit, um in Fahrt zu kommen - aber dank sehr guter Darsteller wie Ulrich Tukur, Matthieu Kassovitz und der leider viel zu früh verstorbene charismatischen Ulrich Mühe tragen den Film. In Frankreich kam der Film besser an als in Deutschland. Er beschehrte den machern bei der Cesar Verleihung 2003 immerhin sieben Nominierungen.Am Abend der Verleihung musste man sich aber durch den dominierenden Polanski Film "Der Pianist" geschlagen geben. Für das beste Drehbuch erhielt Costa Gavras zusammen mit Mitschreiber Jean-Claude Grumberg immerhin die begehrte Auszeichnung.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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