Regie: Lone Scherfig
Uns gehört die Zukunft...
Die
dänische Filmemacherin Lone Scherfig ist die Großnichte des bekannten
Autors Hans Scherfig. Sie studierte Filmwissenschaft an der Universität
von Kopenhagen sowie Regie an der Dänischen Filmhochschule. Seitdem
arbeitete sie als Autorin und Regisseurin für den Film, die Bühne sowie
Radio und Fernsehen. Bereits mit ihrem ersten Spielfim "Die
Geburtstagsreise" wurde man auf sie auch international aufmerksam..
Es
folgte "Mama klaut" und mit der romantischen Komödie "Italienisch für
Anfänger" gelang ihr endgültig der Durchbruch. Der Film, gedreht nach
den Dogma Regeln von 1995 wurde zum Kinohit und erhielt sogar den
Silbernen Bären der Filmfestspiele vonBerlin.
Seitdem
muß man ihr ein starkes Interesse für Filme bescheinigen, die in
England spielen. Die 2002 entstandene Tragikomödie "Wilbur wants to kill
himself" handelte von einem egozentrischen Einzelgänger in Glasgow,
Schottland. "An Education", ihr Durchbruch bei den Academy Awards,
führte den Zuschauer ins London der Swinging 60s und erzählte von den
Nöten der 16jährigen Jenny, die von den Eltern angehalten wird in Oxford
zu studieren, aber eine Liason mit dem Lebemann David beginnt. Zwei
Jahre später inszenierte sie nach der gleichnamigen Vorlage des
Bestseller-Autors David Nichols "Zwei an einem Tag" - eine romantische
Liebesgeschichte zweier junger Menschen, die sich bei ihrer Examensfeier
in Edinburgh kennenlernen.
Auch
in "The Riot Club" bleibt Lone Scherfig in Großbritannien und führt uns
zur kommenden Elite der Gesellschaft. Zumindest glauben dies die
derzeit leider nur 8 Mitglieder des Riot Clubs. Ein Geheimclub einiger
schnöseliger Oxford-Studenten und es ist sehr schwer in diese exklusive
Studentenverbindung zu kommen, die bekannt für ihre harsche
Aufnahmeregeln ist. Ihre jungen Mitglieder sind Verwöhnt, reich, sexy
und verdorben und wollen es auch sein. Ihre Maxime lautet, dass man sich
mit dem Geld alles kaufen kann. Kommt zwar alles noch vom üppigen
Geldbeutel der vermögenden Eltern, aber bald wird man selbst zu den
Topverdienern gehören und damit auch die Dekadenz dieser Oberschicht
noch stärker ausleben können. Das Interesse des Riot Clubs fokusiert
sich vor allem auf die beiden Neuankömmlinge und Oberschichtssprösslinge
auf dem Campus: Der eher liberale Miles Richards (Max Irons) und der
frustrierte Soziopath Alistair Ryle (Sam Clafin), die beide aufgrund der
Zugehörigkeit zur britischen Upper Class und ihrer Herkunft aus
steinreichen und adligen Familien perfekt in den Club passen würden, der
sowieso historisch verbürgt 10 Mitglieder haben muss.
Nach
dem wilden Aufnahmeritual, wo sie ein Getränk mit Maden,
Zigarettenkippen und Spucke sowie ein mit Urin gefülltes Kondom
austrinken müsssen, bevor der Riot Club (Freddie Fox, Olly Alexander,
Douglas Booth, , Sam Reid, Ben Schnetzer, Matthew Beard, Jack Farthing,
Josh O 'Connor) das Studentenzimmer verwüstet, geht der Wahnsinn auch
schon in die nächste Runde: Das alljährliche ausschweifende Dinner steht
an. Da sie in der Stadt überall schon Hausverbot haben, wird ausserhalb
von Oxford ein separater Raum eines Pubs angemietet. Mit ihren
altertümlichen Uniformen - dunkelblauer Frack mit Satinrevers, Weste,
Messingknöpfe, Fliege - wirken sie zwar auf den ersten Eindruck harmlos
bis albern. Aber durch den exzessiven Alkoholkonsum während des
dekadenten Essens wird die Stimmung merklich aufgeladen und als die
Prostituierte Charlie (Natalie Dormer) die 10 Herren nicht unter dem
Tisch oral bedienen will, kippt die Atmosphäre noch mehr. Hinzu kommt
die Eifersucht von Alistair auf den beliebteren Miles. Mittels Handy
schreibt er Miles Freundin Lauren (Holiday Grainger) eine SMS sie solle
doch noch vorbeikommen. Als sie auftaucht eskaliert die Situation. Frust
und Aggression wird dann am Besitzer und Wirt des Pubs (Tony Way)
ausgelassen...
"Riot Club" ist ein ziemlich spannender Ausflug ins Reich junger Soziopathen, die den Klassenkampf wieder aufleben lassen.
Bis
heute sagt man ihnen nach, dass sie das politische Leben Englands
bestimmen: Diese Mitglieder von Dining Clubs. Sie kommen aus reichem
Hause und werden Karriere machen. Dazwischen feiern sie Orgien und üben
Gewalt aus. Sie sind sozusagen die Elite der Hooligans. Die Söhne aus
gutem Haus, die jetzt schon gesicherte Topkarrieren im Bankenwesen, in
den rennomiertesten Anwaltskanzleien sicher haben. Und einige davon in
die Politik gehen werden. "Auf dem College können wir uns das letzte Mal
unbeobachtet austoben" sagt einer aus dem Riot Club - die Verfilmung
des Theaterstücks "Posh" von Lauren Wade bietet der dänischen
Regisseurin die Gelegenheit den Geldadel als moralisch verkommen und als
verschworene Gemeinschaft darzustellen. Aber immerhin bietet die
Geschichte mit dem jungen Miles, der sich in ein Mädchen aus
"niedrigerem Stand" verliebt, eine Identitfikationsfigur an. Vielleicht
hätte der so schon gute und beeindruckende Film sogar noch besser
funktioniert ohne diesen positiven Part. Lone Scherfig hat perfekt
inszeniert: Die Geschichte, die zwar ein bisschen braucht, um in Fahrt
zu kommen - steigert sich immer mehr und besitzt irgendwann ein echte
Sogwirkung. Manche Zuschauer kritisierten zwar, dass es zu wenige
Zwischentöne und Nuancen gäbe, zu eindeutig wollen Scherfig und Wade
ihre Botschaft von der verkommenen Oberschicht in die Köpfe der
Zuschauer hämmern. Mag sein, aber so unglaublich die Geschichte auch
anmutet: Es gibt diese Clubs wirklich und der real existierende
Bullingdon Club, dem auch prominente Namen wie David Cameron oder Boris
Johnson angehörten, ist immer mal wieder für ähnliche Eskapaden
berüchtigt. Lob auch für die glaubwürdigen Jungschauspieler, allen voran
Max Irons und Sam Clafin als Konkurrenten.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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